Bild: Anna Hofmeister

Interview: Den unfassbaren Jesus begreifbar machen

Believe and Pray ist ein Gebetsabend mit Lobpreis, Stille, Dank und Fürbitte, einem Vortrag sowie Diskussions- und Fragerunde. Bischof Stefan Oster versucht mit diesem Format, vor allem Jugendliche für Jesus zu begeistern. Gelingt das? Ist diese Art der Katechese zeitgemäß? Im Gespräch mit dem Passauer Bistumsblatt zieht er eine Zwischenbilanz.

 

Herr Bischof, Sie haben Believe and Pray sehr schnell aus der Taufe gehoben, als Sie nach Passau gekommen waren. Was hat Sie bewogen, diese Gebetsabende für junge Menschen zu starten?

Bischof Oster: Als ich damals nach Passau kam, habe ich ja recht bald von neuer Evangelisierung gesprochen und die Frage gestellt: Wie geht Evangelisierung heute? In meiner Zeit im Kloster Benediktbeuern hatte ich dieses Format mit jungen Menschen schon eingeübt und entwickelt – und dann in unser Bistum mitgebracht – einfach um zu zeigen, dass neue Evangelisierung möglich ist, und um vielleicht auch andere dazu anzuregen. Seit über acht Jahren biete ich also 14-tägig Abende an, an denen wir ernsthaft miteinander nachdenken über den Glauben und in den Lobpreis finden. Wir haben dazu auch wunderbare Musikerinnen und Musiker. Ich halte einen Impulsvortrag, es gibt dann Fragen oder Gespräch über den Impuls. Wir gehen in die Stille – und danach sitzen wir noch gesellig beieinander. Und all das hat sich für mich als eine Möglichkeit herausgestellt, zu zeigen: Es ist möglich, dass heute junge Menschen in den Glauben geführt werden können. Ich mache das bislang übrigens alles mit einem wunderbaren Team von ehrenamtlichen jungen Leuten, die sich einfach dafür einsetzen wollen, dass andere Menschen zu Jesus finden.

Was ist das Schöne an BnP? Was bleibt bei den Jugendlichen?

Bischof Oster: Es ist ganz unterschiedlich. Weil ja jeder anders ist. Aber ich erlebe zum Beispiel immer wieder bei einigen so etwas wie eine echte Bekehrung. Damit meine ich, dass sie so in ihren Herzen berührt worden sind, dass sie sagen: Ich schau jetzt anders auf meine Leben, habe eine neue Perspektive, habe tieferen Sinn, habe Berührung mit Gott erfahren und so etwas. Mancher würde auch sagen: Ich bin dem Herrn begegnet. Andere kommen vor allem aus dem Interesse für intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Glauben, wieder andere, weil sie gerne mit Lobpreismusik beten. Für viele gilt aber tatsächlich: Es gibt eine Berührung, die eine Veränderung bewirkt. Das heißt für mich: das Ineinander von geistlicher Atmosphäre, Gebet, herausfordernder Verkündigung, Einladung zum Selbstdenken und wachsender Gemeinschaft, kann junge Menschen in jedem Fall tiefer zu sich selbst und zu Gott bringen.

Was war das Beeindruckendste, was Sie bis jetzt bei Believe and Pray erlebt haben?

Bischof Oster: Im letzten August wurde eine junge Frau getauft, die zuvor weit, weit weg von unserem Glauben war. Sie ist davor ungefähr drei Jahre lang zu Believe and Pray gekommen. Die Taufe habe ich selbst mit ihr gefeiert und damit zusammen die Erstkommunion sowie die Firmung – zusammen mit vielen, die auch zu BnP kommen. Das war eine wirklich schöne Erfahrung, weil zu spüren war, dass sie sich in großer Freiheit nach einem langen Weg des Nachdenkens und Betens entschieden hat und sie im Gespräch mit vielen anderen in die Tiefe gekommen ist. Ich denke außerdem an eine andere Person, die ich in einer Osternacht getauft habe, nachdem sie lange bei Believe and Pray war und die inzwischen in ein Kloster eingetreten ist.

Was bewirken die Abende bei Ihnen selbst? Wie bereiten Sie sich darauf vor?

Meine Vorbereitung besteht immer aus einem Impulsvortrag, der meistens eine halbe Stunde dauert. Unter der Woche nehme ich das Thema mit ins Gebet und denke darüber nach. Am Samstagabend oder am Sonntagnachmittag schreibe ich dann Stichpunkte auf, über was ich dann sprechen werde. Zuletzt hatte ich eine Themenreihe über Gleichnisse Jesu. Gerade habe ich eine über die Abschiedsreden Jesu im Johannesevangelium. Ich habe auch schon einmal eine ganze Reihe übers Glaubensbekenntnis gemacht. Daraus ist auch das Buch Credo entstanden, das dann in drei Auflagen erschienen ist. Die Abende bewirken für mich selbst erstens die regelmäßige Begegnung mit jungen Menschen – und wenn man sieht, wie sie in den Glauben finden, stärkt das natürlich wiederum auch den eigenen Glauben und in mir gibt es regelmäßig ein frohes Staunen darüber, dass das Evangelium wirklich wahr ist, dass Gottes Geist in den Menschen am Werk ist.

Welche Reaktionen haben Sie auf das Format bekommen?

Bischof Oster: Viele kommen seit Jahren und wollen, dass es so bleibt – auch wenn ich selbst immer wieder darüber nachgedacht habe, vielleicht das Format zu ändern oder etwas Neues zu machen. Für manche ist es echt geistliche Heimat geworden. Nach den Abenden stelle ich die Vorträge zudem online. Sie sind dann auf meinem Blog, SoundCloud und Spotify nachzuhören. Demnächst können die Vorträge auch auf meinem YouTube-Kanal als Video angeschaut werden.

