Warum eine Kirche im Dorf für die Menschen so wichtig ist. Die Predigt von Bischof Stefan Oster anlässlich der Feier zum 75. Jubiläum des Wiederaufbaus der Kirche St. Karl Borromäus in Philippsreut.
Zum 75. Jubiläum des Wiederaufbaus der Kirche St. Karl Borromäus in Philippsreut feierte Bischof Stefan Oster SDB am Sonntag, den 12. Oktober, gemeinsam mit Pfarrer Yohan Injumala und Dekan Magnus König einen festlichen Gottesdienst. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die 1928 erbaute Expositurkirche in Philippsreut durch Artilleriebeschuss zerstört worden. Trotz Not, Materialknappheit und wirtschaftlicher Schwierigkeiten entschieden Kirchenverwaltung und Ordinariat, statt eines Provisoriums eine Kirche nahe dem Pfarrhof neu zu errichten. Bereits im Herbst 1948 war der Rohbau des Gotteshauses fertiggestellt. Die Einweihung der neuen Kirche fand im Oktober 1950 durch Bischof Simon Konrad statt. Der damalige Seelsorger der Gemeinde war Max Brandner, der auch die Zerstörung der ehemaligen Kirche miterlebte. Das Gotteshaus wurde dem Heiligen Karl Borromäus geweiht; es ist damit die einzige Kirche im Bistum Passau, die diesem Heiligen gewidmet ist.
In seiner Predigt erinnerte Bischof Oster an die Zeit des Wiederaufbaus der Kirche: Nach den Schrecken von Krieg, Diktatur und Leid hätten die Menschen damals ein sichtbares Zeichen ihres Glaubens errichten wollen – ein Haus Gottes, das Orientierung und Hoffnung schenkt. „Sie wollten einen Ort, der ihnen Antwort gibt auf die Fragen: Woher kommen wir, wohin gehen wir, worauf dürfen wir hoffen?“, so der Bischof.
Welche Rolle spiele also die Kirche in der heutigen Zeit?
Heute, so Oster weiter, stehe die Kirche vor anderen Herausforderungen: „Seit nunmehr acht Jahrzehnten ist der gesellschaftliche Wohlstand stetig gestiegen, während zugleich Glaube und Kirchenbindung stark zurückgegangen sind.“ Welche Rolle spiele also die Kirche in der heutigen Zeit? Der Bischof zitierte den Rechtsphilosophen Ernst-Wolfgang Böckenförde, der betonte, dass der freiheitliche Staat von Voraussetzungen lebe, die er selbst nicht schaffen könne – etwa die Bereitschaft zum sozialen Engagement oder die Vermittlung von Werten im respektvollen Umgang miteinander. Das seien auch die Aufgaben der Kirche – gerade angesichts der partikularen Kräfte, die moderne Demokratien herausfordern. Hierzu sei auch die Erinnerung an das Fundament, auf dem eine Gesellschaft stehe, wesentlich.
Trotz berechtigter Kritik an der Kirche betonte der Passauer Oberhirte, dass die Mitte des Glaubens seit 2000 Jahren dieselbe sei. Er forderte die Gemeinde auf, sich zu erinnern, was die Menschen damals mit dem Kirchenbau geschaffen hätten, und diese Erinnerung weiterzutragen.
Bischof Oster dankte den Philippsreutern, dass sie diese Erinnerung so eindrucksvoll pflegten und Kirche an ihrem Ort auf vielfältige Weise lebendig hielten. Nach dem Gottesdienst blieb Zeit für Begegnung und Gespräche im Pfarrsaal.
Einen ausführlichen Rückblick auf die Geschichte der Kirche St. Karl Borromäus finden Sie hier.