Sehr geehrter Herr Bischof,
Ihre Predigt hat mich gestern sehr berührt. Ihre tiefen und schönen Gedanken haben bei mir zugleich Fragen aufgeworfen, da mir bei diesem Thema eindeutig die theologischen Grundkenntnisse fehlen, was ich als schade empfinde.
1. Sie haben davon gesprochen, dass wir Menschen uns mit dem Leib mitteilen. „Ich kann nicht anders mit der Welt kommunizieren als mit meiner Leiblichkeit.“ Ja, klar, irgendwie ist der Leib immer mit dabei. Aber gibt es auch eine Kommunikation von Seele zu Seele? Wie schätzen Sie das ein? Zwei Beispiele: Als mein Vater auf der Intensivstation lag, spürte ich, dass er sterben wird. Ich wusste es einfach, obwohl er sich leiblich nicht mitteilen konnte und obwohl die Ärzte es mir ausreden und es nicht wahr haben wollten. Die Ärzte wären eigentlich die gewesen, die die Sprache des Leibes am besten deuten hätten können müssen. Ich fühlte es und es war dann auch so. In der folgenden Nacht verstarb mein Vater. Eine Sprache in Liebe von Seele zu Seele ist dies möglich??? Oder gibt es nicht auch Erzählungen von Müttern, die gespürt haben, dass ihr Kind verunglückt oder im Krieg getötet wurde, obwohl das Kind viele Kilometer weit entfernt war, also eine leibliche Kommunikation nicht möglich war? Gibt es mehr als ein Mitteilen durch den Leib?
2. „Wir glauben, dass die Verstorbenen in die größere Erneuerung finden können, die sie selber nicht mehr bewirken können, weil sie nicht Personen im vollen Sinn sind.“ Im 2. Makkabäerbrief heißt es, dass Judas für die Verstorbenen ein Sündopfer darbringen will, um sie von der Sünde zu befreien. Oder wie ist der Psalm zu deuten, den wir am Sonntag der 2. Woche bei der 2. Vesper beten: „Tote können den Herrn nicht mehr loben, keiner der ins Schweigen hinabfuhr“. Eigentlich glauben wir doch, dass wir im Himmel nur noch Gott loben, weil wir wegen seiner unfassbaren Herrlichkeit gar nicht anders können. Die beiden Texte sind lange vor der Auferstehung Jesu geschrieben, aber sind sie trotzdem in dem obigen Sinn zu verstehen?
3. Was ich als wunderschön empfand: Sie haben von Begegnungen mit ganz großen Persönlichkeiten, wie Mutter Teresa oder Frère Roger gesprochen, die auch im Alter noch die Liebe Christi deutlich ausstrahlten – oder genauso Papst Benedikt und Papst Franziskus. Sie, sehr geehrter Herr Bischof, sprachen von einem Privileg. Das kann ich sehr gut nachempfinden. Ich empfand es genauso bei der Begegnung im Rahmen der Krankenkommunion mit ganz einfachen, älteren Frauen. Obwohl der Leib manche seiner wichtigsten Aufgaben nicht mehr erfüllen konnte, strahlten diese einen inneren Frieden, Vertrauen und Geduld aus. Diese Menschen kennenlernen zu dürfen, ja, das war für mich ein Privileg. Man übersieht sie so leicht, diese schlichten und bescheidenen Personen und doch spürt man bei einer Begegnung, dass die Grundlage ihres Lebens ihr Glaube an Gott ist. Man muss sie nur entdecken, diese unscheinbaren und zugleich so großartigen Zeugnisse. Mutter Teresa meinte: „Lasse nie zu, dass du jemandem begegnest, der nicht nach der Begegnung mit dir glücklicher ist.“ Mich haben diese einfachen und demütigen Menschen sehr beeindruckt, mich hat ihr festes Stehen im Glauben glücklich gemacht. Deshalb mag ich die beiden Feste Allerheiligen und Allerseelen eigentlich recht gern, weil wir an die ganze Bandbreite, angefangen von ganz einfachen bis hin zu heiligen Menschen, denken und für ihr Dasein Dankbarkeit zeigen können.
4. Nur am Rande: Sie sprachen von „Fress- und Brechsucht“. Sie haben absolut Recht, dass dies ein Problem ist, das viele junge Menschen „dramatisch plagt“ – eine wirklich grausame Zeit, die die Betroffenen und deren Angehörigen miterleben. Vielleicht sollte man bei dieser ernsthaft psychischen Störung aber den offiziellen Namen „Ess-/Brechsucht“ verwenden. Man bezeichnet diese Form ja auch als Essstörung, nicht als Fressstörung. Ich denke mir halt, wenn Menschen im Dom oder auch im Internet zuhören, die betroffen sind, dann wäre der korrekte Name angemessener, auch wenn ich nachvollziehen kann, was Sie meinen.
