Umweltschutz und Lebensschutz – wesentlich für Christen

Statement zur Diskussion um meine Teilnahme an den Demonstrationen „Fridays for Future“ (20.9.) und „Marsch für das Leben“ (21.9.)

Als Christ bin ich der Über­zeu­gung, dass bei­des zusam­men­ge­hört: Der Ein­satz für die Bewah­rung unse­rer Schöp­fung und der Schutz des Lebens, vom Zeit­punkt der Emp­fäng­nis bis zum letz­ten Atem­zug. Die Bereit­schaft, Ver­ant­wor­tung für Got­tes Schöp­fung zu über­neh­men, fin­de ich bei den vie­len jun­gen Men­schen vor, die gegen eine rück­sichts­lo­se Aus­beu­tung unse­res Pla­ne­ten unter dem Mot­to ​Fri­days for Future“ auf die Stra­ße gehen. Als Jugend­bi­schof der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz füh­le ich mich den jun­gen Men­schen und ihren Anlie­gen nahe. Und im Blick auf ihr Anlie­gen bin ich durch sie tat­säch­lich sen­si­bler gewor­den für die Dring­lich­keit des Pro­blems. Denn es geht ja nicht nur um das Kli­ma, son­dern zum Bei­spiel auch um das Arten­ster­ben oder die Ver­mül­lung der Ozea­ne oder um die dra­ma­ti­schen Fol­gen, die vor allem benach­tei­lig­te Men­schen jetzt schon erleiden. 

Als min­des­tens eben­so dring­lich betrach­te ich das Anlie­gen des Schut­zes der­je­ni­gen, die sich am wenigs­ten weh­ren kön­nen: Unge­bo­re­ne Kin­der, die durch Abtrei­bung bedroht sind – und denen beim ​Marsch für das Leben“ eine Stim­me gege­ben wird. Ich möch­te außer­dem für eine Gesell­schaft ein­ste­hen, die sich für Frau­en, die unge­wollt schwan­ger sind, der­ge­stalt ein­setzt, dass sie ihnen Hil­fe, Schutz und Zuwen­dung zukom­men lässt – und Pro­ble­me nicht mit Abtö­tung löst. Denn nie­mand von uns war irgend­wann ein­mal ​etwas“ und wur­de dann spä­ter ​jemand“, son­dern wir sind von Anfang an ​jemand“, auch im Mut­ter­leib. Wir gehö­ren von Anfang an zur Gat­tung Men­schen­we­sen und sind damit Per­so­nen mit Wür­de und Recht auf Aner­ken­nung, geschaf­fen als Got­tes Abbild.

Die­se bei­den Grund­über­zeu­gun­gen, die Bewah­rung der Schöp­fung und der Schutz des mensch­li­chen Lebens, haben mich also ver­an­lasst zu demons­trie­ren. Bei­des gehört übri­gens inte­gral zusam­men, denn es gibt sowohl in der Natur, wie im mensch­li­chen Leben Dimen­sio­nen, die uns nicht zur Ver­fü­gung ste­hen. Weder der Mensch, noch sein Kör­per, noch die Natur ins­ge­samt sind blo­ße Ver­fü­gungs­mas­se für ego­is­ti­sche Wün­sche des Men­schen, son­dern haben immer auch ihre eige­ne Wür­de und Schutzwürdigkeit.

Ich bedaue­re sehr, dass von eini­gen nicht gese­hen wird, dass es mir dabei um Grund­le­gen­des geht – und gera­de nicht um eine nur vor­der­grün­di­ge Ein­mi­schung in Tages­po­li­tik. Wo Mensch und Natur zur Ver­fü­gungs­mas­se von Ideo­lo­gi­en wer­den, gräbt sich unse­re Gesell­schaft die Fun­da­men­te ab, auf denen sie ruht. Dass frei­lich bei­de Inter­es­sen auch wie­der gefähr­det sind, bloß Ideo­lo­gie zu wer­den, liegt nicht in der Natur der Sachen, um die es geht, son­dern eher in der Anfäl­lig­keit des Men­schen dafür. 

Inter­es­sant fin­de ich jedoch alle­mal, dass ich für mei­ne Teil­nah­me an bei­den Demons­tra­tio­nen jeweils Zustim­mung oder Ableh­nung aus den ver­schie­de­nen poli­ti­schen Lagern bekom­men habe, zum Teil bei­des aus dem­sel­ben Lager. Zugleich erle­be ich vor allem in Inter­net­kom­men­ta­ren eine dra­ma­ti­sche Ver­ro­hung des Umgangs mit­ein­an­der, aber auch extre­me Pola­ri­sie­rung. So fin­de ich mich durch die Teil­nah­me an bei­den Demons­tra­tio­nen dem Vor­wurf aus­ge­setzt, sowohl Teil einer öko­fa­schis­ti­schen radi­ka­len Lin­ken zu sein (wegen Umwelt­schutz), wie eben auch Teil einer angeb­lich brau­nen Rech­ten (wegen Lebens­schutz). Bei­de Extre­me machen frei­lich deut­lich, dass wir uns als Chris­ten, die für bei­de Anlie­gen ein­ste­hen, in einer gesun­den Mit­te befinden.

Und nur neben­bei: Wenn ich doch von eini­gen Mit­glie­dern einer C-Par­tei so deut­lich für mei­ne Teil­nah­me bei ​Fri­days for Future“ kri­ti­siert wur­de, so mer­ke ich doch zugleich, dass die­sel­be C-Par­tei beim The­ma Lebens­schutz nicht erst in jüngs­ter Zeit immer klein­lau­ter gewor­den ist. Wenn das so ist: Wie sehr wer­den dann aber prin­zi­pi­el­le Fun­da­men­te gegen par­tei­po­li­ti­sches Kal­kül abgewogen?

Im Übrigen: Hier noch ein lesenswertes Dokument der deutschen Bischöfe zum Klimaschutz

Deutsche Bischöfe – Zehn Thesen zum Klimaschutz