Foto: Susanne Schmidt / pbp

Papa Gott – Firmpredigt 2015

Papa Gott: Der Geist Gottes will uns helfen, dass wir nicht nur „Vater“ sagen und am Ende innerlich gar nichts damit verbinden. Über die persönliche Gottesbeziehung. Die Predigt von Bischof Stefan Oster zur Firmung 2015.

Liebe Firmlinge,
vorhin haben wir eine Lesung gehört, in der uns der Apostel Paulus etwas sehr Bedeutsames sagt. Er sagt: „Ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Kindern Gottes macht, den Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater.“ Warum ist das bedeutsam? Nun, wenn man wirklich verstehen will, was Paulus meint, dann kommt es auf das Wörtchen Abba an.

Abba ist aramäisch, so hat Jesus damals gesprochen. Und eigentlich ist es eine Art Kosewort. Ein Ausdruck davon, dass man den Vater richtig gern hat. Viele von Euch nennen ihren Vater vermutlich Papa oder Papi, oder vielleicht auch Daddy oder so etwas. Und genau so was meint der Paulus.

Gott ist unser Papa

Der Geist Gottes will uns helfen, dass wir nicht einfach nur Vater sagen und am Ende innerlich gar nichts damit verbinden. So wie wir manchmal das „Vater Unser“ gedankenlos beten, aber irgendwie keinen persönlichen Bezug dazu haben.

Nein, der Paulus meint ganz wirklich, dass durch den Geist in Dir, in Deinem Herzen ein Gefühl wächst, eine Beziehung wächst, die Dir hilft aus ganzem Herzen zu Gott Vater zu sagen, so tief, dass Du sogar „Papa“ dabei empfinden kannst. Und er will nicht, dass Du es einfach nur sagst, sondern auch innerlich wirklich glaubst, dass Du Vertrauen hast und Liebe im Herzen zu Gott, Deinem Vater. Das wirkt der Geist oder er will es wenigstens wirken.

Papa?! Also echt…

Also, wenn wir ehrlich sind, ist das ja bei den allermeisten jungen Leuten nicht so. Auch nicht bei den Erwachsenen: „Ich glaub zwar vielleicht schon irgendwie an Gott. Aber das mit dem Vater? Na ja. Wenn ich ehrlich bin und mir vorstelle, dass er wirklich der Schöpfer von allem ist, unfassbar groß, der Schöpfer des ganzen Universums.

Und jetzt komme ich kleines Menschenkind daher auf einem winzigen Planeten in der Weite des Weltalls. Ausgerechnet zu mir soll dieser Allmächtige sagen: Du, Du persönlich, Du bist mein geliebtes Kind! Und ich soll sagen: Ja, mein lieber Papa. Also, das geht doch nicht…“ So denken wir oft.

Jesus sprach von Gott wie nie ein Mensch zuvor

Ja, meine Lieben, das fällt uns allen schwer zu glauben. Wir können es nicht aus uns selbst, selbst wenn wir uns noch so viel anstrengen. Wir können es nur mit Jesus und mit seinem Geist. Denn eigentlich war es ja nicht Paulus, der uns das mit dem Vater beigebracht hat, sondern es war Jesus. Paulus erzählt nur davon in seinem Brief.

Jesus ist gekommen und hat wie nie ein Mensch zuvor von Gott gesprochen, von seinem lieben, von seinem großartigen, von seinem allmächtigen Papa. Und sehr viele Menschen haben Jesus nicht geglaubt. Aber diejenigen, die angefangen haben ihm zu glauben, die ihm vertraut haben, die haben genau das erlebt und können es heute noch erleben, wovon ich versuche zu sprechen.

Wie geht das: An Jesus glauben?

Und deshalb möchte ich mit Dir nun überlegen, wie das geht: an Jesus glauben. Ich fange mal an mit etwas, was Du vielleicht kennst. Stell Dir mal folgendes vor: Du hast einen anderen Menschen gern oder Du bewunderst ihn oder Du interessierst Dich sehr für ihn und Du verbringst viel Zeit mit ihm. Vielleicht ist Dir schon einmal aufgefallen, dass dann etwas passiert, was ein wenig peinlich werden kann.