Ich danke Ihnen für Ihre interessanten Überlegungen und wünsche Ihnen – wie Sie selbst so wunderbar schön ausgedrückt haben, dass Sie immer mehr ein „Mensch der Offenheit, der Hingabe, der Güte, der Demut, der Freude, der Dankbarkeit werden“ können, weil Sie IHM begegnet sind! Was gäbe es Schöneres?
Liebe Grüße, lieben Dank und viel Segen!
Annette Ammerl
Liebe Frau Ammerl, danke für Ihre Fragen und Überlegungen.
zum 1.: Natürlich glaube ich auch, dass es Wahrnehmungen und Kommunikationsweisen gibt, die das bloß Leibliche übersteigen; auch solche, wie Sie sie schildern. Trotzdem würde ich auch in einem weiteren Sinn daran festhalten, dass auch in den Fällen, die Sie schildern, Kommunikation von Geistigem trotzdem immer noch leiblich vermittelt geschieht. Sie erfahren die „Signale“ der anderen Person ja dennoch immer noch im Leib und in gewisser Weise auch durch ihn. Gefühle etwa, sind meist näher an leiblicher als an rein geistiger Erfahrung. Und auch eine Wahrnehmung über große Distanzen ist ja auch eine Wahrnehmung in dieser Welt, die sehr grundsätzlich eine aus geistigem und körperlichem zusammengesetzte Welt ist und bleibt.
Aber natürlich weisen solche Phänomene, die Sie schildern, ganz generell auch darauf hin, dass wir eben mehr sind als nur Leib – obwohl wir nur in ihm und durch ihn kommunizieren. .
zum 2.: Da geht es um den „Reinigungsort“ oder besser: „Reinigungszustand“ (Fegefeuer). Die Toten sind nach unserer Auffassung nicht unmittelbar bei Gott, es sei denn, sie sind als Heilige gestorben. Alle anderen sind „auf dem Weg“, oder gehen durch einen „Prozess“ – wie immer man sich das zeitlich vorstellen mag. Ob an die genannten Stellen aus dem AT im Sinn der „Reinigung“ verstehen kann? Ich meine schon, auch wenn uns im Licht Jesu das ganze AT deutlicher verstehbar wird. Wir Christen lesen das Alte im Licht des Neuen.
Zu 3. Ja, Papst Franziskus hat auch einen tiefen Sinn für das, was Sie schreiben. In Gaudete et Exultate spricht er von den Heiligen von Nebenan….. Daher feiern wir ja auch Allerheiligen. Es sind sicher sehr, sehr viele. Und viele unerkannte.
zu 4. Ich habe auch Ärzte schon von Fress-Brechsucht sprechen hören (daher weiß ich nicht, was „offiziell“ ist) eben weil der Ausdruck „Fressen“ das Verlangen so massiv beschreibt und die Distanz zu einer kultivierten Form von „Essen“ deutlich macht. Ich denke, es ist Geschmacksache. Welcher Ausdruck den Betroffenen selbst „hilft“, hängt vom Einzelnen ab.
Sie sind sehr sensibel für Sprachgebrauch, Frau Ammerl, das ist wirklich schön. Vielleicht sogar ein Charisma. Umgekehrt hatten wir ja auch schon die Debatte darüber, wann und ob man Dinge beim Namen nennen kann – und die Frage, ob man vor lauter Gefahr, ja niemanden zu verletzen oder brüskieren, die Dinge immer eher schönreden muss. Ich bin da ambivalent, denn ich sehe auch inzwischen manches „Sprechverbot“ gerade in menschlich sensiblen Bereichen, manche Tabuisierung, die dann letztlich verhindert, dass bestimmte Sachverhalte klar benannt werden dürfen – zugunsten einer überzogenen Angst vor Emotionalisierung. Bisweilen werden Sachverhalte auch verkehrt, weil es Frage- und Sprachtabus gibt. Das ist ein generelles Problem auch der Internetkultur, von der wiederum so vieles geprägt wird. Daher: Auch nach Ihrer Einrede, die ein gewisses Recht hat, würde ich dennoch den Ausdruck immer noch so beibehalten. Ebenso wie übrigens das Bild von der „Wand“ neulich, mit dem ich ein generelles Problem und ein von von sehr vielen erlebtes Phänomen mit einem wie ich finde treffenden Bild benannt habe und auch weiterhin benennen würde. Evtl. aber nach Ihrem Einspruch besser erklärt. Ich hatte eigentlich gehofft, es würde sich von selbst erklären.
