Am Sonntag, 17. Oktober, wurde im Passauer Dom – wie überall in der Weltkirche – auf Wunsch von Papst Franziskus ein Gottesdienst zur Eröffnung des weltweiten Synodalen Weges gefeiert. Bischof Stefan Oster hat in einer kurzen Auslegung des Evangeliums Bezüge zu diesem Weg hergestellt und dann dem Diözesanratsvorsitzenden Markus Biber die Gelegenheit gegeben, ein persönliches Zeugnis zur Thematik zu geben. Im Anschluss an die Predigt sind der Bischof und einige Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Generationen und Mitglieder des Diözesanrates miteinander ein kurzes Stück Weg buchstäblich miteinander gegangen – und haben dabei das Apostolische Glaubensbekenntnis gesprochen – zusammen mit der versammelten Gemeinde, um zu verdeutlichen: Wir sind in dem Glauben, der uns vereint, gemeinsam auf dem Weg. Im folgenden die Dokumentation der Predigt des Bischofs und des Zeugnisses von Markus Biber.
Bischof Stefan Oster:
Liebe Geschwister im Glauben,
unser Heiliger Vater, Papst Franziskus, schickt die Kirche auf einen neuen Weg. Er träumt von einer synodalen Kirche, einer Kirche, in der alle Glieder des Volkes Gottes gemeinsam auf dem Weg sind: Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer; diejenigen, die sich mitten in der Kirche beheimatet wissen und diejenigen, die sich am Rand fühlen oder ausgetreten sind oder auch solche, die noch nie dabei waren. Der Papst wünscht sich eine Kirche, die mitten in der Welt unterwegs ist. Er wünscht sich, dass wir eine Kirche sind, in der wir aufeinander hören, in der wir einander wirklich zuhören. Er wünscht sich eine Kirche, in der wir gemeinsam auf die Kraft des Geistes Gottes vertrauen und in der wir miteinander auf Gottes Wort hören, in der wir miteinander beten und feiern. Er wünscht eine Kirche, in der es Teilhabe aller gibt, in der eine Kultur der Transparenz gelebt wird. Er wünscht sich eine Kirche, die offen und im echten Dialog zugeht auf die Gesellschaft, auf andere Konfessionen und Religionen. Und er wünscht sich eine Kirche, in der wir alle uns als missionarische Jüngerinnen und Jünger begreifen, die andere einladen, Jesus kennen und ihm vertrauen zu lernen.
Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung – das sind die drei Stichworte, unter die Papst Franziskus diesen mehrjährigen, weltweiten Synodalen Weg gestellt hat. Dabei ist die Frage, wie wir in unserer Kirche mit Macht und Verantwortung umgehen, aus meiner Sicht eine der wichtigsten. Und ich möchte das am Evangeliumstext von heute verdeutlichen: Da kommen also zwei aus dem engsten Jüngerkreis zu Jesus und wollen sich ein besonderes Privileg erbitten: Sie haben ihn viel sprechen hören, von seinem Reich, vom Reich Gottes, von der himmlischen Herrlichkeit. Und vermutlich weil sie ja jetzt schon so nah bei ihm sein dürfen, erbitten sie sich also, dass sie in der Herrlichkeit des Reiches Gottes dann auch rechts und links von ihm sitzen dürfen. Und wenn wir da genau hinhören, dann geht es ihnen wohl um Macht, um Einfluss – und darum, dass diese Position auch von allen gesehen wird, um Anerkennung also. Rechts vom König sitzt gewissermaßen der Regierungschef, der Kanzler. Und sie wollen also auch im Namen Jesu mitherrschen. Und – um hier den beiden Jüngern auch ein wenig gerecht zu werden – auch diese Verheißung gibt es ja im Alten und im Neuen Testament: Diejenigen, die Gott erwählt hat, die Heiligen, die