Über das Bild des Feuers, das Bild des Feuers in der Nacht. Die Predigt von Bischof Stefan Oster anlässlich der Veranstaltung „Nightfever“ im Passauer Stephansdom 2015.
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
„Nightfever“ heißt diese Nacht und die Form, wie wir hier beten, feiern, Gott und einander begegnen, die hat sich seit dem Weltjugendtag vor 10 Jahren in Köln wie eine Art Markenzeichen durch ganz Europa verbreitet. Sie ist nun seit letztem Jahr auch zum ersten Mal hier in Passau angekommen. Fieber der Nacht, Nightfever. Das Bild des Fiebers erinnert an erhöhte Temperatur, an Brennen, an Feuer.
Das Bild des Feuers
Es gibt in unserem Bistum auch eine Gruppe von jungen Menschen, die in einem kleineren Rahmen, ähnliche Abende wie diesen hier feiern und beten und sie nennen sie „Nightfire“. Nicht als Konkurrenz, sondern einfach weil sie auch Sehnsucht haben, Gott zu begegnen und andere einzuladen, sich anzuschließen – ein wenig anders, dezentraler, aber mit ähnlichem Anliegen. Und ich möchte mit Euch und Ihnen deshalb ein wenig beim Bild des Feuers bleiben, und auch des Feuers in der Nacht.
Johannes der Täufer spricht vom Bild des Feuers
Vielleicht wart Ihr auch am vergangenen Sonntag in der Hl. Messe, da haben wir von einer großen adventlichen Gestalt gehört, vom Täufer Johannes, vom Vorläufer Jesu in der Wüste, von dem der das Kommen des Messias ankündigt und sein Volk darauf vorbereitet.
Und dieser Johannes ist ein wortgewaltiger Gottesmann. Das Volk, das zu ihm in die Wüste hinauspilgert, fragt sich: Ist er vielleicht der Messias. Und Johannes sagt darauf hin etwas sehr denkwürdiges: „Ich taufe euch nur mit Wasser als Zeichen der Umkehr, aber nach mir kommt einer, der wird euch mit dem Hl. Geist und mit Feuer taufen – und ich bin nicht wert, ihm die Schuhriemen zu öffnen.“
Als Getaufte warten wir auf den Herrn
Meine Lieben, ist euch schon einmal aufgefallen, dass damit wir gemeint sind? Wir Getaufte, die hier miteinander in der Nacht auf den Herrn warten? Wissen wir, dass wir nicht nur mit Wasser getauft sind, sondern bereits mit Feuer und dem Hl. Geist.
Wissen wir, dass wir schon diesen Geist in uns haben, den Geist, in dem wir mit Feuer getauft sind? Oder denken wir von uns manchmal ein wenig resigniert: Na ja, ich frag mich erstmal, ob ich überhaupt schon wirklich mit Wasser getauft bin, ehe ich über den Hl. Geist und sein Feuer nachdenke?
Die Kerze im Bild des Feuers
Meine Lieben: der Hl. Geist ist hier, er ist in uns und unter uns. Er eint uns und will uns befähigen hinauszugehen, als Menschen mit Feuer. Und ich bin allen dankbar, die hier so intensiv mit vorbereitet haben, vor allem auch denen, die mit einer Kerze, mit Feuer hinausgehen und einladen. Die Menschen einladen, hier ein Licht anzuzünden für sich selbst, für ihr Leben, für ihre Lieben, für viele, viele Anliegen. Der Herr ist hier, er ist nachher in einer Monstranz, die strahlt wie Feuer.
Aber unsere Frage ist vielleicht: Wie geht es, das Feuer, das hier in uns ist und unter uns ist, auch wieder anzufachen, wieder heller werden zu lassen in unseren Herzen, in unserer Kirche? Das Bild des Feuers ist ja mehrdeutig, es gibt auch das schnell aufflackernde Strohfeuer, das keinen Bestand hat, oder das Symptom des Burn-out, des Ausgebrannt-seins, ohne Feuer.
Die Monstranz
Wenn wir nachher auf die Monstranz schauen, auf unseren Herrn in der Gestalt der Heiligsten Eucharistie, dann ist das ja so etwas wie ein offensichtlicher Widerspruch für die natürlichen Augen: ein ungeheuer prächtiges, strahlendes Gefäß, sehr wertvoll, sehr kostbar. Ein Gefäß, das diese Strahlen darstellt, das Feuer, das von Jesus ausgeht.
Aber in der Mitte enthält die Monstranz zunächst einmal etwas gar nicht Strahlendes. Es ist etwas Einfaches in ihm, etwas Unscheinbares, ein weißes Stück Hostie, ein Stück Brot. Es ist einfach da und wenn es nicht in diesem Gefäß da wäre, sondern sagen wir einfach irgendwo liegen würde, würden wir es mit größter Wahrscheinlichkeit gar nicht beachten.