Darauf bekomme ich tatsächlich häufig Rückmeldungen – von überall her. Mancher schreibt so etwas wie: „Davon lebe ich geistlich“ oder „Davon zehre ich“.  Erst vor kurzem hat sich ein junger Mann gemeldet, der zum Priester geweiht wird – und dankbar geschrieben hat, dass diese Inhalte prägend für seinen Weg waren. Auch online haben mir Menschen schon ihre Bekehrungen durch die BnP-Impulse rückgemeldet. Das ist zwar alles keine Massenreaktion, aber für einige scheint es tatsächlich tiefgreifend zu sein. Und wenn ich unterwegs in Deutschland bin und immer wieder darauf angesprochen werde, dann staune ich doch über die Verbreitung.

Was müsste man evtl. ändern und der Zeit anpassen?

Bischof Oster: Gute Frage. Das überlege ich auch immer wieder. Wir haben ja eigentlich eine Altersgrenze: von 15 bis 35 Jahren.  Doch mancher ist z.B. mit 32 dahin gekommen, hat eine tiefere Erfahrung gemacht und sagt: „Ich kann doch jetzt nicht gehen“ – und ist aber jetzt schon 37 Jahre alt. Daher sind wir nun weniger streng geworden mit der Altersgrenze. Wir schicken auch niemanden weg, der kommt. Wollen aber insgesamt schon eher jünger bleiben. Aber die Frage bleibt eine Suchbewegung. Hat das Format Zukunft? Das frage ich mich auch immer wieder.  Aber jetzt mache ich das seit acht Jahren und wir sind immer etwa zwischen 30 und 70 Leuten. Es gibt sowas wie den harten Kern und dann kommen oft ganz unterschiedliche Leute oft von überall her. Manchmal kommt plötzlich jemand von irgendwo aus Deutschland, der das einfach mal erleben wollte. Oder es kommen sehr regelmäßig junge Leute, die eine oder zwei Stunden Anfahrt in Kauf nehmen – das berührt mich. „Believe and Pray“ ist auch nicht niederschwellig: So ein Abend dauert ohne das Gesellige gut eineinhalb Stunden. Da muss man schon einen inneren Zug haben, dass man sich drauf einlassen kann. Andererseits sagen manche, das sei für sie ein geistliches Wellnessbad. „Da erleben wir, dass wir wirklich ins Nachdenken kommen über den Glauben, dass wir ins Gebet kommen. Wir haben auch Zeiten der Stille und Zeiten, um Fragen zu stellen.“ Wie gesagt: Es ist nicht niederschwellig. Und trotzdem gelingt es, seit Jahren sehr regelmäßig junge Menschen zu einem so explizit geistlichen Angebot zu mobilisieren. Das finde ich schon besonders.

Es soll bei all dem aber nicht heißen, das sei das Spezial-Hobby des Bischofs. Es soll ja etwas sein, das auch andere motiviert. Ich möchte die Leute animieren, selbst etwas zu probieren, selbst neue Wege zur Glaubensverkündigung zu suchen und zu gehen. Natürlich frage ich mich auch, wie sehr hängt es an meiner Person? Würde es auch weiterlaufen, wenn ich es abgebe? Ich weiß es nicht genau. Aber ich denke, solange junge Menschen dadurch in den Glauben finden oder darin wachsen, passt es auch in die Zeit.

Eine interessante Neuerung sind Ihre YouTube-Videos, die jetzt entstehen. Was erhoffen Sie sich davon?

Bischof Oster: Wenn wir allein die Audio-Datei meines Vortrags auf SoundCloud und Spotify stellen, erreichen wir ein paar hundert Nutzer, bei YouTube werden es wohl eher ein paar tausend sein. Das heißt: Wenn es darum geht, mit dem Evangelium Menschen zu erreichen, ist das ein Weg. Aber er ist natürlich aufwändiger. Worum es mir auch geht: Wir alle merken ja, dass die Glaubensinhalte verdunsten. Können Menschen ihren Glauben erklären? Können Menschen über ihren Glauben sprechen? Wissen wir eigentlich, was wir glauben, wenn wir so große Wörter wie Heil, Erlösung, Gnade und Sünde sagen? Wissen wir, was wir da meinen? Und ich versuche im Grunde immerfort, aus den Quellen, die wir haben, den Glauben zu erklären. Und hoffentlich auch so, dass er irgendwie auch etwas mit dem Leben der Teilnehmer zu tun hat. Ich will damit auch zeigen: Glaube ist nicht einfach nur banal, es ist nicht einfach nur Humanismus der Nettigkeit. Glaube bedeutet nicht einfach nur, dass der Herr Jesus mit Jesus-Latschen durch Palästina gelaufen ist und nette Sachen gesagt hat. Das hat er – Gott sei Dank – auch, aber er war doch zugleich so etwas wie ein Erdbeben. Er hat unglaublich viel in Bewegung gebracht, viele angezogen oder abgestoßen und er hat den Lauf der Geschichte verändert. Und das liegt an IHM selbst:  ER selbst ist die Botschaft, er ist der Retter! Und das darzustellen und zu zeigen, wer er ist, und Menschen davon zu faszinieren, das ist mein tiefstes Anliegen überhaupt. Und wenn sich jemand tatsächlich faszinieren lässt – wunderbar!

Interview: Wolfgang Krinninger im Passauer Bistumsblatt