Vom 01. bis 05. Januar fand in St. Louis die so genannte „SEEK-Konferenz“ statt. Die jährliche Konferenz wurde dieses Mal im Bundesstaat Missouri mit über 20.000 Teilnehmern, mehrheitlich Studenten, organisiert. Die SEEK-Konferenz ist die jährliche Großveranstaltung von Focus, die zum Ziel hat, während mehrerer gemeinsamer Tage voller Gebet, Gemeinschaft und zahlreichen Vorträgen junge Leute in die Begegnung mit Christus zu führen und zu führen, sie im Glauben zu stärken und für seine Weitergabe auszurüsten.
Be the light
Die Konferenz startete am 01. Januar unter dem Motto „Be the light“, das sich durch die fünf Tage wie ein roter Faden zog. Zahlreiche Vorträge bildeten neben täglicher Heiliger Messe und Gebetszeiten das Hauptprogramm. Bekannte Referenten wie Father Mike Schmitz, Emily Wilson, Edward Sri und zahlreiche weitere sprachen über das Fundament des Glaubens, die Liebe Gottes, die Gebrochenheit der Welt, die Erlösung durch Christus und die Verantwortung der Glaubensweitergabe, die daraus folge. Einen Höhepunkt bildete ein Gebetsabend mit eucharistischer Anbetung und der Möglichkeit zur Beichte. „Hier geht es im Grunde immerfort und auf ganz viele Arten und Weisen darum, wie ich in eine Beziehung mit Christus in seiner Kirche finde.“ berichtet Bischof Stefan Oster von der Konferenz.
Gemeinsam mit sechs Priestern des Bistums und über 20 Studierenden und Focus-Missionaren aus Passau ist Bischof Stefan Oster zur SEEK gefahren (Hier der ausführliche Bericht zum Nachlesen). Vor Ort wurden dem Bischof einige Fragen gestellt. Die Antworten findet ihr hier! Seid gespannt!
Von Focus wurde während den Tagen in St. Louis schon verkündet, dass es im kommenden Jahr auch eine erste europäische SEEK-Konferenz geben soll. Sie wird im Januar 2025 in Köln stattfinden. Bis dahin gibt es auf der Seite www.seekreplay.com alle Vorträge der diesjährigen Konferenz zum Nachsehen.
Hier findet ihr eine Vortragsreihe zum Credo von Bischof Stefan Oster – schaut gerne mal rein!
Über FOCUS:
FOCUS bedeutet Fellowship of Catholic University Students und ist eine Initiative zur Evangelisierung, besonders im universitären Kontext. Vollzeit tätige, durch Spenden finanzierte Missionare möchten durch Mitleben am Campus und Freundschaften die Hoffnung und Freude des Evangeliums nahebringen. Durch Bibelstudien, Einsätze, Missionsreisen und Alltagsbegleitung inspirieren und stärken die Missionare andere im Glauben und senden sie aus, um die gute Nachricht zu verbreiten. Im Herbst 2016 sandte FOCUS erstmalig zwei Missionsteams nach Europa. Auf Einladung der Ortsbischöfe nahmen die ersten Missionsteams ihre Arbeit in Wien und Graz auf. Im Herbst 2018 wurde die Diözese Passau als erster Standort in Deutschland mit einem FOCUS Team verstärkt. Aktuell gibt es in Europa 21 Missionare, die an fünf Universitäten in Österreich, Deutschland, Irland und Großbritannien tätig sind.
Kommentare
Sehr geehrter Bischof Oster,
danke für Ihre Eindrücke. Da ich selbst nicht dort war, steht mir ein Urteil nicht zu – ich will aber nicht verschweigen, dass solche Veranstaltungen (die es sehr wohl in ähnlicher Form auch in Europa gibt) bei mir unter dem Verdacht des Charismatischen stehen. Ich muss Ihnen sagen, dass mir der Charismabegriff der Theologie naiv erscheint: Die Schattenseiten des Verführens kommen nicht klar hervor. Nicht umsonst debattieren wir heute über „charismatische“ Persönlichkeiten in der Kirche wie Jean Vanier oder Marcial Maciel, die zu Missbrauchstätern wurden. Charisma ist vor allen Dingen gefährlich!