Mit Ihnen persönlich hat es freilich gar nichts zu tun.
Sehr geehrter Herr Bischof,
lieben Dank für Ihre ausführliche Antwort! Mir hat sie geholfen. Ihre Predigten sind sehr klar strukturiert und anschaulich formuliert und dennoch oder vielleicht gerade deshalb, fordern diese mich oft zum darüber Nachsinnen heraus. Sie haben einen großen Wissensschatz – davon zu profitieren, ist ein Gewinn. Dankeschön!
Weil Sie nochmals das Thema „Wand“ angesprochen haben, das ich eigentlich schon abgehakt hatte: Den Begriff empfand ich gar nicht am schlimmsten. Die Argumentationsweise, dass ja schließlich viele das genauso sehen, wie Sie, finde ich immer schwierig. Ich könnte dagegenhalten, dass ich viele kenne, die so denken wie ich. Aber das bringt doch gar nichts. Mir genügt es schon, wenn Sie selbst, sehr geehrter Herr Bischof, dieser Meinung sind. Das ist vollkommen ausreichend, um den Sachverhalt ernst zu nehmen. Sie haben hier eine andere Auffassung und damit kann ich auch leben. Ich akzeptiere dies, auch wenn ich Ihre problematische Einstellung zu unserem Dienst als schade empfinde. Ich kann es ja sowieso nicht ändern. Meine Freude daran und die Bereicherung (auch bei der Vorbereitung), die ich dadurch erfahren habe und immer wieder neu erfahre, kann ich Sie nicht spüren lassen. Dies ist halt meine Empfindung, nicht die Ihre. Aber wie gesagt: Ich kann damit leben und ich kann es hinnehmen. Dass sich manches so klärt – wie Sie in Ihrem Satz am Ende meinen – kann durchaus mal sein, aber größtenteils glaube ich das nicht.
Ich danke Ihnen für Ihre Mühen, für Ihre Zeit, ganz besonders für Ihre schriftliche Diskussionsbereitschaft und für Ihr außergewöhnlich starkes Glaubenszeugnis!
Liebe Grüße und alles Gute!
Annette Ammerl
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Sehr geehrter Herr Bischof,
Ihre Predigt hat mich gestern sehr berührt. Ihre tiefen und schönen Gedanken haben bei mir zugleich Fragen aufgeworfen, da mir bei diesem Thema eindeutig die theologischen Grundkenntnisse fehlen, was ich als schade empfinde.
1. Sie haben davon gesprochen, dass wir Menschen uns mit dem Leib mitteilen. „Ich kann nicht anders mit der Welt kommunizieren als mit meiner Leiblichkeit.“ Ja, klar, irgendwie ist der Leib immer mit dabei. Aber gibt es auch eine Kommunikation von Seele zu Seele? Wie schätzen Sie das ein? Zwei Beispiele: Als mein Vater auf der Intensivstation lag, spürte ich, dass er sterben wird. Ich wusste es einfach, obwohl er sich leiblich nicht mitteilen konnte und obwohl die Ärzte es mir ausreden und es nicht wahr haben wollten. Die Ärzte wären eigentlich die gewesen, die die Sprache des Leibes am besten deuten hätten können müssen. Ich fühlte es und es war dann auch so. In der folgenden Nacht verstarb mein Vater. Eine Sprache in Liebe von Seele zu Seele ist dies möglich??? Oder gibt es nicht auch Erzählungen von Müttern, die gespürt haben, dass ihr Kind verunglückt oder im Krieg getötet wurde, obwohl das Kind viele Kilometer weit entfernt war, also eine leibliche Kommunikation nicht möglich war? Gibt es mehr als ein Mitteilen durch den Leib?
2. „Wir glauben, dass die Verstorbenen in die größere Erneuerung finden können, die sie selber nicht mehr bewirken können, weil sie nicht Personen im vollen Sinn sind.“ Im 2. Makkabäerbrief heißt es, dass Judas für die Verstorbenen ein Sündopfer darbringen will, um sie von der Sünde zu befreien. Oder wie ist der Psalm zu deuten, den wir am Sonntag der 2. Woche bei der 2. Vesper beten: „Tote können den Herrn nicht mehr loben, keiner der ins Schweigen hinabfuhr“. Eigentlich glauben wir doch, dass wir im Himmel nur noch Gott loben, weil wir wegen seiner unfassbaren Herrlichkeit gar nicht anders können. Die beiden Texte sind lange vor der Auferstehung Jesu geschrieben, aber sind sie trotzdem in dem obigen Sinn zu verstehen?
