„Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes“: Christen sind ausgesandt für Gott und die Menschen. Die Predigt von Bischof Stefan Oster zur Aussendung der GemeindereferentInnen 2014.
Liebe neue Gemeindereferenten,
„als Diener Christi soll man uns betrachten und als Verwalter von Geheimnissen Gottes“. Das ist der erste Satz der Lesung, die Ihr für diesen Tag Eurer Aussendung ausgewählt habt. Ich gratuliere Euch dazu. Denn allein dieser Satz trifft schon mitten ins Herz dessen, worum es geht. Ihr werdet ausgesandt im Dienst der Kirche, im Dienst für die Gemeinde, in die Ihr geht, für die Menschen, zu denen Ihr gesandt seid, besonders auch zu den Schülerinnen und Schülern, denen Ihr als Religionslehrer gegenüber steht.
Aber der erste Satz der Lesung sagt: Ihr seid zuerst Diener Christi. Die erste Ausrichtung Eures Dienstes ist er. Paulus nennt sich selbst recht oft „doulos“ Christi, das heißt Sklave oder Knecht Christi. So nah fühlt er sich ihm zugehörig, dass er keinen anderen Wunsch hat als seinen Willen zu tun. Nun seid Ihr noch nicht gleich Paulus, aber Ihr gehrt für Christus, für ihn geht Ihr zu den Menschen.
Diener Gottes und der Menschen
Um was zu tun? Um einfach nah bei den Menschen zu sein? Wäre das genug? Oder muss nicht vielmehr all Euer Handeln im Dienst der Kirche gewissermaßen gebunden sein im Vertrauen, im Glauben an den, für den Ihr geht. Die Kirche hat das, was sie tut, in drei Grundvollzügen beschrieben: Liturgie, Martyrie und Diakonie, oder auch: Sie feiert den Gottesdienst, sie gibt das Zeugnis des Glaubens und sie dient dient den Menschen in vielfältigen Formen.
Das II. Vatikanische Konzil hat formuliert, die Eucharistiefeier, die wir gerade feiern, sei Quelle und Höhepunkt des kirchlichen Lebens. In sie fließt alles hinein, aus ihr fließt alles hervor. Was ist das alles? Es ist die Gegenwart Jesu in unserem Leben. Sie ist nicht nur etwas Gedachtes, sie ist etwas sehr Reales, vielmehr will sie vom bloß Gedachten immer mehr zur konkreten Realität Eures Lebens werden.
Erfülltes Sprechen
Eure Verkündigung, Euer Zeugnis des Glaubens, Euer Sprechen von Gott, beispielsweise in der Schule, fließt daraus. Ihr wisst selbst, dass es erfülltes Sprechen gibt, das lebendig und kraftvoll ist und eines, das einfach kluge Wörter spricht, aber man weiß nicht recht, ob der, der sie spricht auch darin steht, oder dahinter steht. Wir sagen, wir verkünden das Evangelium, die Frohe Botschaft. Aber ich sage ehrlich: Mir ist das, was hier Botschaft heißt, eigentlich ganz häufig viel zu wenig.
Das Evangelium ist eine Botschaft, aber es ist zugleich viel mehr. Es hat lebensverändernde Kraft, wenn das Geheimnis Christi in Euch und in den Menschen wirklich lebendig wird. Paulus hat ja im ersten Satz gesagt: Wir sind Diener Christi und Verwalter von Geheimnissen Gottes. Ihr verwaltet Geheimnisse Gottes, meine Lieben. Und ein Geheimnis ist im Sinne des Paulus nicht etwas Rätselhaftes, Unverständliches, es ist etwas Tiefes, etwas, das man letztlich nicht ausschöpfen kann, aber dennoch ist es etwas, das man kennen, in dem man leben kann – ohne es jemals vollständig erfasst zu haben.
Die Gegenwart Gottes erfassen
Wie sollte man das auch: die Gegenwart Gottes in unserem Leben vollständig erfassen. Aber mit ihr vertraut sein, immer mehr in sie hinein wachsen, immer mehr ein Zeuge, eine Zeugin werden, das ist möglich. Und wenn Jesus in uns lebendiges Zeugnis werden will, dann will er das nicht nur in unserem Sprechen, sondern auch in unserem Handeln. Er will, dass unser Handeln von der Liebe durchwirkt ist, die nur er geben kann.
Wissen Sie, auch damit – mit dem Dienst am Anderen – gehen wir oft sehr schnell und selbstverständlich um. Wenn ich gut bin zu den Menschen, dann bin ich schon ein Christ. Aber so einfach ist es nicht. Denn in der Tiefe gibt es immer einen Unterschied in meinen Motiven. Warum bin ich gut zu den Anderen? Damit sie mich auch mögen? Weil ich keine Kritik vertragen kann? Weil ich dafür bezahlt werde von der Diözese als Gemeindereferent? Oder weil ich möglichst viel Lob und Ankerkennung brauche?
