Foto: Pressestelle Bistum Passau

Die Augen des Herzens reinigen

Die Augen des Herzens reinigen – um Seine Herrlichkeit zu sehen. Die Predigt von Bischof Stefan Oster zur Diakonenweihe von Christoph Kochmann 2016.

Lieber Herr Kochmann, liebe Frau Kochmann, liebe Eltern, Verwandte, Freunde und Bekannte der Familie des neuen Diakons, liebe Diakone, liebe Priester, Schwestern und Brüder im Glauben,
von Herzen freuen wir uns, Sie heute hier in Kellberg St. Blasius am Gedenktag der Hl. Teresia von Avila zum Diakon weihen zu dürfen.

In Ihrem Schreiben, das den Namen Weihegesuch trägt und an den Bischof gerichtet ist, formulieren Sie als den Kern ihrer gläubigen Erfahrung Folgendes: Gott sucht den Menschen, Gott hat Sehnsucht nach dem Menschen und er tut in Christus alles, um die Menschen mit sich wieder zu vereinen, zu versöhnen.

Die Augen des Herzens reinigen

Und Sie möchten mit Ihrem Leben darauf eine Antwort geben und ein „Botschafter der Sehnsucht Gottes nach uns Menschen“ und ein Botschafter seiner Liebe werden. Wenn wir uns nun fragen, wie wird man das, dann geben uns die Schrifttexte vom heutigen Tag mögliche Antworten.

Zunächst ist da der eindringliche, aber zugleich nicht leicht zu verstehende Text aus dem Brief an die Epheser. Paulus weist uns darauf hin, Zitat „wie überragend groß sich die Macht Gottes an uns, den Gläubigen erweist durch das Wirken seiner Kraft und Stärke“ und er betont, „welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt“.

Was unterscheidet uns?

Liebe Schwestern, liebe Brüder, lieber Herr Kochmann. Wenn das stimmt, müsste man dann uns Christen nicht etwas von dem anmerken, was da in solchen Superlativen ausgedrückt ist? Merkt man an uns die „überragend große Macht Gottes“, merkt man an uns, dass seine Kraft, seine Stärke in uns wirkt?

Merkt man an uns, welchen „Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes“ uns schenkt, also wie reich wir wirklich sind durch unseren Glauben? Wenn wir ehrlich sind, und ich spreche auch von mir selbst, wenn wir ehrlich sind, meine Lieben: Ganz oft merkt man es gerade nicht. Und nicht selten fragen wir uns ernsthaft, was uns als christliche Kirche eigentlich unterscheidet von anderen Sozialvereinen, von anderen Jugendgruppen, von anderen, die sich auch um Alte und Kranke kümmern.

Was qualifiziert uns als Christen?

Ganz oft fällt uns schwer zu bennenen, was uns wirklich als Christen qualifiziert – und zwar so, dass es irgendwie Kraft und Freude und in bestimmter Hinsicht auch eine Mächtigkeit, eine Autorität, eine Herrlichkeit ausstrahlt, von der Paulus da spricht.

Vielleicht merken wir es heute in der Liturgie ein wenig: Wenn die katholische Kirche alle Feierlichkeit zur Geltung bringt, die sie hat, dann sieht und hört man schon etwas davon. Andererseits mag dann vielleicht mancher Außenstehende sagen: Schau, sie feiern sich selbst. Großer Pomp und wenig dahinter? Eine sehr kritische Beobachtung, die aber vielleicht bisweilen durchaus ihre Berechtigung haben könnte, nicht wahr?

Erleuchtung: Die Augen des Herzens reinigen

Der Abschnitt aus dem Epheser-Brief, den wir gehört haben, verweist uns darauf, worum es tiefer geht: Der Autor betet für die Epheser, dass Gott die „Augen ihres Herzens erleuchten“ möge, damit sie all das auch sehen, dass sie es im Glauben ergreifen, was er schreibt, von Macht und Kraft und Herrlichkeit.

Sie, lieber Herr Kochmann, haben einen langen, bewegten Anlauf auf den heutigen Tag hin unternommen, einen Weg, auf dem sie gelernt habe und lernen, die Augen des Herzens erleuchten zu lassen, auf dass sie sehen, zu welcher Hoffnung Sie berufen sind, wie es im Text heißt. Der Weg des Glaubens ist ein Reifer-werden, ein Tiefer-werden und ein Sehender-werden. Die Augen des Herzens brauchen Reinigung, brauchen Fokussierung, brauchen Tiefenschärfe, damit sie sehen lernen, wie Christus in der Welt und in uns selbst wirkt.

