Hubert Mauch

Dialogpredigt von Bischof Oster und Landesbischof Bedford-Strohm zur Eröffnung der Landesgartenschau in Freyung 2023

Wald. Weite. Wunderbar. Das ist das Motto der Bayerischen Landesgartenschau in Freyung, die am 25. Mai 2023 offiziell eröffnet wurde. Es ist auch Thema des ökumenischen Auftaktgottesdienstes, den Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Bischof Stefan Oster SDB zusammen am Pfingstsamstag auf der Hauptbühne auf dem Geyersberg in Freyung feierten. Hier kann die Predigt im Wortlaut nachgelesen werden:

Johannes 7,37-39

Aber am letzten Tag des Festes, der der höchste war, trat Jesus auf und rief: Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten; denn der Geist war noch nicht da; denn Jesus war noch nicht verherrlicht.

Heinrich Bedford-Strohm

Liebe Gemeinde, lange ist sie vorbereitet worden. Jetzt ist der Tag da. Viele Menschen haben mit viel Liebe, viel Herzblut und viel Engagement dafür gesorgt, dass wir heute die Eröffnung der Landesgartenschau in Freyung feiern können. Wir können uns jetzt darauf freuen, vom Geyersberg aus den fantastischen Panoramablick zu genießen und auf die wunderbar angelegten Gärten zu schauen. Können sagen: „Wald. Weite. Wunderbar“!! Die Kleinen können sich auf ein tägliches Mitmachprogramm freuen, auf das Abenteuer Natur, bei dem sie spielerisch die Schönheiten entdecken, die uns umgeben. Arten- und Klimaschutz werden von dieser Gartenschau profitieren und die Menschen hier aus der Region werden noch mehr Wohnqualität daraus gewinnen. Für all das ist es gut, dass wir die Landesgartenschau mit diesem Gottesdienst unter den Segen Gottes stellen. Man muss nicht lange nachdenken, um zu verstehen, warum das gerade bei einer Veranstaltung wie der Landesgartenschau so stimmig ist, dass wir sie unter den Segen Gottes stellen. Denn es gibt wenige Orte, wo wir so unmittelbar und die Seele berührend die Spuren Gottes in unserer Welt sehen und erfahren können wie die Natur. Wie die Blumen, die Sträucher, die Bäume und die Tiere, die darin wohnen. Alle miteinander sind sie von Gott wunderbar geschaffen. So wie wir Menschen. Und gemeinsam sind wir dazu bestimmt, mit unserer Existenz, mit unserem Leben, mit unserem Sein Gott zu loben und mit Psalm 104,24 auszurufen: „HERR, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter!“ Weil die Natur für uns Menschen soviel Lebenskraft bedeutet, deswegen ist es auch kein Wunder, dass sie in der Verkündigung Jesu immer wieder eine so große Rolle spielt. „Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ Wer schon einmal richtig Durst hatte – und das gilt vermutlich für uns alle – der weiß genau, wie wunderbar es ist, Wasser zu haben und sich davon laben zu können. Umso mehr lohnt es sich, genau auf die Worte Jesu zu hören!

Stefan Oster

Ja, hören wir noch einmal genauer hin. Jesus sagt: Wer Durst hat, der komme zu mir und trinke. Wer an mich glaubt, aus dessen Inneren werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Jesus sagt diesen Satz zu vielen Pilgern, die nach Jerusalem gekommen waren – zum Laubhüttenfest. Es war ein Fest, das die Israeliten an ihren Auszug, ihre Befreiung aus Ägypten erinnerte. Sie hatten nämlich damals auf dem Weg durch die Wüste Jahre, Jahrzehnte in Hütten und Zelten gewohnt. Und zugleich damit war das Fest auch eine Art Erntedankfest. Es dauerte insgesamt eine Woche und Jesus spricht diese Worte am letzten Tag des Festes. Die Pilger waren also wohl müde und durstig, aber wohl auch froh und dankbar für das Erlebte, für die Schönheit der Pilgerreise, für die Schönheit Jerusalems und für die Stärkung im Glauben. Und wie so oft in diesem Evangelium spricht Jesus auf mehreren Ebenen. Seine Worte haben oft die buchstäbliche Bedeutung und zugleich eine tiefere, eine symbolische Bedeutung. Der Herr will die Menschen erfrischen – mit Wasser. Und er will sie erfrischen durch eine neue Qualität ihres inneren Lebens, die er ihnen geben will. Auch wir bringen das Bild des Wassers in unserer Alltagssprache mit unserem inneren Leben in Verbindung, wenn wir zum Beispiel sagen: Ein Mensch sprudelt vor Freude oder vor Begeisterung. Oder wir verwenden das Bild einer Quelle, wenn wir beispielsweise fragen, was einen Menschen im Innersten antreibt; wenn wir fragen: Was ist die Quelle, aus der deine Energie kommt, deine Motivation, dein Fokus. Als Christen glauben wir, dass es in jeder getauften Person diese innere Quelle gibt: Im Wasser getauft, ist der Geist Gottes in jedes Menschenherz eingezogen und will im Menschen lebendiges, tiefes Innenleben entstehen lassen, das sich dann auch ausdrückt in äußerem Handeln und Sprechen, im Lieben und Dienen, im Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden und die Bewahrung der Schöpfung. Ja, die Geschichte unseres Glaubens durch die Jahrhunderte bezeugt genau dieses: Christinnen und Christen aller Zeiten, die sich von der Liebe Jesu berühren lassen, werden selbst Menschen, die andere berühren können – mit dem Wasser des Lebens für unsere Seelen.

