Foto: C.Stadler/Bwag - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0

300 Jahre Stift St. Florian Linz

300 Jahre Stift St. Florian: Die Predigt von Bischof Stefan Oster zur Feier anlässlich des 300-jährigen Jubiläums des Hl. Florians in der Stiftskirche St. Florian bei Linz 2015.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,
vor genau 300 Jahren hat mein Vorgänger im Amt, der Bischof von Passau Raymund Ferdinand Graf von Rabatta diese neu erbaute barocke Stiftskirche eingeweiht. Damals wart Ihr noch bei uns! Das Stift St. Florian war eines der prächtigsten und bedeutendsten Klöster des damals noch weit ausgedehnten Bistums. Die Verbindungen zwischen dem Stift und der Stadt Passau reichen tief ins Mittelalter hinein.

Das Stift St. Florian hat tiefe Wurzeln

Schon 1291 hat der Passauer Bischof Bernhard von Prambach die neue gotische Kirche hier geweiht. Aber im Grunde reichen die Verbindungen ja noch viel früher in die Zeit Eures Kirchenpatrons, des hl. Florian, der bei uns große Verehrung genießt, zusammem mit unseren Bistumspatronen, dem hl. Maximilian und dem hl. Valentin.

Auch in baulicher Hinsicht haben wir enge Bande. Einer der Meister unseres im Barockstil wieder errichteten Passauer Doms war der Stuckateur Giovanni Battista Carlone. Und dieser Mann war dann auch beim barocken Neubau dieser Kirche maßgeblich beteiligt – bis zu seinem Tod im Jahr 1708.

Passau hat viele Verbindungen zum Linzer Stift St. Florian

Ich habe auch gelesen, dass Kaiser Leopold I. im Jahr 1684 hier war, um dem Hl. Florian zu danken, den er zuvor um die Hilfe gegen die anstürmenden Türken vor Wien angerufen hatte. Und im selben Anliegen hatte der Kaiser auch ein Jahr zuvor schon in Passau auf unserem Maria-Hilf-Berg Schutz gesucht und damit unser Maria-Hilf-Bild quasi zum Staatsgnadenbild der Habsburger gemacht. Der Verbindungen gibt es also genug – und ich bin froh, dass ich eineinhalb Jahre nach Amtsantritt nun auch einmal hier sein darf.

Wem gilt all diese Pracht?

Die äußere Pracht dieser und unser aller Kirchen soll uns freilich darauf hinlenken, dass wir uns erinnern, wem diese Pracht gilt, wer hier verehrt wird. In einer Zeit, in der sich die Menschen schwerer tun, in den Glauben zu finden, sind solche prächtigen Kirchenbauten durchaus vieldeutig. Im gelingenden Fall regen sie auch die entfernteren Menschen zum Nachdenken an. Sie fordern heraus zu fragen, was eigentlich die Menschen damals bewegt haben könnte, so unglaublich viel zu investieren, damit am Ende eine solche großartige Kirche dasteht.

Der äußere Mensch, der sinnlich erfassende Mensch braucht oft äußere Erfahrungen, um Zugang zu einer inneren Welt finden zu können. Und da sind Räume und Gebäude von solch ästhetischer und majestätischer Ausstrahlung wunderbar geeignet. Das Äußere als Eröffnung eines inneren Raumes oder auch als deren Ausdruck. Wo diese Eröffnung des inneren Raumes aber bei den Menschen nicht gelingt, dort werden solche Gebäude oftmals auf bloße Ästhetik reduziert oder gar von ihrem darin investierten kritischen Reichtum her beurteilt.

Stift St. Florian: Von Augustiner-Chorherren belebt

Umso schöner ist es, liebe Schwestern und Brüder, dass dieses Gebäude nicht einfach nur isoliert dasteht, sondern tatsächlich seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert von Augustiner-Chorherren belebt, bewohnt und geistlich beseelt wird. Hier sind Menschen der Innerlichkeit, hier sind betende Menschen. Sie machen deutlich, dass alle äußere Ästhetik und Schönheit Ausfluss gläubiger Verehrung der Schönheit und Größe unseres Gottes ist.

Im Text aus dem Jesaia Buch, den wir in der ersten Lesung gehört haben, spricht Gott davon, dass er die Treuen ehren wird, die den Bund bewahren und auch die Fremden, die seinen Namen lieben, auch sie will er in sein Haus bringen, wie er sagt. Mein Haus wird ein Haus des Gebetes für alle Völker sein. Gott ist derjenige, der die Völker sammeln will, dort, wo sein Tempel steht. Im Alten Testament ist das der Zion. Im Neuen Bund ist es Christus selbst, sind es die Menschen, die zu ihm gehören und die durch ihn und mit ihm und in ihm den Lobpreis des Vaters ausrufen.