Diener aus Liebe
Paulus sagt uns letztlich: Der wichtigste Grund dafür ist: „Die Liebe Christi drängt uns.“ Ist er mit seinem Geist und seiner Liebe in uns gegenwärtig, so dass wir befähigt werden, aus ihr zu handeln? Dann wird unser Handeln wirklich liebend und weniger abhängig von der Anerkennung der Anderen oder von bloßen Nützlichkeitserwägungen. Der Jünger Christi zeichnet sich nach dem Johannes-Evangelium geradezu dadurch aus, dass er aus Christus lebt und liebt – und diese Liebe unterscheidet sich von dem, was die Welt so gängigerweise für Liebe hält.
Im Evangelium für den heutigen Tag hören wir einen Text, in dem der Auferstandene seine Jünger aussendet – in die ganze Welt. Es ist der Schluss des Matthäusevangeliums. Sie sind auf einem Berg in Galiläa, dort wo alles angefangen hatte, aber er schickt sie hinaus in die Welt. Matthäus enthält uns aber auch nicht vor, dass einige Zweifel haben. Deshalb schildert er, wie Jesus nun auf sie zugeht, wie er von seiner Vollmacht spricht und von der Zusage: Seid gewiss, ich bin bei Euch alle Tage, bis zum Ende der Welt.
Jesus geht mit mir
Liebe Schwestern und Brüder, wir brauchen die Zeit, in der Jesus auf uns zugehen und uns stärken kann, in der er unsere Zweifel auf die Seite schieben kann und uns innerlich mit der Gewissheit erfüllen kann: Ja, er ist da. Er geht mit mir.
Im Lukas-Evangelium gibt es eine Variante zu diesem Motiv. Lukas schildert, wie der Auferstandene vor der Himmelfahrt den Jüngern verheißt, dass das Evangelium in seinem Namen allen Völkern verkündet würde. Aber er fügt hinzu: Bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft aus der Höhe erfüllt werdet. Das Bleiben in der Stadt, so dass Jesus auf uns zukommen, so dass uns sein Geist erfüllen kann, dieses Bleiben ist die Voraussetzung dafür, meine Lieben, dass wir dann auch wirklich in seiner Kraft hinaus gehen können. Wenn wir nicht gelernt und eingeübt haben, bei ihm zu bleiben; wenn wir nicht gelernt haben, uns tatsächlich geistlich nähren zu lassen, aus der Schrift, aus dem Gebet, aus den Sakramenten, dann läuft all unser Handeln Gefahr, zum bloßen Betrieb zu werden. Und wenn wir ehrlich sind: wir oft ist in unserer Kirche unser ganzes Machen bloßer Betrieb?
Der Diener kennt seinen Herrn
Ich möchte Euch daher nahelegen. Ihr seid Christus-Kenner, aber ich bitte Euch: werdet es jeden Tag mehr. Und Kenner heißt nicht zuerst Vielwisser, es heißt zuerst: ein Liebhaber, einer der Christus liebt und ihn deswegen immer mehr kennen lernen will; einer der weiß, von wem er spricht, wenn er von seinem Herrn spricht. Als Diener Christi soll man uns betrachten, sagt Paulus. Wie schön wäre es, wenn die Menschen immer mal wieder von Euch sagen würden. Ja, das sind Diener und Dienerinnen Christi.
Liebe Maria Bartl, liebe Herren Brunner, Geier, Koller und Pfeiffer: Ich habe manche von Euch schon öfter getroffen und vor einigen Tagen wart Ihr bei mir im Büro zu einem intensiven Gespräch. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass ich so fitte, lebendige junge Leute als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Diözese habe.
Dienst für den Bischof, Diener Jesu
Ihr arbeitet im Dienst des Bischofs, aber der eigentliche Dienstgeber auch für den Bischof, ist unser Herr. Ihm seid Ihr verpflichtet und vor Ihm dürft Ihr auch Rechenschaft ablegen. Aber noch viel mehr: zu Ihm dürft Ihr all die Anliegen und die Menschen bringen, für die Ihr da seid und da sein wollt.
Wenn es Euch gelingt, all das immer wieder in ein ehrliches betendes Gespräch mit Ihm zu bringen und dann auch bisweilen einfach bei Ihm zu lassen, dann wird Euch die Balance gelingen zwischen zuviel und zuwenig, zwischen Nähe und Abstand, zwischen Brauchen und Gebrauchtwerden. Dann wächst in Euch die innere Freiheit, die wie Paulus sagen kann: Ich habe den guten Kampf gekämpft.
Ich danke Euch für Eure Bereitschaft, für den Herrn zu gehen und darf Euch jetzt in seinem Namen aussenden. Amen.