3. Was ich als wunderschön empfand: Sie haben von Begegnungen mit ganz großen Persönlichkeiten, wie Mutter Teresa oder Frère Roger gesprochen, die auch im Alter noch die Liebe Christi deutlich ausstrahlten – oder genauso Papst Benedikt und Papst Franziskus. Sie, sehr geehrter Herr Bischof, sprachen von einem Privileg. Das kann ich sehr gut nachempfinden. Ich empfand es genauso bei der Begegnung im Rahmen der Krankenkommunion mit ganz einfachen, älteren Frauen. Obwohl der Leib manche seiner wichtigsten Aufgaben nicht mehr erfüllen konnte, strahlten diese einen inneren Frieden, Vertrauen und Geduld aus. Diese Menschen kennenlernen zu dürfen, ja, das war für mich ein Privileg. Man übersieht sie so leicht, diese schlichten und bescheidenen Personen und doch spürt man bei einer Begegnung, dass die Grundlage ihres Lebens ihr Glaube an Gott ist. Man muss sie nur entdecken, diese unscheinbaren und zugleich so großartigen Zeugnisse. Mutter Teresa meinte: „Lasse nie zu, dass du jemandem begegnest, der nicht nach der Begegnung mit dir glücklicher ist.“ Mich haben diese einfachen und demütigen Menschen sehr beeindruckt, mich hat ihr festes Stehen im Glauben glücklich gemacht. Deshalb mag ich die beiden Feste Allerheiligen und Allerseelen eigentlich recht gern, weil wir an die ganze Bandbreite, angefangen von ganz einfachen bis hin zu heiligen Menschen, denken und für ihr Dasein Dankbarkeit zeigen können.
4. Nur am Rande: Sie sprachen von „Fress- und Brechsucht“. Sie haben absolut Recht, dass dies ein Problem ist, das viele junge Menschen „dramatisch plagt“ – eine wirklich grausame Zeit, die die Betroffenen und deren Angehörigen miterleben. Vielleicht sollte man bei dieser ernsthaft psychischen Störung aber den offiziellen Namen „Ess-/Brechsucht“ verwenden. Man bezeichnet diese Form ja auch als Essstörung, nicht als Fressstörung. Ich denke mir halt, wenn Menschen im Dom oder auch im Internet zuhören, die betroffen sind, dann wäre der korrekte Name angemessener, auch wenn ich nachvollziehen kann, was Sie meinen.
Ich danke Ihnen für Ihre interessanten Überlegungen und wünsche Ihnen – wie Sie selbst so wunderbar schön ausgedrückt haben, dass Sie immer mehr ein „Mensch der Offenheit, der Hingabe, der Güte, der Demut, der Freude, der Dankbarkeit werden“ können, weil Sie IHM begegnet sind! Was gäbe es Schöneres?
Liebe Grüße, lieben Dank und viel Segen!
Annette Ammerl
Liebe Frau Ammerl, danke für Ihre Fragen und Überlegungen.
zum 1.: Natürlich glaube ich auch, dass es Wahrnehmungen und Kommunikationsweisen gibt, die das bloß Leibliche übersteigen; auch solche, wie Sie sie schildern. Trotzdem würde ich auch in einem weiteren Sinn daran festhalten, dass auch in den Fällen, die Sie schildern, Kommunikation von Geistigem trotzdem immer noch leiblich vermittelt geschieht. Sie erfahren die „Signale“ der anderen Person ja dennoch immer noch im Leib und in gewisser Weise auch durch ihn. Gefühle etwa, sind meist näher an leiblicher als an rein geistiger Erfahrung. Und auch eine Wahrnehmung über große Distanzen ist ja auch eine Wahrnehmung in dieser Welt, die sehr grundsätzlich eine aus geistigem und körperlichem zusammengesetzte Welt ist und bleibt.
Aber natürlich weisen solche Phänomene, die Sie schildern, ganz generell auch darauf hin, dass wir eben mehr sind als nur Leib – obwohl wir nur in ihm und durch ihn kommunizieren. .
zum 2.: Da geht es um den „Reinigungsort“ oder besser: „Reinigungszustand“ (Fegefeuer). Die Toten sind nach unserer Auffassung nicht unmittelbar bei Gott, es sei denn, sie sind als Heilige gestorben. Alle anderen sind „auf dem Weg“, oder gehen durch einen „Prozess“ – wie immer man sich das zeitlich vorstellen mag. Ob an die genannten Stellen aus dem AT im Sinn der „Reinigung“ verstehen kann? Ich meine schon, auch wenn uns im Licht Jesu das ganze AT deutlicher verstehbar wird. Wir Christen lesen das Alte im Licht des Neuen.
