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Schönheit und hässliche Seiten des Fußballs

Die katholische Kirche und die evangelische Kirche in Deutschland haben am 3. Juni 2023 vor dem DFB-Pokalfinale zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern des Deutschen Fußballbundes (DFB), Fans und freiwilligen Helfern in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin unter dem Thema „Gemeinsam für mehr Wir“ einen ökumenischen Gottesdienst gefeiert. Bischof Stefan Oster gab in seinem Amt als Sportbischof der Deutschen Bischofskonferenz im ökumenischen Gottesdienst eine thematische Einführung in Bezug auf Psalm 104, die hier nachgelesen werden kann.
Liebe Fußballfreunde, liebe Schwestern und Brüder,

der Psalm, der uns eben vorgetragen wurde, spricht von der Schönheit und Harmonie der Schöpfung und er besingt den darin sich zeigenden und zugleich verbergenden Schöpfer. Gott zeigt sich in Schönheit und er zeigt sich auch in dem, was im guten Sinn verstanden überflüssig ist. Und ich meine damit, dass Schönheit und manches andere mehr der bloßen Zweckmäßigkeit enthoben ist. Denken Sie an bewohnbare Räume, etwa zweckmäßige Büroräume, allzu viel Schönheit wäre hier überflüssig. Hier sollen Geschäfte gemacht, Prozesse vorangetrieben, Urteile gefällt werden. Aber wenn Menschen sich länger dort aufhalten, dann brauchen sie doch das Überflüssige – dann brauchen sie auch etwas Schönheit. Das Bild an der Wand, die schöne Zimmerpflanze, den edlen Teppich und anderes mehr. Für bloße Zweckmäßigkeit ist Schönheit überflüssig. Aber der Mensch selbst erschöpft sich nie in bloßer Zweckmäßigkeit. Denn er ist selbst mehr als bloßer Zweck für andere. Und er lebt daraus, dass er auch Dinge tun und sich an Sachen freuen kann, die eigentlich überflüssig sind, die also überfließen – zur Freude an ihnen.

Meine Lieben, in diesem Sinn – nur nach Zwecken betrachtet – braucht ein Spiel wie Fußball eigentlich kein Mensch. Und doch sehen wir, dass zigtausende von Menschen heute hierher nach Berlin kommen, weil sie sich etwas wünschen, von der Schönheit dieses Spiels, vom Wettkampf, von der Leidenschaft, von der Freude der Fans. Wir wollen uns gerne mitreißen lassen – einfach, weil es herrlich ist, dabei sein zu dürfen.

Zugleich spüren wir aber auch, dass das was wir lieben, gefährdet ist. Das innere Herz, die Schönheit, die Freude, die Leidenschaft ist ganz offensichtlich immer mehr gefährdet, von Zwecken vereinnahmt zu werden, die oft alles andere als schön sind. Fußball wird zur politischen Machtdemonstration verzweckt, Fanbegeisterung kann umschlagen in Gewalt. Fußball wird zur Gelddruckmaschine gemacht für die Fifa, für Investoren, für die Scheiche und die Vermögenden dieser Welt. Spieler und Trainer werden geheuert und gefeuert, wenn sie sich nicht den Erfolg bringen, den die alles andere überlagernden Kommerz-Interessen verlangen. Und die Geld-Spirale scheint sich immer weiter zu drehen. Die politische und kommerzielle Verzweckung des Spiels macht den Fußball leider hässlich.

Liebe Fußballfreunde, warum sind wir heute hier und beten miteinander? Weil wir Glauben haben, dass der Segen Gottes uns helfen kann, etwas von der Schönheit des Spiels zu bewahren. Wir wollen bei aller Leidenschaft um Fairness beten, um ein gutes Miteinander – auch wenn wir im Spiel Gegner sind. Wir wollen um Respekt beten für die Fans, die die andere Mannschaft unterstützen. Wir wollen im Fall des Falles faire Verlierer sein oder Gewinner, die den Gegner immer noch achten. Wir beten darum, dass sich niemand verletzt und dass unter den vielen Zuschauern nichts Schlimmes passiert.

Wir beten darum, dass das, was geeignet ist, den Fußball immer noch hässlicher zu machen, draußen bleibt. Wir kämpfen und beten auch darum, dass das Spiel frei bleibt von Rassismus, von Doping und Wettbetrug – und vor allem von Gewalt. Und wenn wir hoffen, dass unsere Mannschaft gewinnt, dann vor allem deshalb, weil sie an diesem Abend besser spielt – und nicht durch umstrittene Entscheidungen eines Videoschiedsrichters, die danach wieder tagelang diskutiert werden.

Wir wollen also um den Segen Gottes bitten, damit alles, was das Spiel so schönmacht, für uns alle heute in den Vordergrund tritt – und alles, was geeignet ist, das Spiel hässlich zu machen, heute draußen bleiben möge. Gott möge unseren Abend und alle Beteiligten segnen.

Zum Bild:

Das Bild zeigt uns als Mitwirkende beim Gottesdienst: U.a. mit Vertretern der Fanclubs von Frankfurt und Leipzig, der Polizei, der Schiedsrichter, des Vorbereitungsteams von evangelischer und katholischer Seite, mit dem ev. Präses und Sportbeauftragten Thorsten Latzel (hinten 3.v.re.), mit der ev. Pfarrerin Oxen (vorne, 4.v.re.) und DFB-Präsident Bernd Neuendorf (hinten 2. v.re.).