Das Profane und das Heil

Das Profane und das Heil. Die Kurzpredigt von Bischof Stefan Oster zur Profanierung der Maierhofspitalkirche in Passau 2016.

Liebe Schwestern und Brüder,
das ist ein schmerzlicher Schritt, einem Haus, das der Verehrung und dem Lob Gottes geweiht war, seinen ursprünglichen Zweck zu nehmen. Und es zukünftig einem nur weltlichen, einem profanen Bereich zuzuführen. Aber es ist auch ein Schritt in eine realistische Richtung; die Zahl der Kirchen und Kapellen, die wir in unserer Stadt haben, entspricht nicht mehr der Zahl derjenigen, die in diesen Gotteshäusern regelmäßig Gottesdienst feiern wollen.

Das Profane und das Heil

Und da ist Konzentration wichtig, sodass nicht nur kleinere Grüppchen von Gläubigen verstreut feiern, sondern dass sich Gottesdienstteilnehmer auch als tragende, größere Gemeinschaft erfahren. Freilich bin ich Pfarrer Josef Gailinger von Herzen dankbar, dass er nun schon viele Jahre mit einigen Getreuen hier so verlässlich und regelmäßig den Gottesdienst gefeiert hat. Ebenso wie der Mesnerin, Frau Ammerl, die ihm dabei so lange treu zur Seite stand.

Das Profane und das Heil: Der Zweck bleibt das Heilwerden

So bedauerlich es ist, dass wir diese Kirche profanieren, wie man sagt, so gut ist es doch, dass sie einem Zweck zugeführt wird, der zumindest Analogien zum Handeln der Kirche aufweist. Hier soll ein Festsaal und Vortragsraum entstehen für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in unserem Krankenhaus. Und das bedeutet, es geht immer auch direkt oder indirekt um das Mitwirken am Heilwerden der Menschen.

Heil wird hier zunächst in einem irdisch natürlichen Sinn verstanden, aber als Christen glauben wir an ein ganzheitliches Heil des Menschen. Es geht um die Quelle des Heils, die Verbindung mit Gott – und die schließt auch körperliches und seelisches Heil mit ein und nicht aus. Zudem wissen wir uns ja in unserer städtischen Klinik wie auch in den angrenzenden Einrichtungen der Kinderklinik und der Psychiatrie dennoch gut aufgehoben.

In allen Häusern gibt es sehr schöne und gut genutzte und für alle fußläufig erreichbare Kapellen – unterstützt von einer von vielen sehr geschätzten, qualitativ hochwertigen Krankenhausseelsorge. Der rein quantitative Verlust hält sich also in Grenzen.

Es ist nicht egal, was man glaubt

Und doch gibt uns das heutige Evangelium (Lk 13,22-30) zusammen mit diesem Anlass auch die Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie wir das Heil erlangen. Jesus spricht hier zunächst sehr streng darüber, dass es eine enge Tür gebe, die zur Rettung, zum ewigen Heil führe. Und er legt uns nahe, uns mit allen Kräften zu bemühen, hineinzukommen, denn es gebe viele, die es versuchten, aber nicht schaffen würden.

Das bedeutet, Jesus sagt hier – wie an vielen anderen Stellen des Evangeliums auch – dass die reale Möglichkeit besteht, seines Heils verlustig zu gehen. Und es wird aus dem ganzen Evangelium immer wieder klar, dass es für die Frage nach dem ewigen Heil keineswegs egal ist, was man glaubt und wie man lebt.

Das Profane: Das äußere Gebäude

Das erste, was aus unserer Sicht zum Heil führt, ist die gläubige Verbindung mit Christus; die innere Verbundenheit mit Ihm durch unser Beten, durch unsere gemeinsame Feier, durch die Sakramente, durch sein Wort, durch unseren Dienst am Nächsten  – und durch unsere Gemeinschaft als Kirche.

Das äußere Gebäude einer Kirche ist also der Versammlungsraum derer, die Jesus in ihrer Mitte wissen, die ihn feiern, die ihn kennen, die sich von ihm immer neu beschenken lassen. Der konkrete Ort Kirche ist also zugleich der konkrete Durchgangsort zum Heil. Hier begegnen wir dem Herrn, hier sind wir in der Kirche, hier sind wir also in einem sehr tiefen Sinn daheim; dort, wo das eigentliche Heil ist.

Jede Profanierung ist ein Verlust

Und daher ist eine Profanierung ein Verlust: Wir gehen eines Ortes verlustig, in dem wir das Heil feiern und erfahren. Andererseits können wir sagen: Hoffentlich hilft uns dieser Schritt, wenn wir nachher das Allerheiligste aus der Kirche entfernen, vielleicht hilft uns dieser Schritt, neu bewusst zu machen und uns neu zu verinnerlichen, dass es wichtig ist, dass wir solche Orte haben, dass wir in einem Bistum und in einem Land leben, wo wir Gott sei Dank noch viele solche Orte haben. Und dass wir neu einander helfen dürfen zu sehen, wie wertvoll und kostbar eigentlich solche Orte sind – und wie sehr sie uns auch einladen, hier den zu verehren, der unser Heil ist.

Und so verbinde ich mit dieser Profanierung heute den Wunsch: Möge dieser Raum auch in Zukunft von der Sorge erfüllt sein, den Menschen zum Heil zu verhelfen – und möge uns immer wieder neu aufgehen, wie dankbar wir sein dürfen, dass wir bei uns noch so viele Kirchenräume gibt, in denen Christus immer neu auf uns wartet, dass wir uns ihm gläubig nähern, dass wir ihm die Ehre geben, aber vor allem: dass wir uns von Ihm zum Heil führen lassen. Amen.


Das Bild zeigt vorne die Ministranten, von denen einer den Reliquienbehälter mit den aus dem Altar entfernten Reliquien trägt. Außerdem den Chef der Krankenhausverwaltung, Stefan Nowack. Hinten von links: Krankenhauspfarrer Josef Gerl, Josef Gailinger, langjähriger Seelsorger in der Maierhofspitalkirche, Bischof, Pfarrvikar Dr. Manuel Schlögl und Domdekan Dr. Hans Bauernfeind.