Foto: Monika Zieringer/pbp

Trauer um Verlust: Brandkatastrophe in Arnstorf

Trauer um den Verlust lieber Menschen: Wie damit umgehen? Die Predigt von Bischof Stefan Oster zum Trauergottesdienst in Arnstorf anlässlich der Brandkatastrophe 2015.

Verehrte, liebe Trauernde, liebe Schwestern und Brüder,
eine kurze Ansprache wie diese vorzubereiten, ruft intensive innere Bewegung hervor: Um Gottes Willen, Du sollst sprechen und Dir fehlen die Worte. Du sollst trösten und weißt, dass es so etwas wie Untröstlichkeit gibt, jedenfalls für bestimmte Zeit. Du sollst reden und ahnst, dass Schweigen und Hören wohl notwendiger wären.

Für Trauer fehlen die Worte

Das Leid ist so viel intensiver bei Euch, liebe Angehörige und Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen von Lars Doppelhofer, Bernd Ettl, Martin Grede, Christian Griesbach, Martin Müller, Markus Schmid und nun auch noch von Klaus-Peter Fesl. Die Trauer über ihren Tod, der Schmerz, die Not, die Verzweiflung sind nicht vergleichbar.

Keiner von uns kann genau erspüren, wie es sich im Herzen derer von Ihnen, die da trauern, genau anfühlt. Es ist so massiv, auch so individuell, eben so wie Ihre jeweilige Beziehung zu den Verstorbenen auch individuell ist, nicht vergleichbar – und daher ist der eigene Schmerz jeweils auch nicht vergleichbar.

Sie sind nicht alleine

Wir können uns also nur an Ihre Seite stellen und sagen: Wir verstehen, dass Sie sich durch das schreckliche Unglück und den Tod des geliebten Menschen so sehr allein gelassen fühlen. Wir ahnen den Schmerz, wir ahnen die Not, wir ahnen die verzweifelten Fragen auf den Herzen vieler, vor allem die Frage nach dem Warum? Und wir stehen hilf- und sprachlos  da und wissen auch keine Antworten, die in einem solchen Augenblick wirklich trösten und tragen.

Aber immerhin, liebe Trauernde, wir stehen da, viele stehen da mit Ihnen, und auch mit denen, die das Unglück zum Teil schwer verletzt überlebt haben. Und ich möchte all denen von Herzen danken, die sich gleich von Anfang an mit an ihre Seite gestellt haben – selbst dann, wenn sich diese Versuche manchmal hilflos angefühlt haben.

Dank für allen Einsatz und alle Hilfe

Ich denke an die so intensive Arbeit unserer Notfallseelsorger etwa, oder an die Geistlichen vor Ort, an die Firmenleitung von Lindner, an die Polizeibeamten und Rettungskräfte, an die Kolleginnen und Kollegen, natürlich auch an vertraute Menschen aus dem persönlichen Umfeld und an viele andere, die einfach versucht haben und versuchen, da zu sein.

Liebe Schwestern und Brüder, wir wissen nicht, warum Menschen plötzlich sterben müssen, und warum der eine schon so früh, der andere erst so spät geht. Wir wissen nicht, warum bei einem ein Unglück passiert, während andere beinahe schmerzlos hinüberzugehen scheinen. Wir wissen nicht, wie sich das alles in den großen Plan Gottes einfügt.

Der große Plan Gottes geht über die Trauer hinaus

Aber als gläubiger Mensch darf ich Ihnen zusagen: Es gibt den großen Plan Gottes, in den sich alles einfügt. Die Welt, so wie wir sie kennen und erleben, ist oft alles andere als gerecht. Sie ist zwar gute, wunderschöne Schöpfung, aber eben nicht mehr heil. Sie ist verwundet, sie leidet, es passieren Dinge in ihr und mit uns, die kein Mensch will und die wir noch weniger verstehen.

Aber der Apostel Paulus spricht davon, dass die Schöpfung und die ganze Welt warten, wieder neu in Gottes großen Plan eingefügt und endlich wiederhergestellt zu werden. Wir warten auf eine neue Welt ohne Schmerz und Leid – und wir glauben, dass Gott uns da hineinführen will. Das Kreuz ist das stärkste Zeichen dafür.

Jesus starb den ungerechtesten Tod

Jesus, der Gerechteste von allen, hat den ungerechtesten Tod von allen sterben müssen unter qualvoller Folter. Aber der Glaube sagt uns: Er hat es für uns getan. Er hat es getan, damit Menschen, die in dieser Welt Not leiden, berührt werden von der Hoffnung und dem Glauben, dass es weitergeht. Keine Not, kein Tod ist das Letzte, das Endgültige.

Jede Not und jeder Tod sind hinein genommen ins Kreuz Jesu. Wir gehen mit Jesus ins Leben – wenn wir uns am Gekreuzigten innerlich festhalten. Und wir können in unser Festhalten, in unsren Glauben auch unsere lieben Verstorbenen mit hineinnehmen. Wir können für sie beten, wir können sie innerlich unserem gekreuzigten Herrn übergeben und weil wir es in Liebe tun, helfen wir ihnen damit auch hinüber. Denn das eigentliche Band, die eigentliche Herzenskraft, die uns mit Gott verbindet, ist die Liebe.

Hoffnung in aller Trauer

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben, unser Gebet und unser Einstehen füreinander und miteinander, geben Zeugnis von unserer Hoffnung, dass mitten in Leid und Schmerz trotzdem wieder Leben aufbrechen kann. Sie geben Hoffnung davon, dass die Tür zum Leben, die Türe zu Gott, von der im Lesungstext die Rede war, offen ist und bleibt.

Ich bitte alle, die Sie hier in Arnstorf und Umgebung leben und arbeiten, mitzuhelfen, dass die Hoffnung und das Vertrauen erhalten bleiben. Vor allem bei den Betroffenen. Ich bitte diejenigen, die weniger betroffen sind, sich so gut es geht weiterhin an die Seite derer zu stellen, die unter dem großen Verlust leiden. Manchmal ist mehr Hilfe nötig, manchmal genügt ein kleines Wort, oft schon ein schweigendes, hörendes Dasein bei den Menschen.

Und wir wollen alle miteinander Jesus, den Herrn über Leben und Tod, bitten, dass er alle Trauerenden tröste – und dass er den Verstorbenen bei sich eine Wohnung bereiten möge, in der sie das Leben in Fülle haben. Amen.


Die Zeitung „Münchner Merkur“ hat die Geschehnisse um den Brand in Schneizlreuth bei Arnstorf sowie die Eindrücke vom Trauer-Gottesdienst zusammengefasst: „Bewegender Abschied von Opfern von Schneizlreuth„.