Ob Du willst oder nicht, Du machst den anderen irgendwie nach, in dem was Du magst oder in dem, was Dir imponiert. Bei Jugendlichen ist das oft so: Du hast plötzlich eine Redensart drauf und merkst, hoppla, die habe ich ja von dem übernommen, mit dem ich viel Zeit verbringe.

Oder Du spürst, dass der andere irgendwie Witze macht, die bei Dir gut ankommen und Du fängst an, sie auch zu erzählen. Oder Du findest raus, dass der andere eine bestimmte Musik toll findet und Du fängst auch an für sie zu schwärmen. Und wenn dann ein Unbeteiligter Dich trifft und spürt, dass Du von anderen etwas übernommen hast, dann ist das manchmal richtig peinlich.

„Sie reden genauso wie Ihr Lehrer“

Mir ist das einmal passiert. Ich habe einen alten, weisen Lehrer. Einen Mann, den ich sehr verehre und von dem ich sehr, sehr viel gelernt habe. Und vor ein paar Jahren, da war ich schon selbst Lehrer an der Hochschule, da habe ich mit ein paar von meinen eigenen Studenten den weisen Mann einmal besucht. Und es war sehr schön, ein tiefes Gespräch.

Aber plötzlich sagte einer meiner Studenten zu mir: „Herr, Professor, Sie reden ganz genauso wie Ihr Lehrer. Manchmal sogar bis in die Bewegungen und Gesichtszüge hinein.“ Und er hat mich gleich nachgemacht. Das war zwar in dem Moment sehr lustig für alle, aber mir war es auch recht peinlich.

Unser Herz neigt dazu, sich anzugleichen

Man will ja eigentlich gar niemanden nachmachen. Man ist doch selbst eine eigene Person. Aber, meine Lieben, das ist eben so ein Sache mit unserem Herzen: Wenn man jemanden gern hat und ihm innerlich sein Herz öffnet, dann neigt unser Herz dazu, uns dem anzugleichen, was wir lieben. Die Liebe, so heißt es, macht den Liebenden dem Geliebten ähnlich.

Vielleicht kennst Du selbst zwei ältere Leute, die schon lange verheiratet sind und sich noch immer sehr gerne haben. Man kann manchmal richtig sehen, dass sie einander ähnlich geworden sind, oft auch bis ins Reden und Denken, manchmal sogar bis in manche Gesichtszüge hinein. Und das Dumme ist, wenn Dir etwas sehr, sehr wichtig ist, das irgendwie niedriger ist als ein Menschenherz, dann werden wir dem auch irgendwie ähnlich.

Ein Süchtiger hat keine anderen Gedanken als seinen Stoff – und irgendwann merkt man, sieht ihm das gewaltig an. Oder wenn für einen Menschen der Schweinsbraten das allerwichtigste ist auf der Welt, das kennt man dem auch an… Deshalb: Besser etwas lieben lernen, das größer ist als wir selbst!

Was steht auf Deinem Podest?

Also, diesen Punkt bitte gut merken. Wir werden dem ähnlich, was wir richtig gern haben. Zweite Frage: Stell dir Dein Herz vor, wie eine Art Siegerpodest, eine Treppe mit ganz vielen Stufen, die so nach oben gehen. Und auf allen Stufen steht irgendwas, was Dir gerade ganz wichtig ist. Die Freunde, die Eltern, der Fußballverein, die Tanzgruppe, die Schule, das Haustier, ein Popstar, ein Sportstar und anderes mehr.

Jetzt, frag Dich mal: Was steht eigentlich ganz oben auf Deinem Podest? Was ist Dir am allerwichtigsten, was bedeutet Dir gerade am meisten? Dann werden die meisten von Euch vermutlich sagen: die Eltern, eines der Familienmitglieder oder meine allerbeste Freundin oder etwas Ähnliches.

Jesus will unsere Freundschaft…

Aber jetzt kommt die Nachricht für Firmlinge – aber eigentlich für alle von uns -, die Nachricht, die eigentlich nicht ganz so leicht zu verdauen ist. Sie heißt: Wenn Du Jesus fragen würdest, auf welchem Platz er in Deinem inneren Podest stehen möchte, dann gibt es überhaupt keinen Zweifel, dass er ganz oben stehen will. Er sagt zu uns in der Bibel: „Ich will, dass Du mich richtig liebst und wirklich eine Freundschaft mit mir eingehst, eine Freundschaft, die im Grunde sogar die wichtigste in Deinem Leben ist.“

… damit Du Papa Gott mehr lieben kannst

Und Jesus sagt damit aber auch: „Ich will nicht Dein Freund sein, damit Du die anderen Menschen oder Dinge nachher weniger liebst als bisher. Ich will nicht deren Konkurrent sein. Sondern ich will bei Dir ganz oben stehen, damit Du Gott und auch die Menschen mehr lieben kannst, tiefer lieben kannst, ehrlicher lieben kannst.