werden mit Gott zusammen über die anderen Menschen zu Gericht sitzen. Und Jakobus und Johannes wollen das auch. Aber Jesus macht nun deutlich: Die Herrschaft, die er, Jesus, meint, ist eine andere. Es ist letztlich eine Herrschaft der Liebe und des Dienstes. Und Jesus selbst wird bald nach diesem Gespräch deutlich machen, wie ernst er das meint. Er wäscht den Seinen die Füße, hält mit ihnen Mahl – und wird danach gefangen genommen, gefoltert und gekreuzigt. Und die Evangelien erzählen: Alles das ist ein freiwilliger Dienst, ist Hingabe – für die Vielen. Die beiden Jünger verstehen nicht, noch nicht. Später werden sie verstehen. Aber die anderen Jünger werden ärgerlich, vermutlich streiten sie mit den beiden, die sie als Vordrängler empfinden. Jesus belehrt sie dann schließlich sehr eindrücklich, dass es nicht darum geht, in den Augen der Welt der erste zu sein oder besondere Privilegien zu haben. Wer ernsthaft Ihm nachfolgen will, der wird ein Diener werden müssen, ja, Jesus benutzt sogar das Wort, er möge ein Sklave aller sein. Und das Maß an Verantwortung, das einer tatsächlich hat, wird erst durch das Maß seiner Dienstbereitschaft glaubwürdig. Wir wissen nicht genau, wie tief das alles in diesem Moment in die Herzen der Jünger gefallen ist, aber was uns dabei tröstet: Auch die Jünger waren schon damals nicht immer einig. Es gab Auseinandersetzung, es gab Eifersucht, es gab das Schielen nach dem eigenen Vorteil. Und alles das und noch viel mehr gab und gibt es auch immer in der Kirche. Aber das, was hilft und heilt – ist der immer neue Blick auf Jesus: Der Herzensblick auf Ihn und der ernsthafte Wunsch, Ihm in seiner Kirche nachzufolgen, schenkt Weite und Demut. Und eben das hilft im Ringen um Einheit – und es kann letztlich jedem und jeder helfen, seinen und ihren Platz in der Kirche als der großen Weggemeinschaft mit Jesus zu finden.
Ich möchte an dieser Stelle nun noch unserem Vorsitzenden des Diözesanrates, Markus Biber, Gelegenheit geben, aus seiner Sicht ein Zeugnis davon zu geben, wo und wie er vor allem in unserer Kirche von Passau Synodalität, also Weggemeinschaft von Kirche erlebt:
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Markus Biber:
Lieber Herr Bischof, vielen Dank für die Möglichkeit hier im Wege eines Glaubenszeugnisses an Ihre Predigtworte anschließen zu dürfen.
Liebe Schwestern und Brüder in Christus,
bei unserer gemeinsamen Zugfahrt zur II. Synodalvollversammlung in Frankfurt Anfang Oktober hatte Bischof Stefan die Idee, und fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, im Wege eines Glaubenszeugnisses bei seiner heutigen Predigt vom Synodalen Weg zu berichten. Dieses Angebot habe ich, wie Sie sehen können, gerne angenommen. Bereits hieran kann man erkennen, wie gut momentan das Verhältnis und auch das gegenseitige Vertrauen zwischen Diözesanrat und Bischof ist und wie wir gemeinsam versuchen Synodalität in unserer Diözese zu leben und zu etablieren.
Der synodale Weg begann für uns mit dem ersten Advent im Jahr 2019, als Bischof Stefan und ich hier im Dom die Kerze zum Synodalen Weg gemeinsam entzündeten. Ende Januar 2020 fand die erste Synodalvollversammlung in Frankfurt statt. Die Gremien des Synodalen Weges befassen sich seitdem in vier Foren mit den Themen „Macht und Gewaltenteilung“, „Priesterliche Existenz heute“, „Frauen in der Kirche“ und „Leben in gelingenden Beziehungen“.
