Unser Patron St. Valentin: Die Predigt von Bischof Stefan Oster zum Festtag des ersten Passauer Diözesanpatrons Valentin am 7. Januar 2016.
Liebe Schwestern und Brüder in Christus,
was bedeutet es eigentlich für ein Bistum, einen Patron zu haben? Noch dazu einen, von dem wir gar nicht allzu viel wissen. Außer, dass er im 5. Jahrhundert gewirkt hat? Er wird in der Überlieferung „Bischof von Rätien“ genannt. Und Rätien bezeichnete das Alpenland und die Gegend von Süddeutschland zwischen dem Bodensee und Passau. Und wir haben seinen Todestag, den 7. Januar und wir wissen, dass es bei Meran sein Grab gab.
Später, im 8. Jahrhundert kamen seine Gebeine hierher nach Passau, wo er seither als einer unserer Bistumspatrone verehrt wird. Im Wort Patron steckt das Wort Pater drin, lateinisch für Vater. Der Vater ist ein Erzeuger, gleichzeitig ein Schützer und Beschützer einer Familie. Er ist in einer Familie nach traditionellem Bild auch der Erste, derjenige, der die Familie nach außen repräsentiert. Daher tragen die Kinder zumeist auch den Nachnamen des Vaters.
Was bedeutet es, einen Patron zu haben
Der christliche Glaube verwendet nun in einer Fülle von Bezügen das Bild von der Familie, von der neuen Familie, die Christus gestiftet hat. Getaufte beispielsweise, sind neu geboren aus dem Wasser und dem Geist als Geschwister Jesu, als Kinder des einen Vaters. Sie gehören zur Kirche, die als Mutter gesehen und erfahren wird, besonders in ihrer Urgestalt Maria.
Und das Besondere ist: Je tiefer Menschen in die Wirklichkeit des Glaubens hineinwachsen, desto mehr erfahren sie, dass die Wirklichkeit der Gottesfamilie tatsächlich tiefer reicht als die Wirklichkeit der biologischen Familie. Wir sagen zu Gott nicht deshalb Vater, weil wir uns gerne einen gütigen, väterlichen Gott wünschen und dann von uns her diese Bezeichnung auf Gott übertragen. Wir sagen zu Gott vielmehr deshalb Vater, weil ihn Jesus so genannt hat und ihn uns gleichsam als Ursprung aller Väterlichkeit in der Welt nahe gebracht hat.
Geschwister in der Wirklichkeit des Reiches Gottes
„Nur einer ist euer Vater, sagt Jesus, der im Himmel. Daher sollt ihr, die ihr zu mir gehört, niemand auf Erden euern Vater nennen.“ (Mt 23,9) Das heißt: Nach Jesus projizieren nicht wir unsere Wunschvorstellungen von Gott auf ihn und nennen ihn deshalb Vater, sondern umgekehrt. Hinter allem Vatersein in dieser Welt steht der Vater im Himmel als derjenige, der diese Wirklichkeit von Familie in der Welt begründet und vollendet.
Und das Interessante ist nun, dass sich der Glaube in dieser Weise fortpflanzt. Menschen, die die Wirklichkeit des Reiches Gottes für sich entdecken, die darin ihren eigentlichen Grund, ihr Leben, ihren Neuanfang finden. Die verstehen sich auch als Geschwister, die erkennen einander auf einer tieferen geistigen und geistlichen Ebene.
Kinder des Vaters
Sicher ist Ihnen das schon einmal aufgefallen: Sie denken, der oder die ist bestimmt auch ein Christ, eine Christin oder auch Katholik, so wie der spricht, wie sie sich benimmt. Der Glaube ist ein Hineinfinden in eine neue Lebenswelt. Er verändert meine Weltwahrnehmung, meine Wahrnehmung der anderen Menschen. Er legt Überzeugungen in mir Grund, die sich unterscheiden von dem was man ohne Glauben so denkt und sieht und für richtig hält.
Natürlich, liebe Schwestern und Brüder, gibt es in unserem Denken und in unseren Überzeugungen auch große Schnittmengen mit den Überzeugungen sagen wir des Grundgesetzes oder einer demokratischen Gesellschaft. Aber Christliche Geschwisterlichkeit ist ernst genommen noch einmal etwas anderes als nur weltliche Geschwisterlichkeit in der Menschheitsfamilie. Es ist eher so, dass sich die Kirche berufen weiß, die Menschheit auf Gott hin zur neuen Menschheitsfamilie zu sammeln und zu einen. Damit alle Menschen Geschwister Jesu werden und von neuem Kinder des Vaters.
Patron: Väterliche Beschützergestalt
Und diese Erfahrung einer tieferen Wirklichkeit, die pflanzt sich nun fort, die gibt sich weiter, die tradiert sich. Und die Weitergabe geschieht einerseits durch jeden Christen, durch jede Christin, die sich darum müht, andere Menschen mit dem Herrn in Verbindung zu bringen. Andererseits nehmen wir in den großen Gestalten unseres Glaubens eine besondere Zeugungskraft war, eine besondere Kraft von Väterlichkeit oder Mütterlichkeit bei der Geburtshilfe für neue Christenmenschen.
