Bild: Pressestelle Bistum Passau

Missa Chrismatis – Gesalbt mit heiligem Öl

Gesalbt mit Chrisam: zugehörig zu Jesus. Die Predigt von Bischof Stefan Oster zur Missa Chrismatis 2015 im Passauer Stephansdom.

Liebe Priester und Diakone, liebe Firmlinge, liebe Schwestern und Brüder im Glauben,
wir sind hier in einem Gottesdienst vereint, in dem wir die heiligen Öle weihen. Die Öle sind das Mittel, mit denen Menschen gesalbt werden. Am öftesten verwenden wir das Chrisam. Es ist kostbar und riecht gut und intensiv.

In dieser Hl. Messe sind viele Firmlinge da, Ihr werdet in den nächsten Wochen alle noch einmal mit dem Chrisam gesalbt. Es sind auch viele Priester da. Auch sie sind bei ihrer Weihe mit dem Chrisam gesalbt worden. Und da wir eigentlich alle als Getaufte hier sind, wissen wir, dass wir alle, jeder und jede einzelne einmal mit Chrisam gesalbt worden sind – bei unserer Taufe. Warum? Weil es eines der intensivsten Zeichen für unsere Zugehörigkeit zu Jesus ist. Jesus ist der Messias, er ist der Christus. Das heißt übersetzt: der Gesalbte.

„Der Herr hat mich gesalbt“

In der ersten Lesung haben wir gehört wie der Prophet Jesaja sagt: „Der Geist des Herrn ruht auf mir, denn der Herr hat mich gesalbt“. Und im Evangelium bezieht Jesus selbst die Stelle auf sich und wiederholt sie: „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Ich bringe den Armen die gute Nachricht, ich verkünde Gefangenen Freiheit, ich schenke Blinden das Augenlicht und anderes mehr….“ „Und heute, sagt Jesus zu seinen Zuhörern, heute hat sich dieses Schriftwort erfüllt.“ Er ist der Gesalbte Gottes, der Christus.

Nun haben wir aber alle die Salbung Christi empfangen. Wir sind gesalbt auf seinem Namen und als Firmlinge werdet ihr noch einmal gesalbt und mit dem Geist Gottes gestärkt. Wir können jetzt fragen: Was macht die Salbung mit uns? In unserer katholischen Welt haben wir den Gebrauch der Worte Salbung und gesalbt leider weitgehend vergessen. Oder wir haben sie sogar schlecht geredet. Denn wenn heute ein Mensch spricht und wir sagen, es war salbungsvoll, dann bedeutet es in der Regel, es war vielleicht hochtrabend, aber zugleich auch langweilig und nichtssagend.

Salbung mit Geist und Kraft

Aber in der Bibel bedeutet Salbung genau das Gegenteil. Es bedeutet: mit Geist und mit Kraft. Wir können also sagen: Immer wenn ein Mensch so handelt oder spricht oder singt oder betet, dass davon wirklich geistliche Kraft, geistliche Wirkung ausgeht, dann ist Salbung da, geistliche Wirkung. Kennt Ihr das, dass Ihr in einem Gottesdienst seid und auf einmal seid Ihr mit hineingenommen in eine innere Freude oder Kraft oder ihr spürt einen Segen?

Manchmal geht das von einzelnen Menschen aus, manchmal aber auch von einer Gemeinschaft, vom Gebet und Gesang. Gott lässt wirken, Gott schenkt Salbung, wenn wir uns ihm öffnen, wenn wir uns innerlich vornehmen, ihn wirken zu lassen; wenn wir nicht so sehr darauf schauen, selbst zu glänzen, sondern wirklich ihn selbst leuchten zu lassen.

Wie Salbung wirkt

Aber wie wirkt Salbung? An dem, was Jesus sagt, können wir erste Hinweise entnehmen: Salbung wirkt tröstend von innen her und befreiend. Sie kann Herzen überwältigen, sie kann plötzlich ein tieferes Verstehen schenken für das Evangelium. Uns gehen dann gleichsam die Augen auf und wir erkennen etwas von Gottes Schönheit oder Größe. Salbung kann mich auch überführen, so dass ich erkenne, was in meinem Leben nicht in Ordnung ist – und es drängt mich dann zu Klärung hin.