Ich ziehe einen nüchternen Glauben vor – ohne Begeisterung, dafür vernünftig; leise, aber tragfähig; ohne Wunder, dafür gegenüber der säkularen Welt vertretbar; ohne Charisma, dafür dauerhaft.
Erlauben Sie mir noch eine Anmerkung: Ihre Ausführungen zur Freiheit laufen auf eine Relativierung hinaus. Sie sagen, auf dieser Konferenz seien Fragen, was man dürfe oder solle, sekundär. Genau das ist das Problem: Es sind primäre Fragen – sie als sekundäre Fragen einzureihen ist eine Form der Unfreiheit. In diesem Fall wäre Religion tatsächlich „Opium für das Volk“. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, welche seelische Schäden KKK 2352 bei heranwachsenden Menschen verursacht hat? Die genannte Stelle ist entsprechend unserer humanwissenschaftlichen Erkenntnisse wider die menschliche Natur, sie ist daher auch naturrechtlich nicht begründbar. Hier irrt die Kirchenleitung.
Sie sagen, eine liberalisierte Kirche löse sich auf. Ich sage: Nur eine Kirche, die Menschen ethisch begründbare Freiheit zuspricht, steht in der Nachfolge Jesu. Ihr Freiheitsbegriff inkludiert offenbar auch ethisch unbegründbare Einschränkungen der Kirche, die sich überlebt haben.
Verzeihen Sie die offenen Worte, aber Ihr Video hat mich als gläubigen (katholischen) Christen in seiner Begeisterung wirklich erschreckt. Ich fürchte, dass Ihre Kirche und meine Kirche zunehmend nicht mehr unsere Kirche ist.
Nachdenklich,
Heinz Niederleitner.
Sehr geehrter Herr Niederleitner,
was Sie mit charismatisch verbinden, weiß ich nicht genau. Aber wenn Sie meinen: Ekstatisch Händeheben beim Gottesdienst, in Zungen reden, Heilungsveranstaltungen und anderes mehr, dann war die Seek – soweit ich sie erlebt habe – weitgehend frei davon. Die Hl. Messen am Morgen waren schlichte, schön gestaltete Hl. Messen im Novus Ordo. Ohne großen Firlefanz, aber mit sehr schönem Chor und Orchester, meist mit klassischen Weihnachtsliedern, die auch wir kennen. FOCUS versteht sich jedenfalls nicht explizit in der charismatischen Tradition. Daher frage ich mich, wer Sie darüber informiert hat. Ich habe den Eindruck, sie sind dort schlicht und einfach katholisch nach dem derzeitigen Stand der Überlieferung: Konzil, Schrift, auch Katechismus.
Zweitens: Auch bei Ihren Ausführungen zur Freiheit fühle ich mich nicht getroffen. „Sekundär“ bedeutet hier nicht einfach unwichtig, sondern es ging vielmehr zuerst und vor allem um Christus, um die Begegnung mit ihm – die dann in eine heilsame Gestalt der Freiheit führen kann. Analog zum Exodusgeschehen: Erst ist die Erfahrung Israels: Wir begegnen dem lebendigen Gott, der führt uns aus der ägyptischen Gefangenschaft – und erst danach stellt sich die Frage: Wie lebt ein Volk nun weiter mit dieser Erfahrung? Welche Weisungen braucht es dazu, dass es darin bleiben kann? Erst jetzt kommen die 10 Gebote, der Dekalog. Die moralischen Normen folgen der Erfahrung der Befreiung. Das Problem ist: Was Christen aller Zeiten unter „zur Freiheit hat euch Christus befreit“ in der Tiefe erfahren haben – ist durchschnittlich kaum mehr Gegenstand heutiger volkskirchlicher christlicher Erfahrung und folglich auch nicht der Verkündigung. Daher kommt die häufige Reduzierung kirchlichen Lebens auf moralische Vorschriften oder Verbote. Die Freiheitserfahrung geht diesen Vorschriften nämlich nicht mehr voraus. Die große Frage ist also: Von welcher Freiheit redet Paulus hier? (Gal 5,1 – und von welcher Knechtschaft?)