Denken Sie an die großen Ordensgründer, Theresa von Avila oder Franz von Assisi: Die Fruchtbarkeit von Franziskus beispielsweise, wirkt bis heute fort. Bis heute finden sich Menschen, die in seinem Geist, in seiner Fruchtbarkeit, in seiner Kraft der Welterschließung Jesus nachzufolgen. Bis hin zu unserem Heiligen Vater, der sich den Namen dieses so demütigen, großen Mannes aus dem Mittelalter gegeben hat. Er hat ihn zu seinem Patron erwählt. Zur väterlichen Beschützergestalt, die gleichzeitig prägend für ihn sein soll.
Erster Patron des Bistums Passau: Bischof Valentin
Und so wissen wir uns als Bistum Passau unter eine Reihe von Patronen gestellt, von denen der Hl. Valentin unser erster ist. Eine offenbar so prägende Gestalt des frühen Mittelalters, dass seine Fruchtbarkeit bis heute nachwirkt und nachhallt. Christentum, der Glaube, zeugt sich fort. Und mit unseren Patronen und Patroninnen verweisen wir irgendwie auf eine Ursprünglichkeit, in der etwas begonnen hat, oder der wir uns in besonderer Weise verbunden fühlen.
Bischof Valentin hat im fünften Jahrhundert gelebt. Das war ohne Frage eine wilde, eine unruhige Zeit. Die Ordnung des römischen Reiches zerbrach, die Völkerwanderung war im vollen Gange. Römisches Christentum, heidnische Praxis und die nur mehr oder weniger christianisierten germanischen Stämme trafen in Glaubensdingen aufeinander. In dieser Zeit ein Mann zu sein, der den biblischen und kirchlichen Glauben bewahren und weitergeben will, war sicher eine riesige Herausforderung.
Unruhige Zeiten
Wir haben gehört, dass uns die Kirche für den heutigen Tag das Evangelium geschenkt hat, in dem der auferstandene Jesus seine Jünger aussendet. Er gibt ihnen den Missionsbefehl, alle Menschen zu seinen Jüngern zu machen und alle zu taufen auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Geistes. Und er gibt ihnen die Versicherung, er werde bei ihnen sein, bis ans Ende der Welt. Aber schon in diesem Evangelium steht dabei: Einige aber hatten Zweifel.
Liebe Schwestern und Brüder, am Tag unseres Bistumspatrons im neuen Jahr 2016 leben auch wir in unruhigen Zeiten. Wir spüren wie viele Menschen Zweifel haben, wie der Glaube weithin an Kraft an Substanz verliert, obwohl die Kirche noch so sichtbar ist bei uns mit ihren vielen Kirchen, Einrichtungen, Gottesdiensten und anderem.
Sind wir selbst Patron oder Patronin?
Aber die Frage an jeden von uns ist: Sind wir im Kleinen, in unserer Umgebung Patron oder Patronin, Menschen, die für andere wieder ein Anfang sein können, dass sie den Glauben entdecken. Wie sehr lassen wir uns von der Wirklichkeit Jesu, von seiner Gegenwart bestimmen, so dass wir tatsächlich lernen, die Welt mit seinen Augen zu sehen? Wie sehr glauben wir tatsächlich, dass wir auch in uns die Kraft zur Zeugung haben, also Menschen zu sein, die die Kraft haben im anderen die Wirklichkeit des Glaubens zum Wachsen zu bringen?
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, die Kirche in unserem Land, in unserem Bistum tut so viel Gutes, ist für viele, viele Menschen Halt und Stütze und Zuflucht. Und so viele Glaubende bei uns halten zusammen und wünschen sich von Herzen, dass wieder von neuem etwas wächst. Bitten wir unseren Patron, den Hl. Valentin, dass der Herr auf seine Fürsprache hin unsere Herzen von neuem entzünde, dass er sie brennen mache für die Erfahrung des barmherzigen Gottes, für die Erfahrung, dass es nie zu spät ist, sich von ihm beschenken und erneuern zu lassen.
Heiliger Valentin, Patron des Bistums Passau, bitte für uns
Vielleicht können wir uns ja anlässlich dieses Festtages für unser Bistum vornehmen, einladende Christinnen und Christen zu sein, Menschen, die Christus im Herzen haben und die deshalb dieses Herz weit aufmachen können – für die, die suchen und fragen, für die, die in Not sind und für alle Menschen, die sich nach Erlösung sehnen. Hl. Valentin, Du großer Patron unseres schönen Bistums: Bitte für uns und alle, die zu uns gehören und für alle, die bei uns Christus suchen, auf dass sie ihn finden. Amen.
Informationen zu den Passauer Bistumspatronen finden Sie hier.