Liebe Geschwister im Glauben,
als Deutsche Bischofskonferenz haben wir kürzlich eine Erklärung veröffentlicht, in der wir sagen, dass völkischer Nationalismus mit dem christlichen Menschenbild und mit der Würde, die wir ausnahmslos jedem Menschen zuerkennen, nicht vereinbar ist. Die Erklärung ist unten noch einmal verlinkt.1https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2024/2024-023a-Anlage1-Pressebericht-Erklaerung-der-deutschen-Bischoefe.pdf Und weil wir beobachten, dass diese Ideologie am rechten Rand des politischen Spektrums immer ausdrücklicher vertreten wird, haben wir auch eine Empfehlung ausgesprochen, die AfD eher nicht zu wählen. Wir beobachten besonders in dieser Partei, seit sie auf der politischen Bühne aufgetaucht ist, eine ständig sich steigernde Radikalisierung. Nicht wenige Mitglieder, die die Partei früher anders geprägt haben, haben sie verlassen. Nach meiner Beobachtung wird die Kultur des politischen Diskurses auch durch die Afd und ihre Entwicklung fortwährend schlechter, die Polarisierungen nehmen massiv zu. Ein wirkliches Interesse an demokratischer Willens- und Meinungsbildung im Diskurs kann ich dort kaum erkennen, fundamentale Systemkritik gegen alles, was nach „die da oben“ aussieht, dagegen immer stärker. Aus all diesen und anderen Gründen, die die Erklärung bringt, trage ich diesen Text auch mit.
Und was ist mit den Extremen am linken Rand?
Mir ist aber auch bewusst – und das will ich hiermit gern ergänzen – dass auch der Einfluss linker, vor allem linksextremer politischer Strömungen ebenfalls zu dieser Polarisierung beiträgt. Bisweilen ähneln sich der rechte und der linke Rand vor allem im Blick auf Identitätsfragen: Hier das völkisch-identitäre Denken, dort ein wokes Identitätsdenken. Jenes will Deutschland möglichst ethnisch sauber halten, dieses sieht Unterdrückung gegen Minderheiten überall am Werk – oft aus dem einzigen Grund, dass es eben Minderheiten sind. Und solches Denken will dann von links eine Vorstellung von „Vielfalt“ ausdrücklich ebenfalls gegen etablierte politische Strukturen befördern – um diese des vermeintlichen Machtmissbrauchs zu überführen.
Paradox ist, dass sich dabei unter dem Stichwort „Vielfalt“ eine „cancel culture“ breitmacht, die ihrerseits hoch autoritär nur die eigene Auswahl dessen zulässt, was zu „Vielfalt“ gehören darf und was nicht. Alles, was nach „Patriarchat“ riechen könnte, jedenfalls nicht. Da wie dort geht es nach meiner Überzeugung um den Umbau der Gesellschaft von ihren Wurzeln her. Und wir wissen, dass solcher Umbau – da wie dort – letztlich auf autoritäre Systeme zielt, die ihre Positionen mit Macht und Unterdrückung durchsetzen werden – und gegen eine Form eines freiheitlichen Rechtsstaates. Dieser aber ist eine Staatsform, die wir alle die letzten mehr als sieben Jahrzehnte in unserem Land genießen durften.
Der Beitrag des christlichen Menschenbildes
Als Bischöfe halten wir es deshalb für problematisch, wenn Menschen, die sich zu ihrem Glauben an Christus bekennen, in den politischen Wahlen in unserem Kontext für Extrempositionen entscheiden. Wir stehen für eine freiheitliche, demokratische Grundordnung, in der die Würde des Menschen und ihr Schutz oberste Richtschnur ist. Denn die Idee von der Würde ausnahmslos jedes einzelnen Menschen, unabhängig von Ethnie, Geschlecht, Religion, Herkunft, unabhängig auch von physischer und psychischer Verfassung, Gesundheit oder Krankheit, Alter oder Behinderung – ist nicht denkbar ohne den Beitrag des christlichen Glaubens, der uns Gott als den Schöpfer und Vater aller Menschen vorstellt.
Ist alles „rechts“, was nicht „links“ ist?
Natürlich sehe ich auch, dass viele Menschen, gerade auch Christinnen und Christen, aus guten Gründen heute fragen: Welche Partei ist denn dann heute für mich überhaupt wählbar? Wie schnell scheint alles schon „rechts“ – nur weil es nicht „links“ ist oder mit den derzeitigen Regierungsparteien und deren Politik geht? Und wie wenig zählen in unserer Parteienlandschaft generell noch christliches Menschenbild im Blick auf Lebensschutz oder Familienbild? Und wer wagt es noch, ehrlich die Probleme zu benennen, die sich durch starke Zuwanderung vor allem dann ergeben, wenn Integration nicht oder nur mäßig gelingt – ohne als rechts oder islamophob bezeichnet zu werden? Andererseits sehen viele Menschen, die eine sehr kritischen Blick auf die Migrationspolitik haben, auch kaum, dass zum Beispiel unser Gesundheits- und Pflegesystem oder andere Dienstleistungsbranchen ohne die vielen Arbeitskräfte aus dem Ausland schon längst nicht mehr in der bisher gekannten Weise funktionsfähig wären.
