Über Charlie Kirk, Glauben und Politik

Über Charlie Kirk, Glauben und Politik. Eine Stellungnahme von Bischof Stefan Oster zur Trauerfeier von Charlie Kirk in den USA.

Nun also auch einmal von hier etwas über Charlie Kirk: Ich habe ein wenig nachgelesen und nachgehört, was bei der Feier seiner Verabschiedung passiert ist. Ganz offensichtlich war Kirk ein intelligenter Debattierer und ein gläubiger Mann mit konservativen Ansichten, die er oft genug versucht hat, biblisch zu begründen. Mehr will ich nicht sagen, weil ich nicht genug über ihn weiß. Weder Glorifizierung noch Dämonisierung scheinen mir angebracht. Möge er ruhen in Frieden und möge seine Familie Trost und Halt im Glauben finden.

Was ich aber nur sehr schwer nachvollziehen kann: Wie sehr er sich als intelligenter, gläubiger Mann so hinter Donald Trump stellen und die MAGA-Bewegung unterstützen konnte. Von Trump sind sein Umgang mit der Wahrheit, mit benachteiligten Menschen, mit Frauen, mit politischen Gegnern hinreichend bekannt. Seine Reden sind oft genug durchtränkt von der Verachtung anderer. Und bei dem Gedenken für Kirk hat er demonstrativ seinen Hass gegen den politischen Gegner zum Ausdruck gebracht – obwohl die Witwe von Charlie Kirk um Vergebung gebetet und selbst dem Mörder ihres Mannes vergeben hat. Ich halte deshalb die politische Instrumentalisierung des Todes von Kirk durch Trump und seine Regierung für ein Signal, das uns alle wach und wachsam machen muss. Die politische Macht, die den Gegner mit Hass überzieht, ist eine Falle für uns Christen.

Und ich möchte davor warnen, dass die konservativeren Christinnen und Christen in unserem Land nicht auch in diese Falle laufen. Es gibt auch politische Kräfte bei uns, die – bisweilen auch im Namen des Glaubens – die Nähe zu Trump suchen, oder seinen Politikstil imitieren wollen. Aber nein, wir Christen dürfen dem Hass und der Verachtung keinen Raum geben, schon gar nicht im Rahmen unseres Glaubens.  Das Gegenteil ist der Fall: Christus ist auch für die gestorben, die ihn gehasst haben, für die, die ihm die Nägel in den Leib und die Lanze ins Herz getrieben haben.

Machen wir uns nichts vor: Die Gefahr im konservativen Katholizismus und in konservativen christlichen Lagern auch politisch nach rechts abzudriften, ist nicht gering. Und die Gefahr, im liberalen Katholizismus und im liberalen Christentum nach links zu gleiten, ohne Grenzen wahrzunehmen, ist ebenso gegeben. Ausländerfeindlichkeit und völkisches Denken sind nach rechts eben solche Grenzen wie es die Verharmlosung von Abtreibung, die Assistenz für Suizid als Geschäftsmodell und einige Auswüchse der Genderpolitik nach links sind. Und wir haben die Polarisierungen längst. Aber Ereignisse wie die Gedenkfeier für Kirk können sie auch bei uns weiter verstärken.

Unsere Mitte als Christen muss aus meiner Sicht sein, die Wahrheit ehrlich und demütig zu suchen und sie in Liebe zu sagen und zu leben. Die innere Mitte dieser beiden – Wahrheit und Liebe –  ist im Zeugnis Jesu seine Heiligkeit. Und sein Wunsch, dass wir es werden: Sich so von Seiner Gegenwart erfüllen zu lassen, dass sich unser Herz verändert; dass wir Liebende werden statt Hassende; dass wir Versöhnung suchen, statt Spaltung. Dass wir lernen, Wahrheit zu sagen und damit rechnen, auch falsch liegen zu können. Dass wir Menschen werden, die wirklich zuhören und dem anderen unterstellen, etwas Gutes zu wollen, auch dann, wenn wir es für falsch halten. Und das wir nicht aufhören, danach zu fragen, was wahr ist. Aber Hass ist keine Option für uns!

Ich hatte den Eindruck, dass die Gedenkfeier für Kirk von einigen der Hauptakteure zu einer pseudo-religiöse Politshow instrumentalisiert wurde. Und im Grunde hoffe ich, dass nun endlich noch mehr Menschen verstanden haben, dass sich Trump hier selbst seine pseudoreligiöse Maske vom Gesicht gezogen hat. Denn jetzt dürften eigentlich die meisten, die sich bemühen, als Christen zu leben, gemerkt haben, dass es ihm tatsächlich nur dann um den Glauben geht, wenn er ihn für sich selbst benutzen kann. Und das ist im Grunde genau das Gegenteil von christlicher Nachfolge. Wenn wir aber auch Donald Trump noch etwas Gutes tun wollen, dann durch das Gebet für ihn – für eine Bekehrung seines Herzens. Und gerade nicht dafür, dass dieser Politikstil Erfolg hat!

Mein Ordensvater Don Bosco hat einmal gesagt: Unsere Politik ist das Vater Unser. Ich kann ihm darin gut folgen. Denn es bedeutet: Wenn Gott unser Vater ist und der Vater der ganzen Menschheit, dann sind alle Menschen, ausnahmslos alle, unsere Geschwister. Und alle sind eingeladen, sich von Christus und durch ihn in die Gottesfamilie hineinlieben zu lassen und ihrerseits auch seine Wahrheit zu suchen und sie tiefer zu erkennen. Alle! Und alle haben wir Sein Erbarmen nötig, besonders dann, wenn wir geneigt sind, uns von politischer Macht blenden oder korrumpieren zu lassen.