Bild: Pressestelle Bistum Passau

Das Ziel der Geschichte: Nightfever 2016

Das Ziel der Geschichte und unser Anker in der Zeit. Die Predigt von Bischof Stefan Oster zum Nightfever-Gottesdienst im am Vorabend des 4. Advents 2016.

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben, vor allem auch liebe junge Leute,
wenn man jung ist, wie viele von Euch, dann hat man normalerweise noch ganz viel Lebenszeit vor sich. Und dann denkt man auch: Meine eigene Zeit, meine Geschichte, die hat einen Sinn, die hat ein Ziel. Darauf lebe ich hin. Ich will das und das erreichen, ich sehne mich danach, dass sich in meinem Leben das und das erfüllt. Junges Leben ist ganz oft voller Hoffnung und voller großer Ideale. Und das ist sehr, sehr schön.

Lebenszeit stellen sich junge Menschen als ausgerichtet vor, ausgerichtet auf ein oder mehrere Ziele. Aber wie ist das dann mit uns, die wir im mittleren Alter sind oder schon auf der Zielgerade ihres irdischen Lebens? Meistens ist da nicht mehr so viel Idealismus, oft sind die großen Ziele zurecht gestutzt oder zusammen geschrumpft. Man ist realistischer geworden. Und mancher, der viel Enttäuschung oder Verletzung erleben musste, der zweifelt auch, ob seine Lebenszeit überhaupt Sinn und ein Ziel hat.

Das Ziel der Menschen und das Ziel der Geschichte

Meine Lieben, ich bin voller Überzeugung darüber, dass die Hoffnungskraft der Jugend einerseits, der Realismus der Älteren andererseits, dass beides noch einmal hineingestellt werden darf und muss in das ganz große Ziel der Zeit und der Geschichte überhaupt.  Denn wir stellen uns ja auch manchmal die Frage: Hat die Geschichte überhaupt einen Sinn, ein Ziel, wird es stetig besser oder wird es auch mal wieder schlechter?

Viele sind heute verunsichert oder verängstigt darüber, wohin es mit Europa geht, mit unserem Land, mit unserer Demokratie? Hat die Geschichte einen Sinn oder ist es die ewige Widerkehr des Gleichen, wie der Philosoph Friedrich Nietzsche gemutmaßt hat? Läuft die Zeit ins Nirgendwo? Ist die Welt ein aufs Ganze doch letztlich sinnloser Kreislauf, des immer Wiederkehrenden? Oder hat auch die Geschichte ein Ziel?

Weihnachten: Höhepunkt in der Geschichte der Menschheit

Liebe Gläubige, ich möchte uns heute Abend daran erinnern, dass wir alle jeder und jede von uns, das Ziel der Geschichte kennen. Und wenn wir die Texte aus der Heiligen Schrift von heute deuten, dann spüren wir: Es geht darin auf ein großes Ziel zu, wir gehen auf Weihnachten zu, und Weihnachten ist ein unfassbarer erster Höhepunkt für die ganze Geschichte der Menschheit! Warum ist das so? Nun, wir glauben, dass die ganze Bibel von der ersten bis zur letzten Seite davon erzählt, wie Gott mit seinem Lieblingsgeschöpf, mit dem Menschen die Beziehung wieder erneuern will.

Gott will, dass der Mensch mit ihm lebt und bei ihm lebt. Und nicht dauernd davon läuft und egoistisch nur seinem eigenen Willen folgt – und schließlich in der Katastrophe und Sinnlosigkeit landet. Es ist tatsächlich so: Dort, wo die Welt, die Menschen Gott draußen halten, dort gewinnt am Ende die Erfahrung der Sinnlosigkeit, der Depression, der Lieblosigkeit, des Egoismus die Oberhand. Aber Gott will, dass der Mensch lernt, wie es ist, mit ihm zu leben.

Das Volk Israel und der Sinn seiner Geschichte

Und wir lesen in der Schrift, dass er sich dazu ein Volk erwählt, das kleine Volk Israel. Diesem Volk hilft er aus der ägyptischen und später aus der babylonischen Gefangenschaft, diesem Volk gibt er vor allem vier Dinge:

    1. sein Lebensgesetz, die Zehn Gebote.
    2. Mit diesem Volk schließt er den Bund am Sinai.
    3. Diesem Volk lässt er in Jerusalem den Tempel bauen, als den Ort, der erfüllt sein soll, von seiner Gegenwart.
    4. Diesem Volk schickt er immer neu Propheten, damit es sich wieder daran erinnert, zu wem es gehört.

Und an diesem Volk, an Israel, sollte dann schließlich die ganze Welt lernen: So lebt ein Volk, das mit Gott lebt, ein Volk, in deren Mitte Gott wohnt. Das ist der Sinn der Geschichte von Israel.

Jesus erfüllt den Sinn der ganzen Geschichte

Und jetzt stellt Euch vor: Jetzt läuft die ganze Geschichte Israels auf diesen Moment zu, den wir nächste Woche feiern. Den Augenblick der Geschichte in dem Gott wirklich und wahrhaftig, leibhaftg zu diesem Volk kommt. In der Bibel heißt es: Jetzt ist die Zeit erfüllt. Jetzt erfüllt sich alles, worauf Israel gehofft hatte. Ich sagte Israel hatte das Gesetz des Mose. Und Jesus wird sagen: Ich bin die Erfüllung des ganzen Gesetzes.