Drei Kennzeichen einer „Zeitenwende“ weg vom christlichen Menschenbild
Das Menschenbild macht mir übrigens am meisten Sorgen: Die Extrempositionen von rechts (völkisch) und links (woke) habe ich bereits genannt. Aber drei weitere Tendenzen sind mir ein Kennzeichen dafür, dass wir tatsächlich in einer „Zeitenwende“ leben, wie Papst Franziskus immer wieder sagt. Nie zuvor – so meine ich – wurde in unserer ursprünglich christlich geprägten Gesellschaft assistierter Suizid als Geschäftsmodell ermöglicht, nie zuvor wurde in dieser Deutlichkeit das Töten von Kindern im Mutterleib ausdrücklich als Menschenrecht proklamiert, nie zuvor hat man bereits Kindern vorgeschlagen, dass der Wechsel des eigenen biologischen Geschlechts eine echte Option sein könnte. Und natürlich sehe ich dabei auch die Nöte von Menschen in Grenzsituationen zwischen Leben und Tod, von ungewollt schwangeren Frauen und von Menschen, bei denen Geschlechtsdysphorie Leid verursacht.
Aber dennoch zeigen die genannten Phänomene in ihrer so prominenten medialen und politischen Präsenz – oft genug mit ideologisch geprägtem Beigeschmack -, dass unser Bild und Verständnis vom Menschsein eben nicht mehr grundlegend von christlichen Vorstellungen bestimmt ist.
Viele Krisen, die Positionierungen verlangen, kommen hinzu. Die Kriege in Israel und in der Ukraine, die Klimafragen, die Folgen der Pandemie, die digitale Revolution und die unbegrenzte Macht der großen Tech-Konzerne und anderes mehr. Europa scheint uneins, der Ausgang der Wahlen in den USA ungewiss. Der Einfluss des totalitären China auf die Welt wächst.
Wer arbeitet für eine Stärkung und Erneuerung unserer freiheitlichen Demokratie
Alles das und anderes mehr lässt viele Menschen heute Angst haben mit Blick auf Gegenwart und Zukunft – und lässt sie nach verlässlicher Orientierung fragen. Und es lässt sie dann bisweilen auch nach populistischen Lösungsangeboten greifen, die aber letztlich keine sind. Eben deshalb will unser Bischofswort zum völkischen Nationalismus die Mitte stärken. Und ich möchte es deutlich sagen: Wir wollen auch Menschen, die die AfD wählen wollen, keineswegs einfach be- oder gar verurteilen. Wir wollen ins Gespräch kommen, wir wollen zuhören und voneinander lernen, wir wollen aber auch fragen: Schauen wir genau genug hin?
Wir wollen all jene politischen Kräften stärken und unterstützen, die ausdrücklich eine Stärkung und Erneuerung dessen anzielen, was unser Land die letzten Jahrzehnte so ausgezeichnet hat: Eine demokratische, freiheitliche Kultur, die ohne unser christliches Menschenbild nicht denkbar war und ist. Eine Kultur, in der aber auch jeder Mensch Raum für seinen Glauben und seine religiöse Praxis hat. Wir brauchen daher Einsatz für das Gemeinwohl, wir brauchen ein Miteinander, in dem die eine die andere Person nicht schon deshalb verdächtigt, weil sie anderer Meinung oder anderer Herkunft ist.
Wir brauchen neues Vertrauen, auch in unsere wesentlichen staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen, wir brauchen sehr dringend eine Stärkung der Medienkompetenz aller, besonders der jungen Menschen. Wir brauchen eine Gesellschaft, in der die Zuversicht auch deshalb wieder wächst, weil sie in wesentlichen Fragen, zum Beispiel in der Zustimmung zu unserem Grundgesetz, zusammenhält. Wir brauchen vor allem auch ein gelassenes Vertrauen, dass am Ende unser Gott die Welt in seinen Händen hält. Es ist der Gott, den uns Jesus als barmherzigen Vater vorgestellt hat. Dieser Vater ist und bleibt der Herr, der die Welt liebt und trägt – immer.
Der Beitrag der Christen
Aus unserer christlichen Sicht ist auch diese heutige Welt – wie zu allen Zeiten – eine wunderbar geschaffene und zugleich gebrochene und erlösungsbedürftige Welt. Denn als Christinnen und Christen sagt uns unser Glaube: Der Mensch alleine kann kein Paradies auf Erden schaffen – und wo immer er es versucht hat, hatte es katastrophale Folgen für viele. Deshalb: Wir wollen unseren Beitrag leisten zu einem Miteinander der Menschlichkeit, zu einem Miteinander des Friedens, der Solidarität und der Bewahrung der Schöpfung. Und zu einem Ja zu allen Menschen in all ihrer Unterschiedlichkeit.