Heinrich Bedford-Strohm

Dass von Christus her Ströme lebendigen Wassers in unsere ausgetrockneten Seelen fließen, welch wunderbare Vision ist das! Wir haben eben gehört, welche Kraft daraus kommt, wenn wir unsere Herzen und Seelen dafür öffnen.
Und wir brauchen es so dringend! Wer auf die Welt schaut, wer wahrnimmt, wieviel Not und Unrecht da herrschen, wer die Nachrichten von den Vorhersagen zur Klimaerwärmung hört, der kann schon manchmal den Mut verlieren. Erst recht, wenn auch noch im persönlichen Leben so Manches da ist, was uns runterzieht. Da ist der Kontakt mir Gott wie ein Wasser in ausgedürsteten Kehlen. Das persönliche Gebet, das gemeinsame Gotteslob in der Musik, die Gemeinschaft im Gottesdienst oder einfach die Erfahrung, dass Christus mitten unter uns ist, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind – all das kann sein wie die Ströme lebendigen Wassers, von denen Jesus spricht. Und auch die Fürsorge für die Schöpfung, wie wir sie hier bei der Landesgartenschau jetzt erleben, kann so eine konkrete Erfahrung sein. Das Staunen über die Schönheit der Natur, der Gebrauch der uns von Gott gegebenen Sinne, die Augen, die die schönen Blumen sehen, die Ohren, die das Zwitschern der Vögel hören, und die Nasen, die den Duft von Kräutern und Pflanzen riechen – das alles ist wie die Ströme lebendigen Wassers, von denen Jesus spricht. Und sie können dann auch dazu führen, dass Wasser im ganz unmittelbarem Sinne zur Lebenskraft wird. Ich habe das bei meinem Besuch unserer Partnerkirche in Kenia erlebt. Dort herrscht im Nordosten eine schlimme Dürre. Kirchliche Hilfsorganisationen bringen in die betroffenen Gebiete mit Lastern Wassertanks, bei denen die Menschen sich Wasser holen können und die auch die Kühe vor dem Verdursten bewahren. Jeder Tropfen Wasser ist dort kostbar. Das Wasser ist in einem ganz unmittelbaren Sinne Lebenskraft. Und immer, wenn ich hier zu Hause in Versuchung komme, mich bei Regen über das schlechte Wetter zu beschweren, muss ich an die Menschen in Kenia denken. Dann danke ich Gott dafür, dass er uns in der Beziehung zu Christus Ströme lebendigen Wassers für die Seele schenkt und dass er uns durch den Regen auch genug Wasser schenkt, dass der Körper bekommt, was er braucht.

Stefan Oster

Wenn in trockenen Gegenden Regen fließt, empfinden das Menschen immer als Geschenk. Es regnet und die Menschen freuen sich über die Gabe, die umsonst als Geschenk gegeben wird, ohne Vorleistung, einfach so. Jesus lebt in einer insgesamt trockenen Gegend – und daher kann er den Regen als Bild der Güte Gottes für jeden Menschen beschreiben: Denn Gott, sagt Jesus, lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte. Gott liebt umsonst, er verschenkt sich in Jesus und verschenkt seine Liebe in der Schönheit der Schöpfung, in den Gaben der Natur. Und wenn der Hl. Geist in uns wirkt, dann lernen wir mit ihm und von ihm, wie es ist, wenn wir selbst Menschen sind, die umsonst geben und umsonst lieben, einfach nur, weil es gut ist.
Dann kommen aus unserem Inneren die Ströme, von denen Jesus spricht, Ströme lebendigen Wassers, die er mit dem Heiligen Geist identifiziert. Der Mensch, der aus dem Geist lebt, handelt aus diesem Umsonst, diesem Gratis. Das heißt: Er schaut nicht zuerst auf Profit, auch nicht auf Gegenleistung. Er kann auch gut darauf verzichten, für sein Handeln gefeiert zu werden. Er handelt und dient einfach deshalb, weil es gut ist. Gut vor Gott, gut für die anderen, gut in der Aufgabe, die ihm anvertraut ist. Menschen, die aus dem Geist leben, leben anders, als es viele in dieser Welt gewohnt sind. Sie leben aus Dank, weil sie in ihrem Glauben wissen, wem sie sich verdanken, wer der Geber alles Guten ist. Wir wünschen Ihnen allen von Herzen, dass Sie mit dankbaren, offenen Herzen durch die Landesgartenschau gehen können; staunend über das, was da Gott hat wachsen lassen und was viele fleißige und kreative Menschen für sie gepflegt und kultiviert haben – damit es so schön anzuschauen ist. Wir wünschen Ihnen, dass Sie hinter der Schönheit der Schöpfung den Schöpfer erkennen, dass Sie hinter den Gaben der Natur den Geber aller guten Gaben sehen können – und dass sie all das und Ihr eigenes Leben ihm von Herzen verdanken können: Und vielleicht gehen Sie ja von diesem Gottesdienst oder auch von der Landesgartenschau insgesamt mit einer Freude weg, die Sie selbst zur sprudelnden Quelle für andere macht – Und sei es auch nur im Erzählen von dem, was Sie hier in Freyung Wunderbares erfahren haben. In jedem Fall wünschen wir Ihnen allen ein gesegnetes und geistvolles Pfingstfest. Amen.