Zu 3. Ja, Papst Franziskus hat auch einen tiefen Sinn für das, was Sie schreiben. In Gaudete et Exultate spricht er von den Heiligen von Nebenan….. Daher feiern wir ja auch Allerheiligen. Es sind sicher sehr, sehr viele. Und viele unerkannte.
zu 4. Ich habe auch Ärzte schon von Fress-Brechsucht sprechen hören (daher weiß ich nicht, was „offiziell“ ist) eben weil der Ausdruck „Fressen“ das Verlangen so massiv beschreibt und die Distanz zu einer kultivierten Form von „Essen“ deutlich macht. Ich denke, es ist Geschmacksache. Welcher Ausdruck den Betroffenen selbst „hilft“, hängt vom Einzelnen ab.
Sie sind sehr sensibel für Sprachgebrauch, Frau Ammerl, das ist wirklich schön. Vielleicht sogar ein Charisma. Umgekehrt hatten wir ja auch schon die Debatte darüber, wann und ob man Dinge beim Namen nennen kann – und die Frage, ob man vor lauter Gefahr, ja niemanden zu verletzen oder brüskieren, die Dinge immer eher schönreden muss. Ich bin da ambivalent, denn ich sehe auch inzwischen manches „Sprechverbot“ gerade in menschlich sensiblen Bereichen, manche Tabuisierung, die dann letztlich verhindert, dass bestimmte Sachverhalte klar benannt werden dürfen – zugunsten einer überzogenen Angst vor Emotionalisierung. Bisweilen werden Sachverhalte auch verkehrt, weil es Frage- und Sprachtabus gibt. Das ist ein generelles Problem auch der Internetkultur, von der wiederum so vieles geprägt wird. Daher: Auch nach Ihrer Einrede, die ein gewisses Recht hat, würde ich dennoch den Ausdruck immer noch so beibehalten. Ebenso wie übrigens das Bild von der „Wand“ neulich, mit dem ich ein generelles Problem und ein von von sehr vielen erlebtes Phänomen mit einem wie ich finde treffenden Bild benannt habe und auch weiterhin benennen würde. Evtl. aber nach Ihrem Einspruch besser erklärt. Ich hatte eigentlich gehofft, es würde sich von selbst erklären.
Mit Ihnen persönlich hat es freilich gar nichts zu tun.
Gruß und Dank
SO
Sehr geehrter Herr Bischof,
lieben Dank für Ihre ausführliche Antwort! Mir hat sie geholfen. Ihre Predigten sind sehr klar strukturiert und anschaulich formuliert und dennoch oder vielleicht gerade deshalb, fordern diese mich oft zum darüber Nachsinnen heraus. Sie haben einen großen Wissensschatz – davon zu profitieren, ist ein Gewinn. Dankeschön!
Weil Sie nochmals das Thema „Wand“ angesprochen haben, das ich eigentlich schon abgehakt hatte: Den Begriff empfand ich gar nicht am schlimmsten. Die Argumentationsweise, dass ja schließlich viele das genauso sehen, wie Sie, finde ich immer schwierig. Ich könnte dagegenhalten, dass ich viele kenne, die so denken wie ich. Aber das bringt doch gar nichts. Mir genügt es schon, wenn Sie selbst, sehr geehrter Herr Bischof, dieser Meinung sind. Das ist vollkommen ausreichend, um den Sachverhalt ernst zu nehmen. Sie haben hier eine andere Auffassung und damit kann ich auch leben. Ich akzeptiere dies, auch wenn ich Ihre problematische Einstellung zu unserem Dienst als schade empfinde. Ich kann es ja sowieso nicht ändern. Meine Freude daran und die Bereicherung (auch bei der Vorbereitung), die ich dadurch erfahren habe und immer wieder neu erfahre, kann ich Sie nicht spüren lassen. Dies ist halt meine Empfindung, nicht die Ihre. Aber wie gesagt: Ich kann damit leben und ich kann es hinnehmen. Dass sich manches so klärt – wie Sie in Ihrem Satz am Ende meinen – kann durchaus mal sein, aber größtenteils glaube ich das nicht.
Ich danke Ihnen für Ihre Mühen, für Ihre Zeit, ganz besonders für Ihre schriftliche Diskussionsbereitschaft und für Ihr außergewöhnlich starkes Glaubenszeugnis!
Liebe Grüße und alles Gute!
Annette Ammerl