Im Nachgang zu diesem ersten Treffen überlegten wir uns, wie wir den synodalen Weg am ehesten für uns in der Diözese Passau greifbar und fruchtbar machen können. In Gesprächsforen, die wegen Corona zunächst nur digital per Videokonferenz später auch in Präsenz stattfinden konnten, konzentrierten wir uns zunächst auf den Themenbereich Macht und Gewaltenteilung, in welchem die jeweiligen Diözesen im Vergleich zu den weiteren Forenthemen auch den größten eigenen Handlungsspielraum haben. Aus diesen Gesprächsforen wiederum wurde ein Thesenpapier mit dem Titel „Kirche vor Ort 2030“ entwickelt. Aus den dort enthaltenen Thesen, sich zu überlegen wie man seine Gemeinde weiterentwickeln kann, wurde schließlich mit Hilfe einer kleinen Schreibwerkstatt ein Brief erarbeitet und nach gemeinsamer Überarbeitung durch Bischof Stefan und meiner Wenigkeit Anfang Oktober 2021 an alle Pfarrgemeinderäte versandt. Mit diesem Brief möchten wir alle Pfarrgemeinderäte ermutigen sich bei den Neuwahlen am 20.03.2022 weiter zu engagieren oder neue Mitstreiter zu gewinnen. Auch sind weitere Gesprächsforen in größerer Besetzung geplant
Neben diesen aktuellen Entwicklungen leben wir in der Diözese aber auch aufgrund einer schon länger zurückliegenden Entscheidung von Bischof Stefan und der daraus resultierenden Praxis durchaus Synodale Formen. So werden Mitglieder des geschäftsführenden Diözesanratsvorstandes an den Leitungsgremien der Diözese wie dem Bistumsrat beteiligt. Bei den aktuell in der Diözese diskutierten strategischen Überlegungen wurden wir mit den Räten und Verbänden früh in die Entwicklungsprozesse einbezogen, um eine gemeinsame Meinungsbildung herbeizuführen.
Auch der regelmäßige, niederschwellige und unkomplizierte Austausch in Bischofsgesprächen, Gesprächsforen oder bei den Diözesanratsvollversammlungen oder sonstigen Veranstaltungen trägt zu dieser vertrauensvollen Zusammenarbeit bei, was nicht selbstverständlich ist. Hier ist in gegenseitigem Respekt voreinander etwas gewachsen, das zum Nutzen der Kirche von Passau und wahrscheinlich ausgehend von der Formulierung seiner Prämissen für den weltweiten synodalen Weg („Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“) auch Papst Franziskus gefallen dürfte.
Bei all diesen Gelegenheiten herrscht jedoch keineswegs immer durchgängig eine Meinung sondern treffen auch einmal kontroverse Positionen aufeinander. Sollte hier im Synodalen Miteinander einmal kein Konsens hergestellt werden können, ist vor dem Hintergrund der wechselseitigen Hermeneutik des Wohlwollens jedenfalls aber ein Ringen um eine gemeinsame Lösung spürbar. Genau dies wünschen wir uns auch für die Arbeit in den Pfarrgemeinderäten.
Die neue Pfarrgemeinderatsperiode wird den Pfarrgemeinderäten so viel Mitbestimmung und Gestaltungsmöglichkeiten wie nie zuvor und damit aber auch so viel Verantwortung wie nie zuvor bescheren. Auch werden Sie an den strategischen Überlegungen der Diözese zur Weiterentwicklung der pastoralen Räume und Gemeinden mitarbeiten können und helfen können diese vor Ort umzusetzen. Daher auch heute mein Appell an Sie alle – engagieren Sie sich bitte in Ihren Gemeinden vor Ort und beteiligen Sie sich an den Pfarrgemeinderatswahlen 2022.
Die Verkündigung unseres Glaubens funktioniert nur, wenn wir alle gemeinsam dazu beitragen. Hier schließt sich auch wieder der Kreis zu unserem heutigen Evangelium:Die anderen Jünger sind verärgert über das Vordrängen und Wichtigtun von Jakobus und Johannes. Eine zutiefst menschliche Reaktion. Wir sehen: Neid, Missgunst, Rivalitäten und Eifersucht – all das gab es schon bei den ersten Jüngern nicht erst heute. Aber Jesus hat genau diese ganz normalen Menschen – Menschen wie Dich und mich – um sich gesammelt! Zugleich aber erinnert sie Jesus mit den bekannten Worten, „bei Euch aber soll es nicht so sein“ daran, dass nur der der Anderen dienst wirklich groß ist.In diesem Sinne hoffe ich sehr, dass auch Sie sich weiter in Ihren Gemeinden engagieren.
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Zum Synodalen Weg
Bischof Stefan hat sich bereits in der Vergangenheit mehrmals zum Synodalen Weg geäußert. Eine Stellungnahme zu den einzelnen Bereichen finden Sie hier.