Der Diakon als Stellvertreter für alle

Und als Diakon sind Sie eingeladen, mit Ihren Herzensaugen hinauszugehen, das Wirken, die Kraft Jesu auch in denen zu erkennen, die oftmals ganz und gar nichts davon ausstrahlen, die oft keinerlei Bezug zu ihm haben, die oft an den berühmten Rändern leben, von denen unser Papst Franziskus so häufig spricht.

Die Macht Christi erweist sich dann in der Fähigkeit zur echten Barmherzigkeit, in der Fähigkeit, sich wirklich auf die einzulassen, die marginalisiert sind. Und sie erweist sich in dem Glauben: Ja, dieser Mensch, der da gerade arm oder elend ist, das ist auch sein Geschöpf, sein Kind. „Was Ihr dem Geringsten von meinen Brüdern getan habt, das habt Ihr mir getan“, steht auf Ihrem Einladungsschreiben an uns alle uns ist das Jesus-Wort, unter das Sie Ihren Dienst stellen wollen.

Amtsträger mit Augen des Herzens

Und ja, Jesus will, dass jedes Geschöpf mit seiner Liebe berührt wird, durch Sie, lieber Herr Kochmann, und durch uns alle, die wir Christinnen und Christen sind. Aber durch Sie eben ab heute noch einmal mit einem Amt. Sie sind jetzt ein Amtsträger der Kirche, ein Kleriker.

Sie machen in der festlichen, in der herrlichen Liturgie deutlich, dass Sie der Diakon sind, derjenige, der aus dem normalen Leben kommt, mit all seinen schönen und schwierigen Seiten, mit seinen Kämpfen und Brüchen, mit seinen Freuden und Leiden. Der Diakon trägt das gewissermaßen amtlich vor Gott mit hin, fürbittend und stellvertretend für die anderen. Ich danke Ihnen von Herzen, dass Sie bereit sind, dieses Amt zu übernehmen, danke, dass Sie sich haben ausbilden lassen, danke vor allem auch Ihrer Frau Martina, dass sie Ja gesagt hat zu diesem Dienst und Ihrem Amt.

Alle Fruchtbarkeit kommt aus dem Bleiben bei Ihm

Sie haben sich bereit erklärt, mit dafür Sorge zu tragen, oder mit dafür zu kämpfen, dass die Menschen keinen Widerspruch erkennen zwischen dem, was wir hier beten und feiern, die Barmherzigkeit Gottes – und dem, was wir täglich leben. Wie das möglich ist, dass wir das können, dass wir es lernen, sagt uns das Leben der Heilige Teresa, für die die Kirche nicht umsonst das heutige Evangelium ausgewählt hat.

Alle wirkliche Fruchtbarkeit in der Kirche, alles echtes Wachstum kommt und fließt aus unserem Bleiben bei IHM, aus unserer tief gepflegten und immer wieder erneuerten Beziehung mit IHM. Und Jesus sagt im selben Zusammenhang: Getrennt von mir könnt Ihr nichts vollbringen.

Bleiben Sie mit den Augen des Herzens bei Jesus

Ich möchte Sie von Herzen bitten, lieber Herr Kochmann, und auch Ihre Frau, die mit Ihnen zusammen ja auch im pastoralen Dienst des Bistums ist: Lassen Sie ihre Augen weiter reinigen, indem Sie bei Ihm bleiben, im schlichten Gebet, bei seinem Wort, in der Wahrnehmung der Sakramente, im Dienst an anderen. Bleiben Sie bei Ihm, dann wird er die Augen des Herzens immer mehr reinigen – und Sie werden wie ein Kind werden.

Wie ein Kind, das etwas Schönes gesehen hat und zu seiner Mama läuft und begeistert sagt: Schau mal, Mama! Das Kind will es teilen, will dass andere auch sehen, was es selbst so beglückt. Und Sie, lieber Herr Kochmann, wollen es auch teilen und mit Ihrem ganzen Leben den Menschen sagen mit ihrem ganzen Leben buchstabieren: Schau mal, wie wunderbar unser Herr ist, wie groß seine Liebe ist, wie sehr er sich danach sehnt, auch in Deinem Herzen zu wohnen. Ich freue mich auch sehr, dass Sie sich zu diesem Dienst gleich nach der Messe der Gottesmutter weihen wollen.

Voller Freude und voller Dankbarkeit, lieber Herr Kochmann, und im Gebet begleitet von Ihrer Frau, von Ihren Lieben, von anderen Diakonen und Priestern und von vielen Gläubigen, darf ich Ihnen nun das Sakrament der Diakonenweihe spenden, durch das der Herr Sie noch näher an sich ziehen will. Amen.