Im Passauer Dom trafen sich an Allerseelen zahlreiche Gläubige, um für die Verstorbenen zu beten. Besonders beteten Bischof Stefan und das Domkapitel für die verstorbenen Bischöfe, die in der Gruft unter dem Altar begraben sind, die zu diesem Anlass geöffnet worden war.
In einer Predigt erinnerte Bischof Stefan Oster an das christliche Verständnis von Tod und Ewigkeit und ermutigte dazu, die eigene Einstellung zum Tod zu reflektieren. Die Sterblichkeit werde in der Gesellschaft eher verdrängt. Doch der Tod kommt ab der Geburt auf jeden einzelnen Menschen zu. Aus geistlicher Sicht sei dieses Ausblenden der Gewissheit des Todes eine tödliche Gefahr.
„In dem Maß, in dem wir mit ihm innerlich verbunden sind, wächst und reift das neue Leben bereits in uns.“
Im Zentrum des Christentums stehe die Verehrung eines Toten – Jesus Christus –, der durch sein Sterben den ewigen Tod überwunden und besiegt habe. „In dem Maß, in dem wir mit ihm innerlich verbunden sind, wächst und reift das neue Leben bereits in uns. Und in diesem Maß wird der Tod für uns kein katastrophales Ende, vor dem wir uns fürchten müssten, sondern ein Übergang, bei dem so etwas wie eine Neugeburt geschieht oder vollendet wird“, so Oster.
Mit Bezug auf den Philosophen Platon, der die Überzeugung vertrat, dass Menschwerden „Sterben lernen“ bedeute, führte Bischof Oster aus, dass Sterben lernen auch Lieben lernen heiße. Und Lieben bedeute, den anderen um seinetwillen zu lieben und nicht für den eigenen Vorteil. So müsse innerlich etwas sterben, um die eigene Selbstzentriertheit und den Drang zum „Besitzen wollen“ zu überwinden.
Oster zitierte dazu den Schriftsteller C.S. Lewis: „Nichts, was du nicht losgelassen hast, wird dir jemals wirklich gehören.“ Und weiter: „Wenn sich jemand Ihnen oder Sie sich jemandem aus wirklicher Freiheit zuwenden um des anderen Willen, dann findet viel tiefer – oder es ist die Möglichkeit, dass viel tiefer – eine Beziehung von Herz zu Herz statt, als wenn wir den anderen gewissermaßen wie einen Gegenstand festhalten und besitzen wollen.“
„Nichts, was du nicht losgelassen hast, wird dir jemals wirklich gehören.“
Analog sei dies auch in der Gottesbeziehung: „Wir haben unseren Gott nicht im Griff. (…) Aber es gibt die Erfahrung, die geistliche Erfahrung, dass auch das wir gewissermaßen loslassen lernen müssen – innerlich –, um ihn um seinetwillen zu lieben, einfach weil er Gott ist und weil er uns nahe sein will.“
Gott könne man nicht besitzen und verzwecken: „Und wenn wir das lernen, in dem Maß, in dem wir lernen, Gott um Gottes Willen zu lieben und uns vor allem auch von ihm lieben zu lassen – denn das ist die Weise, wie er uns liebt –, dann lernen wir auch, uns in anderer Weise dem anderen zuzuwenden. Es bedeutet auch eine Art Loslassen von sich selbst. Um das Wort von Platon noch einmal aufzugreifen: In geheimnisvoller Weise auch sein Ich sterben zu lassen, um ins größere Leben zu kommen, um mehr ganz zu werden.“
Lesen Sie mehr über Allerseelen auf der Homepage des Bistums.
Die Predigt an Allerseelen hier als Video:
Hier zum Nachhören und Downloaden:
Hören Sie auch die Predigt aus dem vergangenen Jahr an Allerseelen: Allerseelen und rohe Kartoffeln