Salbung kann mir den Mut geben, etwas freimütig zu sagen, was ich sonst nicht zu sagen gewagt hätte. Salbung kann Heilung schenken, Herzensheilung oder manchmal tatsächlich auch körperliche Heilung. Salbung kann Atmosphäre in einem Raum, einer Gruppe entstehen lassen, in der ich plötzlich ganz leicht ins Gebet finde. Alles das, Schwestern und Brüder, und anderes mehr, ist geistliche Wirksamkeit, ist Wirksamkeit von Salbung.

Gott liebt unsere Mitwirkung

Die Frage ist: Kann ich bewirken, dass meine Handeln als Christ, mein Sprechen von Jesus, meine Predigt als Priester oder Diakon gesalbt ist? Kann ich bewirken, dass davon eine geistliche Wirkung ausgeht? Nein, liebe Schwestern und Brüder, ich kann es nicht. Ich kann es nicht aus mir und meiner Anstrengung. Aber Gott liebt unsere Mitwirkung, unsere Kooperation. Je tiefer wir hineinfinden in das innere Gespür dafür, was Er tut und jetzt tun will, und je mehr wir lernen, daran mitzuwirken, desto gesalbter wird unsere Rede, unser Dienst, unser priesterliches Handeln und Sprechen über Jesus sein.

Gesalbt heißt geistlich wirkungsvoll

Gesalbt heißt kraftvoller, lebendiger, geistlich wirkungsvoll. Der Geist wirkt wo und wie er will, aber er ist derjenige, der uns, seine Geschöpfe zur Kooperation einlädt. Denn wir sind Gesalbte und Gesandte. Wir haben die Kraft empfangen aus der Höhe, die Kraft der Salbung, die uns trägt. Die Frage an uns alle, an mich selbst, an die Priester und Diakone an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirche, an die Firmlinge, an alle Getauften ist aber: Wie sehr sind wir tatsächlich Mitwirkende, oder wie sehr wollen wir alles selbst machen und unseren eigenen Willen durchsetzen, weil wir nicht recht glauben, dass Gott durch uns wirken will.

Oder wie sehr lassen wir uns auf den Geist ein, als Menschen des Gebets, als Menschen, die Gott immer mehr erkennen und lieben wollen? Wie sehr sind wir Menschen, die wirklich mit seinem Willen mitwirken wollen für die Menschen und für die Kirche? Jesus mahnt uns im Johannes-Evangelium einmal: „Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch. Bleibt in mir, wie die Rebe am Weinstock. Denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“

Bitten wir, dass er unsere Liebe zu Ihm vergrößert

In uns ruft es aber sogleich: „Aber Jesus: wir tun doch soviel, wir rackern uns täglich ab, wir organisieren und planen und machen und tun… Ist das alles nichts?“ Jesus würde auf diese Frage vielleicht antworten: „Schaut Ihr dabei wirklich auf mich? Auf mein Wort, auf meine Liebe? Vertraut Ihr, dass ich Euch die Kraft von oben wirklich geben kann und will, sofern Ihr bereit seid, aus meiner Gegenwart zu leben? Aus dem Bleiben in mir.“

Liebe Schwestern und Brüder, vor allem liebe Priester, liebe Diakone. Wir alle sind jeden Tag neu aufgerufen, das Bleiben beim Herrn einzuüben, das Sein mit Ihm und bei Ihm, die Liebe umsonst zu Ihm. Die Salbung kommt aus seiner Gegenwart in uns. Er gibt sie, wann und wo er will. Sie wirkt, dass sein Joch leicht wird und unsere Mühen freudiger und kraftvoller. Bitten wir Ihn immer neu, dass er unsere Liebe zu Ihm vergrößert, so dass die Menschen immer mehr spüren dürfen, dass wir die sind, die von Ihm gesalbt wurden, die Christen eben, die Gesalbten. Ich danke Ihnen und Euch allen von Herzen für alles, was Ihr im Namen Jesu für die Menschen und unser Bistum tut. Amen.