Warum Umweltschutz und Lebensschutz für Christen zusammengehören. Das Statement von Bischof Stefan Oster zur Diskussion um seine Teilnahme an den Demonstrationen „Fridays for Future“ (20.9.2019) und „Marsch für das Leben“ (21.9.2019).
Als Christ bin ich der Überzeugung, dass beides zusammengehört: Der Einsatz für die Bewahrung unserer Schöpfung und der Schutz des Lebens, vom Zeitpunkt der Empfängnis bis zum letzten Atemzug. Die Bereitschaft, Verantwortung für Gottes Schöpfung zu übernehmen, finde ich bei den vielen jungen Menschen vor, die gegen eine rücksichtslose Ausbeutung unseres Planeten unter dem Motto „Fridays for Future“ auf die Straße gehen.
Umweltschutz und Lebensschutz gehören zusammen
Als Jugendbischof der Deutschen Bischofskonferenz fühle ich mich den jungen Menschen und ihren Anliegen nahe. Und im Blick auf ihr Anliegen bin ich durch sie tatsächlich sensibler geworden für die Dringlichkeit des Problems. Denn es geht ja nicht nur um das Klima, sondern zum Beispiel auch um das Artensterben oder die Vermüllung der Ozeane oder um die dramatischen Folgen, die vor allem benachteiligte Menschen jetzt schon erleiden.
Als mindestens ebenso dringlich betrachte ich das Anliegen des Schutzes derjenigen, die sich am wenigsten wehren können: Ungeborene Kinder, die durch Abtreibung bedroht sind – und denen beim „Marsch für das Leben“ eine Stimme gegeben wird. Ich möchte außerdem für eine Gesellschaft einstehen, die sich für Frauen, die ungewollt schwanger sind, dergestalt einsetzt, dass sie ihnen Hilfe, Schutz und Zuwendung zukommen lässt – und Probleme nicht mit Abtötung löst.
Niemand von uns war „etwas“
Denn niemand von uns war irgendwann einmal „etwas“ und wurde dann später „jemand“, sondern wir sind von Anfang an „jemand“, auch im Mutterleib. Wir gehören von Anfang an zur Gattung Menschenwesen und sind damit Personen mit Würde und Recht auf Anerkennung, geschaffen als Gottes Abbild.
Diese beiden Grundüberzeugungen, die Bewahrung der Schöpfung und der Schutz des menschlichen Lebens, haben mich also veranlasst zu demonstrieren. Beides gehört übrigens integral zusammen, denn es gibt sowohl in der Natur, wie im menschlichen Leben Dimensionen, die uns nicht zur Verfügung stehen. Weder der Mensch, noch sein Körper, noch die Natur insgesamt sind bloße Verfügungsmasse für egoistische Wünsche des Menschen, sondern haben immer auch ihre eigene Würde und Schutzwürdigkeit.
Es geht um Grundlegendes
Ich bedauere sehr, dass von einigen nicht gesehen wird, dass es mir dabei um Grundlegendes geht – und gerade nicht um eine nur vordergründige Einmischung in Tagespolitik. Wo Mensch und Natur zur Verfügungsmasse von Ideologien werden, gräbt sich unsere Gesellschaft die Fundamente ab, auf denen sie ruht. Dass freilich beide Interessen auch wieder gefährdet sind, bloß Ideologie zu werden, liegt nicht in der Natur der Sachen, um die es geht, sondern eher in der Anfälligkeit des Menschen dafür.
Interessant finde ich jedoch allemal, dass ich für meine Teilnahme an beiden Demonstrationen jeweils Zustimmung oder Ablehnung aus den verschiedenen politischen Lagern bekommen habe, zum Teil beides aus demselben Lager. Zugleich erlebe ich vor allem in Internetkommentaren eine dramatische Verrohung des Umgangs miteinander, aber auch extreme Polarisierung.
Christen befinden sich in einer gesunden Mitte
So finde ich mich durch die Teilnahme an beiden Demonstrationen dem Vorwurf ausgesetzt, sowohl Teil einer ökofaschistischen radikalen Linken zu sein (wegen Umweltschutz), wie eben auch Teil einer angeblich braunen Rechten (wegen Lebensschutz). Beide Extreme machen freilich deutlich, dass wir uns als Christen, die für beide Anliegen einstehen, in einer gesunden Mitte befinden.
Und nur nebenbei: Wenn ich doch von einigen Mitgliedern einer C-Partei so deutlich für meine Teilnahme bei „Fridays for Future“ kritisiert wurde, so merke ich doch zugleich, dass dieselbe C-Partei beim Thema Lebensschutz nicht erst in jüngster Zeit immer kleinlauter geworden ist. Wenn das so ist: Wie sehr werden dann aber prinzipielle Fundamente gegen parteipolitisches Kalkül abgewogen?
Im Übrigen: Hier noch ein lesenswertes Dokument der deutschen Bischöfe zum Umweltschutz: Deutsche Bischöfe – Zehn Thesen zum Klimaschutz.