Ich will es, sagt Jesus, damit Du auch weniger eifersüchtig zu sein brauchst, damit Du liebevoller mit anderen umgehen kannst, damit Du vielleicht nicht mehr so viel lästerst oder fluchst. Vor allem aber will ich es, damit Dein Herz voller Freude und voller Wahrheit wird. Ich will es, damit Du mir ähnlich wirst, weil Du mich wirklich magst.

Und wenn Du mir ähnlich wirst, sagt Jesus, dann wird in Dir immer mehr die wirkliche persönliche Erfahrung wachsen, dass mein Papa, mein Vater, auch Dein Vater ist. Denn dazu bin ich gekommen, dazu bin ich für Dich gestorben und auferstanden: Damit Du und damit alle Menschen wieder Gott als ihren Vater erkennen und lieben lernen. Und ich, sagt Jesus, ich bin selbst dieser Weg zurück zum Vater, zum Papa für Dich.“ Meine Lieben, das ist sehr kurz gefasst, auch mit der wichtigste Inhalt unseres Glaubens.

Der Heilige Geist ist die Liebeskraft Gottes

Und jetzt noch einmal zurück zum Heiligen Geist: Der Heilige Geist ist so etwas wie die Liebeskraft Gottes. Du wirst heute von mir mit dem Heiligen Geist bestärkt, du wirst mit dem Chrisam gesalbt, weil Jesus der Gesalbte ist, der Christus. Du bekommst in seinem Geist eine Kraft, die Dir hilft, Jesus gern zu haben, Dich für ihn zu interessieren über ihn nachzulesen; Du bekommst damit auch den Mut, Dich zu ihm zu bekennen. Und Du bekommst die innere Kraft, die Dir beten hilf und die Dein Gebet ehrlich macht und die es stärkt.

Aber, wichtig ist auch: diese Kraft des Heiligen Geistes, die zwingt Dich nicht. Die Liebe zwingt nie! Du kannst ihr innerlich folgen und wirklich anfangen, Dich mehr für Jesus zu interessieren oder Du kannst sagen: „Ich lasse es“, gehst nach der Firmung hier raus und wirst nie wieder gesehen. Dann bleibst Du wie ein Mensch, dem man nicht ansieht, an dem man nicht spürt, dass er gesalbt ist.

Dann bleibst Du wie ein Mensch, der alles Mögliche gern hat, aber eben nicht Gott. Du bleibst ein Mensch, der nicht hineinfindet, in sein eigenes Herz, das dafür gemacht hat, mit voller Freude und aus großer Liebe zu Gott wirklich Vater zu sagen: „Papa, ich kenne Dich und ich weiß, dass Du mich durchs Leben trägst, ganz egal was passieren wird.“

Papa, ich kenne Dich

Meine Lieben, Jesus sagt im Evangelium. „Wer an mich glaubt, aus dessen Inneren werden Ströme lebendigen Wassers fließen und er meinte den Geist, der denen gegeben wird, die an ihn glauben.“ Ich darf Dir sagen: Hier stimmt jede Zeile. Ich habe Menschen kennen gelernt, die hatten ihr Herz so voller Liebe zu Jesus, dass man in ihren Worten und in ihren Handlungen ganz tief gespürt hat: Der ist voller Geist und voller Kraft.

So wünsche ich Euch sehr, dass ihr durch den heutigen Tag immer mehr hineinfindet in die Freundschaft zu Jesus. Ich wünsche Euch, dass euer Herz immer mehr dem seinen ähnlich wird. Und ich wünsche Euch von ganzem Herzen die Kraft des Heiligen Geistes, der Euer Herz von neuem für die Freude öffnet und für Gott und die Menschen. Dafür wollen wir jetzt gemeinsam beten und Euch durch das Sakrament segnen. Amen.