Olympia, die säkulare Kultur und unser Menschenbild – Statement zur Eröffnungsfeier von Olympia

Am 26. Juli wurden die Olympischen Spiele 2024 mit einer rund vierstündigen, spektakulären Show in der Pariser Innenstadt eröffnet. In einem Moment, einem Teil einer Tanz- und Modenshow, haben Dragqueens, Transgender-Models und ein Kind durch die Art ihrer Darstellung an das letzte Abendmahl mit Jesus und den Aposteln erinnert, in Nachahmung eines Bildes von Leonardo da Vinci. Zumindest ist das die Deutung zahlloser öffentlicher Kommentare.

Viele Menschen empfinden dies als Verhöhnung dessen, was Christen heilig ist. Bischof Stefan Oster kommentiert in einem Video-Statement, dass dieser Moment überdeutlich offenbart, wie sehr es im kulturellen Diskurs letztlich um die Aushöhlung des christlichen Menschenbildes geht.


Hier geht es zum Video zur Eröffnungsfeier von Olympia 2024:
YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Und hier der Text zur Eröffnungsfeier von Olympia 2024 zum Nachlesen:

Ihr Lieben,

die Eröffnungsfeier der olympischen Spiele war ein eindrucksvolles Fest und ein großes Spektakel für alle Sinne. Aber dieses Fest hat für mich einmal mehr deutlich gemacht und diesmal sogar mehr als deutlich, wie sehr im Grunde unser christliches Menschenbild auf dem Spiel steht. Normalerweise aber kommt die Aushöhlung dieses Menschenbildes eher verdeckt daher. Viele in der säkularen Gesellschaft suchen oft zunächst das, was uns alle eint im Menschenbild. Und dann spricht man von der Würde des Menschen, die allen zukommt, einfach weil sie Menschen sind. Und man spricht von Freiheit und einem Leben in Freiheit. Beides ist richtig. Aber wenn es um Freiheit geht, meint man dann schon mehr vor allem Wahlfreiheit, Handlungsfreiheit, Entscheidungsfreiheit, Freiheit des Konsums. Auch das gehört alles dazu. Und dann geht säkulare Diskurs unter dem Stichwort der freien Selbstbestimmung immer schon weiter, als unser christliches Denken.

Auch für uns Christen ist freie Selbstbestimmung natürlich wesentlich. Aber der säkulare Diskurs geht hier deutlich weiter. Hier betonen die meisten: Ich darf mit mir machen, was ich will. Ich bin der Herr meines eigenen Lebens, ich kann dieses Leben und damit auch seine Voraussetzungen gestalten, wie ich will, einschließlich jener biologischen Voraussetzungen, die mein Geschlecht bestimmen und einschließlich der Selbstbestimmung darüber, ob ich überhaupt leben oder sterben will. Und in einer freien Gesellschaft wie der unseren, hört sich selbst das noch für ganz viele Ohren vielleicht sogar christlich an. Weil natürlich unser Glaube auch mit Freiheit zu tun hat. Aber dennoch ist so ein Diskurs dann schon deutlich von unserem Menschenbild abgewichen. Und ich bin überzeugt, dass genau diese Abweichung auch das offene oder verdeckte Ziel breiter Strömungen der säkularen Gesellschaft ist, aber auch innerhalb der Kirche ist.

Doch für uns Christen gibt es eigentlich kein Freiheitsverständnis, das sich nicht irgendwie auf Gott bezieht. Auf einen Gott, der uns ursprünglich mit einer Freiheit beschenkt hat, die zuerst in der Ebenbildlichkeit mit ihm gründet. Mit ihm, der der absolut freie ist. Nun erzählt unser Glaube, dass wir uns als Menschen von Gott abgewandt haben, und dass wir dadurch Gefangene der Gottferne, der Sünde, des Bösen und des Todes geworden sind. Und das es deswegen ein Freiheitsstreben in uns gibt, das auch ohne Gott auskommen will. Gott aber, so sagt uns der Glaube, Gott will uns durch Jesus in eine neu erlöste Freiheit führen.

Er will, dass wir die werden, die wir sein können. Tiefer, freier, liebesfähiger und mehr, mehr ganz. Mehr wir selbst in der Ähnlichkeit zu ihm und in der Freundschaft mit Ihm. Und wir glauben, dass der eigentliche, ermöglichende Akt dieser neuen Freiheit die Lebenshingabe Jesu ist, die wir in jeder Eucharistie feiern. Deswegen ist uns Katholiken und vielen anderen Christen auf der Welt die Eucharistie oder die Feier des Abendmahls das Allerheiligste. Ausdruck von Gottes abgründiger, erlösender Liebe in Jesus, dem Gottmenschen.

Und jetzt erleben wir in einem weltweit übertragenen, kulturellen Großereignis, in olympischen Spielen und ihrer Eröffnung in einem ursprünglich tief christlich geprägten Land einen Akt der Verhöhnung und Verspottung dieses Allerheiligsten. Dragqueens imitieren Jesus und die Apostel und machen das Ganze zu einer queeren Party mit Modenschau. Womöglich, das sagen inzwischen nun auch einige Kommentatoren, gibt es in einer späteren Szenenfolge auch noch Anklänge an das Bildnis von einem „Mahl der Götter“. Aber mir scheint, die von vielen so identifizierte erste Szene doch sehr deutlich an das berühmte Bild vom Abendmahl von Leonardo da Vinci erinnern zu wollen.

Für mich wird deshalb hier in einem einzigen Moment deutlich, dass diejenigen Christen, die ihren Glauben auch in diesem Punkt des Menschenbildes ernst nehmen, dass die der eigentliche Gegner einer Gesellschaft sind, die sich im atemberaubendem Tempo selbst säkularisiert. Einer Gesellschaft, die sich damit von den Wurzeln abschneidet, auf denen sie gewachsen ist. Diese Kultur, so scheint mir, will mehrheitlich immer bewusster Gott los werden und damit gottlos sein, damit der Mensch endlich ganz in die eigene, freie Verfügung seiner selbst kommt.

Man möge sich übrigens nur einen einzigen Moment vorstellen, was zum Beispiel in der muslimischen Welt oder in der Welt der Hindus heute los wäre, wenn deren Allerheiligstes in dieser Weise verächtlich gemacht worden wäre.

Aber was heißt das nun für uns, liebe Geschwister im Glauben? Das Wesentliche lernen wir von Jesus: Wir müssen damit rechnen, dass es in unserer westlichen Gesellschaft so weitergeht. „Wenn sie mich gehaßt haben, werden sie auch euch hassen“, sind seine Worte und wir könnten ergänzen: „Wenn sie mich verhöhnt haben, dann werden sie auch euch verhöhnen“. Aber er ist gewaltlos geblieben und hat am Ende auch noch die geliebt, die ihn umgebracht haben. Aber ist er deshalb in Deckung gegangen und hat verzichtet, die Wahrheit zu sagen? Nein, er ist ja die befreiende Wahrheit und Liebe in Person. Und wir als Christen schulden der Welt diese Wahrheit, dieses Leben, das wirklich frei macht. Wir schulden es ihr durch unser Zeugnis. Auch dann, wenn es uns viel kosten wird. Gott segne Sie für dieses Zeugnis.