Israel hatte den Bund mit Gott auf dem Sinai geschlossen. Und Jesus wird sagen: In meinem Blut, (das wir gleich bei der Eucharistie empfangen), stifte ich den neuen und ewigen Bund. Israel hatte den Tempel als den Ort der Gegenwart Gottes und Jesus wird sagen: Hier ist jemand, der größer ist als der Tempel. Hier ist nämlich ein Mensch, in dem zugleich Gott selbst erscheint. Und Israel hatte die Propheten und der letzte, der größte der Propheten Johannes der Täufer wird sagen: Nach mir kommt einer, dem bin ich nicht einmal wert, die Sandalen aufzubinden.

Wir gehören in diese Geschichte hinein

Und dieser eine kommt an Weihnachten in sein Volk, unter ärmsten Bedingungen, in völliger Hilflosigkeit und Ohnmacht, als Baby, als Liebe, die sich selbst verschenkt. Und die, die ihn erkennen, die erkennen: In diesem Kind, später in diesem Mann, in diesem Gekreuzigten, erfüllt sich alles, worauf Israel gewartet hat. Mehr noch: In ihm zeigt die ganze Geschichte der Welt ihren Sinn, ihre Fülle ihre Tiefe. Der Sinn der Weltgeschichte ist es: durch Jesus heimgeholt werden zum Vater.

Der Sinn der Völker ist es: Mit Jesus durch die Zeit zu gehen, ihrer Vollendung entgegen. Und der Sinn von deinem und meinem Leben ist es: Mit Jesus in seiner Kirche unterwegs zu sein. Und mit Ihm die wirkliche Wahrheit zu entdecken, die tiefe Schönheit der Welt und der Menschen, die von Ihm kommt. Lieben zu lernen und frei zu werden, innerlich ruhig.

Und frei auch von unseren schlechten Angewohnheiten und Sünden. Unser Leben von ihm durchdringen zu lassen. Und so mit ihm durch die Zeit zu gehen. Dann, meine Lieben, wird jeder Moment der Zeit seinen tiefen Sinn und seine Richtung haben. Dann wird unsere eigene Geschichte voller Hoffnung sein und sie hat ein Ziel, das hier und heute schon aufscheint. Und zwar egal, ob du fünf oder 95 Jahre alt bist. Weil der Sinn nicht aus dir selbst, sondern von ihm kommt.

Ein bekehrter Zeuge

Meine Lieben, ich durfte gestern im Rahmen eines gemeinsamen Interviews einen Mann kennen lernen, einen Journalisten der Bild Zeitung, der als Reporter in vielen Krisengebieten der Welt war: Daniel Böcking. Ganz besonders beeindruckt hat ihn zum Beispiel, als er bei einem der schlimmsten Erdbeben der Geschichte vor 6 Jahren in Haiti war. Es gab über 300 000 Tote. Der Mann hat sich vor Ort hinein nehmen lassen in den Glauben der Überlebenden, in das Gebet derer, die die Hoffnung nicht verloren haben.

Und er hat zu Jesus gefunden. Er sagt, es habe zwar noch etwas gedauert. Aber er hat mehr und mehr erkannt: Wenn es Jesus wirklich gibt, wenn er lebt und unserem Leben Sinn und Richtung und Liebe und Vergebung unserer Sünden schenken will, wie könnte es dann etwas geben, was wichtiger wäre als er. Und er hat sein Leben verändern lassen. Er ist Familienvater , ist nach wie vor Journalist bei der Bild Zeitung, aber er gibt jetzt öffentlich Zeugnis von seinem Glauben – auch in dieser Zeitung. Und er sagt: „Ich fand endlich den Sinn in allem, was ich tat“.

 Gib ihm Dein Herz

Liebe Schwestern, liebe Brüder, das Wunder eines vorweihnachtlichen Abends wie diesem ist es, dass wir hier und heute, ganz konkret unser Leben in diese große Geschichte hinein stellen können. Entweder vielleicht zum ersten Mal wirklich bewusst, oder aber indem wir es immer wieder erneuern. Wir können ihm innerlich bekennen: Jesus ich will wirklich zu Dir gehören. Hilf mir, dass ich Dir mein Leben öffnen, dass ich es Dir geben kann, damit Du es mit Vergebung, mit Liebe, mit Sinn erfüllen kannst.

Das Wunder ist wirklich: die große Weltgeschichte, der Sinn des Universums, ist heute Abend hier und wird immer wieder hier sein. Wir feiern ihn. Er schenkt sich Dir im Brot und will, dass Du Teil dieser Geschichte wirst, Teil der großen Sammlungsbewegung Gottes in der Zeit. Auch will er Deiner Zeit Sinn und Richtung geben. Er ist der Herr der Zeit und der Anker in der Zeit, er ist das Alpha und das Omega und er will kommen um auch dein Herz zu erobern. Schenk es ihm. Amen.