Bild: Pressestelle Bistum Passau

Das liebe Geld – und die Charismen

Das liebe Geld – und die Charismen. Die Predigt von Bischof Stefan Oster zur Aussendung von drei Gemeindereferentinnen und einem Gemeindereferenten am 15. Oktober 2016.

Liebe Gemeindereferentinnen, lieber Gemeindereferent, liebe Schwestern und Brüder im Glauben,
wir feiern Kirchweih und wir feiern die Aussendung kirchlicher Mitarbeiter. Mit den Texten dieses Gottesdienstes möchte ich Euch zunächst fragen: Was ist eigentlich Kirche? Im Johannes-Evangelium haben wir die berühmte Szene, wo Jesus wirklich zornig und rabiat wird: Er ereifert sich für den Tempel.

Das Haus seines Vaters, das Haus, wo der Vater wohnt, geliebt, verehrt angebetet wird oder besser: werden soll. Dieses Haus kommt unter das Gesetz von Profit, von Kaufen und Verkaufen, von Gnade gegen Geld, eine Markthalle, eine Räuberhöhle sogar, sagt Jesus und wird wirklich handgreiflich. Er jagt die Händler der Opfertiere und die Geldwechsler aus dem Tempelbezirk. Mit Gott lässt sich kein Geschäft machen. Oder umgekehrt: Eine Mentalität, die auf weltlichen Profit zielt, schafft eine Atmosphäre, die den Glauben, das Vertrauen auf den Vater verunmöglicht.

Geht es zu oft ums Geld?

Liebe Schwestern, liebe Brüder, von hier eine erste kritische Anmerkung zur Verfassung unserer Kirche. Wir reden viel über Geld und wir haben auch noch Geld. Aber wir sind ohne Zweifel schon lange und immer wieder in der Gefahr, die Jesus hier zornig werden lässt: Wie viel geht es ums Geld? Und ich sage das wirklich nicht nur in Richtung Ordinariat, Finanzkammer, Verwaltung und der kirchlichen Einrichtungen. Ich möchte es auch in Richtung unserer einzelnen Mitarbeiter sagen: Wie sehr motiviert uns der materielle Verdienst für unsere Arbeit?

Zum Beispiel das Ringen, bisweilen Feilschen um Arbeitszeit, um Urlaubstage, um Zulagen und anderes mehr. Ich will das alles nicht schlecht reden, liebe Schwestern und Brüder, Sie sollen auch bei der Kirche vernünftig bezahlt werden. Aber ich will, dass wir ein Bewusstsein, ein Herz dafür entwickeln, dass der Dienst vor Gott und für Gott nicht zuerst eine Leistung ist, sondern eine Antwort, die aus der Freude kommt.

Es ist großartig, ihn kennen und ihm dienen zu dürfen in unserer Kirche. Es ist eine Gabe, ein Geschenk. Aber je mehr unter uns allen die Mentalität um sich greift, dass wir vor allem für Geld arbeiten, desto weniger wird Gott erfahrbar, sichtbar, desto weniger kann er unter uns wohnen. Desto weniger durchdringt er unser Inneres, eben deshalb weil er selbst reine Gabe, absichtslose Liebe für uns ist.

Geld? Dienen aus einem anderen Grund

Nun aber weiter: Christus kämpft für den Tempel, den Wohnort Gottes in der Welt, aber er macht zugleich noch viel Tieferes deutlich: Er selbst, Er Jesus, der Christus, ist der eigentliche Tempel. Reißt ihn nieder, sagt er, und ich baue ihn in drei Tagen wieder auf. Derjenige, ganz Mensch, in dem sich Gott selbst so radikal in die Welt eingelassen hat, dass sich fortan alle Beschreibung des Phänomens Tempel, später Kirche, nur mehr von ihm her sagen lässt.

Wohnort Gottes in der Welt ist zuerst Christus. Kirche ist deshalb der Ort, wo Christus wohnt und Durchgangstor zum Vater ist. Und weiter: Kirche sind fortan die Menschen, in deren Herzen Christus wohnt, sein Geist. Menschen, die glauben, dass Christus sie verwandeln will und kann. Es sind Menschen, die Christus kennen und lieben wollen. Kirche sind die Menschen, die teilhaben an seinem Leib, an seiner eucharistischen Gegenwart. Kirche sind die, die aus einem anderen Grund dienen und lieben wollen als Menschen in einer Welt, in der es vor allem um Kaufen und Verkaufen und um das Sich-verkaufen geht.

Merken die anderen, woher wir kommen?

Liebe Gemeindereferentinnen, lieber Gemeindereferent, Ihr wollt Kirche sein und Ihr seid Kirche. Ihr geht im Namen des Herrn, ihr lebt mit Ihm und tragt Ihn und sein Wort und seine Barmherzigkeit in die Welt. Nehmen wir an, Sie gehen zu einer nicht-kirchlichen Person. Wenn diese Person in der Begegnung mit uns Kirchlichen auf folgenden Gedanken käme, dann wäre schon einiges gewonnen. Also wir kommen zu jemanden hin. Und dieser Mensch denkt sich: „Also dieser Person, die da jetzt zu mir kommt im Namen der Kirche, der geht es jetzt offenbar nicht zuerst um Geld, um Verdienst und auch nicht zuerst um Arbeitszeit!