Drittens: Was Sie über KKK und humanwissenschaftliche Erkenntnisse sagen: Die Kirche denkt über Rettung, Erlösung, neue Schöpfung, neue Geburt nach. Die Humanwissenschaften kennen nur den empirisch vorfindbaren Menschen. Und der ist nicht mehr heil, er ist gebrochen und ein Sünder – nicht nur, aber auch. Daher: Die Humanwissenschaften können qua Methode nicht sagen, welche Entwicklung zu größerer Ganzheit, zu tieferer Personwerdung, zu wachsender Heiligkeit im Drama menschlicher Selbstwerdung richtig oder falsch wäre. Es überschreitet ihre Methode. Die Kirche hat aber in ihrer Lehre eben das im Blick und urteilt von dort aus. Mehr dazu im Video oder auch zum Nachlesen hier: https://stefan-oster.de/der-synodale-weg-iv-die-absichtslose-liebe-und-unsere-sexualitaet/
Beste Grüße und Dank für Ihren Beitrag
SO
Sehr geehrter Herr Bischof,
danke für Ihre ausführliche Replik. Was die Diskussion um die offizielle kirchliche Sexuallehre betrifft, kann ich unter anderem auf die Arbeiten von Martin M. Lintner und Eberhard Schockenhoff verweisen. Nur weil ich mich offenbar unvollständig ausgedrückt habe, ergänze ich, dass ich Charisma im Sinne Max Webers als Form der Herrschaft verstehe (siehe: Wirtschaft und Gesellschaft, §10ff.) und das selbstverständlich auch in der katholischen Kirche Charisma eine Machtfrage ist (vgl. z.B. Céline Hoyeau, Der Verrat der Seelenführer. Macht und Missbrauch in Neuen Geistlichen Gemeinschaften. 2. Auflage Freiburg/Br. 2023).
Mit bestem Gruß,
Heinz Niederleitner.
Sehr geehrter Herr Niederleitner,
danke für die Mail: Die Arbeiten der beiden Theologen, die Sie nennen, sind mir geläufig. Eberhard Schockenhoff war anfänglich bis zu seinem tragischen Tod noch mit mir im Forum IV des Synodalen Weges.
Sie könnten beispielsweise auch noch die Arbeiten von Frau J. Knop („Beziehungsweise“) oder H. Dörnemann/S. Leimgruber („Sexuelle Bildung“) in derselben oder ähnlichen Linie dazulegen. Alle genannten Arbeiten treffen m.E. nicht den Ausgangspunkt, von dem ich selbst versuche, das Thema zu entfalten. Näher daran ist die so genannte Theologie des Leibes von Papst Johannes Paul II., die in der Tiefe ihrer Durchdringung anthropologisch, theologisch, existenziell und spirituell von den anderen nicht erreicht wird. Das Problem für die anderen: Johannes Paul ist selbstverständlich der Tradition treu und entfaltet zugleich neue Sichtweisen. Diese „Treue“ zur Tradition ist freilich nicht wenigen ein Dorn im Auge. Offensichtlich „darf“ das nicht einfach wahr sein, was unsere Gesellschaft mehrheitlich nicht mehr akzeptiert.
Dass das, was Sie mit Charisma bezeichnen zweideutig ist und der Gefahr des Machtmissbrauchs unterliegt: Keine Frage. Aber diese Gefahr besteht grundsätzlich in jedem Beziehungshandeln, in dem es ein Machtgefälle oder Wissensgefälle oder personales Reifungsgefälle gibt. Denken Sie an Lehrer-Schüler-Verhältnisse, ja, auch an seelsorgliche Verhältnisse, an therapeutische Verhältnisse zwischen Arzt und Patient etc. Überall bestehen solche Gefährdungen – einfach deshalb, weil wir in unserer Fähigkeit heile, befreiende Beziehungen zu leben, nicht allzu gut sind. Die Liebesfähigkeit, die wirklich christlich ist, ist im Neuen Testament dramatisch gefordert (denken Sie an die Forderungen zur Vergebung, zur Kreuzesnachfolge, zur Haltung, die andere Wange hinzuhalten, die Feinde zu lieben – und viele mehr) – aber selten in der Tiefe verstanden und gelebt. In diesen Horizont (!) gehören aber schließlich auch die Herausforderungen, wie Sexualität gelingend gelebt werden kann.
Herzlich
SO