Warum kommen wir ins Gotteshaus?

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben, wie ist das heute mit uns und unserem eigenen Leben. Der Anlass eines solchen Jubiläums lässt uns fragen: Warum kommen wir ins Gotteshaus. Und jeder, wenn er ehrlich ist, findet verschiedene Motive vor, die oft nur mehr oder weniger ehrlich oder tief sind. Wir kennen in uns Motive, dass wir gesehen werden wollen; dass wir auch dabei sein wollen, wenn sich gesellschaftlich wichtige Anlässe ereignen. Wir genießen die festliche Musik, die Schönheit des Tages.

Vielleicht wollen wir uns selbst ein wenig gut verkaufen und schauen, dass wir hier unser nützliches Beziehungsnetz zu anderen knüpfen. Alles das gibt es auch in uns, liebe Schwestern und Brüder und solche Gründe sind nicht immer nur negativ. Aber wir ahnen, dass sie negativ werden, wenn es nur bei ihnen bleibt.

Ein Haus des Gebetes

Wir ahnen vielleicht, dass wir dann innerlich auch dem zornigen Jesus begegnen könnten, den wir heute im Evangelium getroffen haben. Dem Jesus, der einen Strick zu einer Geißel bindet und diejenigen aus dem Tempel treibt, die den prächtigen Bau nur als Markthalle verstehen. Es ist ein Haus des Gebetes, ein Haus, in dem zuerst dem Vater die Ehre erwiesen werden soll.

Jesu Zeitgenossen finden das anstößig und fragen, mit welcher Autorität er so handelt. Und er antwortet: Reißt diesen Tempel nieder und ich werde ihn in drei Tagen wieder aufrichten. Später verstanden die Jünger, dass er damit den Tempel seines Leibes meinte. Warum Tempel seines Leibes?

Der Tempel seines Leibes

Nun, weil wir der gläubigen Überzeugung sind, dass Jesus gewissermaßen vollständig von Gott bewohnt war. Er war innerlich ganz erfüllt von der Gegenwart des Vaters in ihm. Ein intensiver Gedanke. Bei Jesus gab es gewissermaßen eine vollständige Kohärenz, eine vollständige Stimmigkeit von innen und außen. Als seine Eltern einmal mit ihm nach Jerusalem gepilgert sind und er einfach so im Tempel verblieb, dann nach meinem Verständnis aus eben diesem Grund.

Dieser äußere Raum, der große Tempel, ist ganz der Anbetung seines Vaters geweiht. Und sein, Jesu Innenleben, ist ebenfalls erfüllt von der Anwesenheit und Anbetung des Vaters. Wusstet ihr nicht, sagt er den besorgten und dann verblüfften Eltern, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört. Tiefe Übereinstimmung, tiefe Korrespondenz zwischen Innen- und Außen.

Raum der Gottesverehrung

Die Herausforderung für uns ist es freilich, dass wir nach unserem christlichen Verständnis von Jesus selbst nun ebenfalls dafür gemacht sind, Tempel Gottes zu sein. Wisst ihr nicht, sagt Paulus den Korinthern, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?

Wenn es uns also hierher zieht, in diesen großartigen Kirchenraum, dann im günstigsten Fall deshalb, weil dieser Raum der Gottesverehrung etwas zum Ausdruck, etwas zum Klingen bringt, was auch in uns lebendig ist. Und im ungünstigsten Fall ist auch in uns nur Markt, ist in uns auch nur kaufen und verkaufen, ist in uns auch nur die Frage, was bringt mir das eigentlich hier?

Danke für die Einladung ins Stift St. Florian

Liebe Schwestern, liebe Brüder, vor allem liebe Augustiner Chorherren: Ich danke Ihnen von Herzen für die Einladung zu dieser wunderbaren Feier, in dieser großartigen Kirche, in Ihr Stift. Mögen die Bande zwischen uns, zwischen Passau und dem Stift St. Florian bestehen bleiben und sich vertiefen.

Aber mögen es vor allem Bande sein, die uns als Christinnen und Christen, als Schwestern und Brüder vereinen, weil wir spüren und vertrauen, dass wir im gemeinsamen Haus Gottes wohnen und weil wir von innen her erfahren, dass wir verwandt sind, Brüder und Schwestern Jesu, die wissen, von was sie sprechen, wenn sie sagen, dass der Hl. Geist in ihnen gegenwärtig ist. Gott segne Sie alle. Amen.


Weitere Informationen zum Stift St. Florian in Linz finden Sie unter folgendem Link: Stift St. Florian – Ort der Begegnung und Andacht