Von der Gegenwart Jesu durchstrahlt
Diese Schlichtheit kann uns einen Hinweis geben auf die Frage: Wie werden wir mehr und mehr Menschen, die von Jesu Gegenwart durchstrahlt werden? Dieses kleine Stück eucharistisches Brot ist erfüllt von der Gegenwart des Herrn, Er ist in dieser Schlichtheit einfach da und will uns nähren, Er nährt durch das eucharistische Brot vordergründig unseren Leib, aber tiefer unsere Seele, unseren Geist.
Wir sind eingeladen
Und wir dürfen lernen, uns nähren zu lassen. Dazu gehört so etwas wie Demut, demütige Geduld, liebe Schwestern und Brüder, die Demut wirklich davon auszugehen, dass nicht ich selbst mir den Sinn meines Lebens geben kann, auch nicht echte Liebesfähigkeit, auch nicht das, was wirklich Freiheit bedeutet, sondern das kommt von dem, der hier unter uns gegenwärtig ist, von diesem Brot des Lebens.
Er ist da, unter uns und in uns, und wir sind eingeladen, immer neu vor ihm hinzukommen. Wir sind eingeladen, uns vor ihm zu beugen, aber auch vor ihm einfach da zu sein, mit der Bitte, dass er unser Herz öffnen und darin eintreten kann. Mit der Bitte, dass er darin aufräumt, dass er mein Herz wahrhaftiger macht, vertrauensvoller und liebesfähiger. Mit der Bitte, dass er darin das Feuer neu entfacht, das durch seinen Geist schon in uns eingesenkt wurde.
Das Bild des Feuers und das Bild der Nacht
Das Bild der Nacht steht hierfür. Die Nacht ist selten spektakulär. Sie ist normalerweise ruhig, die Menschen schlafen. Aber gerade in die Nacht, auch in die Nacht unseres Herzens hinein, geschehen die großen christlichen Wunder. Unsere beiden größten Feste, die Menschwerdung und die Auferstehung Jesu, feiern wir in Nächten: in der Weihnachts- und in der Osternacht. In den Nächten geschieht die Wende, die Umkehr, die Erneuerung.
Nach der Weihnachtsnacht und nach der Osternacht ist alles anders. Es geht um so etwas wie Empfangen-können, liebe Schwestern und Brüder, um so etwas wie das einfache Bleiben-können vor Ihm. Es geht um die Geduld, die Liebe zu Ihm, die uns bewusst oder unbewusst hierher geführt haben. Eine solche schlichte, dienende, empfängliche Haltung vor Ihm , die macht uns nach und nach zu tiefen Zeuginnen und Zeugen dieser Gegenwart in der Welt. In jedem von uns ist schon der Funke oder die kleine Flamme da, aber sie braucht Nahrung, Herzensnahrung, im Stillen, im Frieden, bildlich gesprochen auch in der Nacht.
Wir spüren, der hat das Feuer in sich
Liebe Schwestern und Brüder, ich durfte einige Menschen kennen lernen, die so verkündigen konnten – mit Worten oder auch nur mit Taten; Menschen, bei denen man gespürt hat, die haben das Feuer in sich, die sind mit Geist und Feuer getauft. Deren Taufe ist in ihrem Herzen lebendige Wirklichkeit.
Und ich muss sagen, dass diese Menschen, die mich tief bewegt haben, in den allermeisten Fällen Menschen waren, die wussten, was es heißt, einfach vor dem Herrn da zu sein und alles von Ihm zu erwarten, in der Demut, im Unbedeutend-sein. Darin ist ihre innere Stärke und Tiefe erwachsen, oft über viele Jahre. Viele der ganz tiefen Zeugen und Zeuginnen tragen einen Schatz in sich, den sie oft Jahre genährt haben. Der Ihnen von Jesus geschenkt worden und innerlich immer mehr zugewachsen ist.
Brennen im Bild des Feuers
Liebe Schwestern und Brüder, Nightfever oder Nightfire, das sind Abende, in denen viele Menschen manchmal sehr niederschwellig und einfach, aber oft auch voller Tiefe und Qualität neu entdecken können, was es heißt, einfach vor Ihm da zu sein – sich von ihm trösten und nähren zu lassen – und so nach und nach verwandeln zu lassen.
Auf dass das Feuer auf die Erde komme und in uns immer mehr zu brennen beginne. Komm Heiliger Geist, beten wir so oft, komm, schenk uns immer neu Dein Feuer. Mache uns neu und erneuere so auch das Angesicht deiner geliebten Welt. Und lass durch Dein Feuer in uns Zeichen und Wunder geschehen, vor allem solche, in denen sich die Herzen verwandeln und Menschen sich von neuem aufmachen, deine Jüngerinnen und Jünger zu werden. Amen.