Dieser Person geht es offenbar wirklich um mich. Seltsam: Die ist so anders als viele andere, die mir auch noch in dieser Welt begegnen. Da scheint mehr durch!“ Wie schön, wenn das jemand so fühlen könnte durch uns, und auch durch euch, liebe Auszusendende. Der Dienst für Jesus, liebe Schwestern und Brüder, ist ein Dienst, der innerlich frei macht von Zwängen der Sicherheit, des Geldes, der Sehnsucht nach Anerkennung. Er lässt uns gehen und er verwandelt unser Herz immer mehr in ein Herz, dass wirklich aus dem Vertrauen leben kann: Jesus ist immer ist da und er geht mit.

„Jeder mit der Gabe, die er empfangaben hat“

Als eine Art Leitspruch für den heutigen Tag habt Ihr Euch den Satz aus der zweiten Lesung ausgesucht: Er heißt: (1Pet. 4:10) „Dient einander als gute Verwalter der vielfältigen Gnade Gottes, jeder mit der Gabe, die er empfangen hat.“ Das, meine Lieben, klingt sehr schön: Jeder hat Gaben empfangen, jeder unterschiedlich – und wir wollen lernen, sie füreinander einzusetzen in der Kirche.

Aber nun darf man nicht meinen, diese unterschiedlichen Gaben seien einfach nur so eine Art natürliche Talente. Also so: „Ich kann gut Fußballspielen, also spiele ich mit den Kindern Fußball oder ähnlich.“ Auch das darf natürlich sein. Aber der Autor des 1. Petrusbriefes präzisiert diesen Satz mit der Gabe noch einmal, wenn er folgendes anfügt: (1Pet. 4:11) „Wer redet, der rede mit den Worten, die Gott ihm gibt; wer dient, der diene aus der Kraft, die Gott verleiht. So wird in allem Gott verherrlicht durch Jesus Christus. Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen.“

Charismen entfalten lassen durch Ihn

Das ist schon ziemlich wuchtig: Reden wir aus den Worten, die Gott gibt? Handeln wir aus der Kraft,die Gott verleiht? Sind wir also zum Beispiel so in der Kraft Gottes, dass wir völlig ungefährdet wären für ein Burnout? Oder machen wir nicht doch häufig ganz viel aus eigener Kraft und reden uns vielleicht danach erst ein, dass der Herr Jesus schon irgendwie wird dabei gewesen sein? Wie lernt man das, meine Lieben, aus der Kraft Gottes zu sprechen, zu handeln, zu lieben?

Wie lernt man so zu dienen, dass Christus verherrlicht wird und der Vater? Es geht nicht ohne Gebet, es geht nicht ohne Schweigen, es geht nicht ohne die betende Beschäftigung mit seinem Wort. Täglich. Sie wollen, dass Ihr Dienst fruchtbar wird für Ihn? Dann lernen Sie bei Ihm bleiben. Einfach so. Lernen Sie ausruhen bei Ihm. Jeden Tag. „Wenn Ihr in mir bleibt, bringt Ihr reiche Frucht“, sagt er uns im Johannes-Evangelium. Und diesen Satz habe ich heute morgen auch dem neugeweihten Diakon schon nahe gelegt. Er ist so zentral! Denn Jesus fügt sogleich hinzu: „Ohne mich könnt Ihr nichts vollbringen.“

Gott verleiht Kraft, nicht Geld

Aber aus dem Bleiben bei Ihm wachsen Euch dann die berühmten Charismen zu, die mehr sind als nur natürliche Begabung. Sie können in diesen Begabungen schon grundgelegt sein, aber Gott gibt sie und lässt sie wachsen für die Gemeinde, für den Dienst. Wissen Sie schon, dass Sie eine wunderbare Katechetin sein können, für Kinder, für Jugendliche, für Alte? Weil Sie ein Geschick haben im Erklären, im Darstellen des Glaubens, weil Sie selbst etwas erlebt, verstanden, erfahren haben, in der Begegnung mit IHM?

Oder wissen Sie, dass Sie vielleicht Musik machen können, die auch geistliche Kraft hat, die Salbung hat, so dass sie Menschen im Herzen treffen kann? Oder weiß jemand von Ihnen schon, dass er bestimmte Dienste lernt von Herzen gern zu tun, die niemand anderer tun kann oder tun mag? Gott wird geben, wenn Sie mit Ihm leben. Gott wird die Kraft verleihen, zum Reden, zum Dienen, zum Lieben wenn Sie ihn ihm bleiben.

Nicht einfach den Betrieb aufrecht erhalten

Dieses, meine Lieben, ist das eigentliche Leben der Kirche. Es ist nicht das Aufrecht-erhalten des Betriebes. Es ist Leben aus seiner Kraft, zu seiner Verherrlichung und für die Menschen. Aber es ist so wichtig zu verinnerlichen, dass er uns zuerst geliebt hat, und dass wir Tempel Gottes werden, wenn wir uns von Ihm erfüllen lassen. Dazu müssen wir bei Ihm bleiben. Liebe Gemeindereferentinnen und lieber Gemeindereferent, vielleicht spüren Sie, dass mir die lebendige Beziehungspflege mit dem Herrn wirklich ein Herzensanliegen ist. Es geht um diese Beziehung, es geht in diesen Sinn ums Gebet. Ohne das wird alles andere fruchtlos.

Liebe Yvonne Gibis, liebe Jennifer Kinder, liebe Christine Resch, lieber Klemens Fastenmeier, ich durfte Ihnen allen schon mehrfach begegnen und freue mich sehr über Ihre Bereitschaft, sich als junge Christen vom Herrn in den Dienst nehmen zu lassen. Und ich bin froh und dankbar, dass Sie diesen Dienst in unserem so liebenswerten Bistum tun wollen. Gott segne Sie. Amen.