Wir Christen sind dazu in besonderer Weise berufen, weil wir voller Vertrauen darauf setzen können, dass Christus die Welt schon erlöst hat – und dass wir zu Ihm gehören, was auch kommen mag. Wir haben in uns eine Quelle, ein Licht, ein Leben – durch Taufe und Firmung, durch Gemeinschaft und Dienst – die nicht totzukriegen sind, was auch kommen mag. Immer wieder waren es Christinnen und Christen, die durch ihr Zeugnis Welt verändert haben. Und zwar genau deshalb, weil all diese geschichtlichen Bedingungen und Herausforderungen, unter denen wir heute leben, alles auch, was uns Angst machen will und kann, letztlich nicht dorthin reicht, wo für uns auch die Quelle der Freude, des Friedens und der Zuversicht ist. „Nichts kann uns trennen von der Liebe Christi“, sagt uns der Hl. Paulus und nichts kann uns trennen von unserem Vater, der mit gütigem Blick auf alle seine Kinder schaut – was auch kommen mag.
Keine Partei ist perfekt!
Liebe Geschwister im Glauben, wenn Sie jetzt also nochmal fragen: Welche Partei soll ich denn wählen? Dann würde ich zunächst sagen: Keine einzige Partei ist ideal oder entspricht in ihrem Programm ganz dem Evangelium oder unserer gläubigen Überlieferung. Es gibt in jeder Partei Punkte, die wir mittragen können und solche, mit denen wir uns auch schwer tun oder die wir ablehnen müssten. Aber wählen Sie eine Partei oder ihre Vertreter, von denen Sie glauben, dass sie insgesamt unsere Gesellschaft mit Hilfe jener freiheitlich-demokratischen Ordnung konstruktiv weiterbringen wollen, auf die sie unsere Verfassungsväter und -mütter gestellt haben und die ehrlich eintreten für das Gemeinwohl und die Würde aller Menschen. Und auch wenn das nie vollständig nach Ihren oder meinen Vorstellungen möglich ist, dann fragen wir eben nach jenen politischen Kräften, die dem, was wir für ein freiheitliches, demokratisches und menschenwürdiges Gemeinwesen halten, in ihrem Einsatz am nächsten kommen. Und da gäbe es dann nach meiner Einschätzung schon noch Auswahlmöglichkeit.
Mein Ordensvater, der Hl. Don Bosco, hat einmal gesagt – befragt nach seiner politischen Einstellung in den unruhigen Zeiten des 19. Jahrhunderts in Italien: Unsere Politik richtet sich nach dem „Vater Unser“. Kein so schlechtes Wort, finde ich – um gelassen zu bleiben und miteinander nach jenen Kompromissen zu suchen, die das Gemeinwohl am besten befördern.
Und was ist mit dem „Marsch für das Leben“?
Ein letztes Wort schließlich noch zu meiner kürzlichen Einlassung, ich sei unentschieden, was meine Teilnahme am „Marsch für das Leben“ angeht. Ich war im Jahr 2019 dabei, auch als Redner auf der Bühne. Und ich trage das Anliegen selbstverständlich jederzeit mit. Ich bin auch der Überzeugung, dass es die Präsenz der Anliegen des Lebensschutzes im öffentlichen und politischen Raum dringend braucht – gerade auch von Christinnen und Christen. Deshalb bin ich dankbar für jeden und jede, die sich hier engagieren, die mitgehen und die ihr Gesicht zeigen.
Ich bin inzwischen aber nicht mehr sicher, ob es tatsächlich genau diese Form der Präsenz ist, die den Anliegen in unserem deutschen Kontext am besten dient. Womöglich lässt sich der Marsch zu leicht beschädigen, zu leicht inhaltlich kapern und dann das Interesse auf Nebenthemen lenken, die nicht die unseren sind. Und ob der Begriff „Marsch“ für die Veranstaltung tatsächlich noch in die Zeit passt, frage ich mich natürlich auch. Aber wie gesagt: Es ist ein Prozess, bei dem ich nicht entschieden bin. Und ich lass mir gerne auch gute Gegenargumente gefallen und gehe, wenn sie mich überzeugen, auch gerne wieder mit. Und selbstverständlich bin ich auch offen für gute neue Ideen, um diesem so wichtigen Anliegen für unsere Zeit, mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Das Statement kann auch als Video angeschaut werden:
Anmerkungen, Bemerkungen, Quellenangaben
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Comments
Grüß Gott!
Ich muss ehrlich sagen, dass es mir schwer fällt die Erklärung der Bischöfe zu akzeptieren.
„Gegenwärtig stellt der Rechtsextremismus die größte Bedrohung extremistischer Art für unser Land und für Europa dar.“ Das ist eine unbelegte Hypothese fernab jeglicher Realität. Und ein Schlag ins Gesicht, wenn man z.B. bedenkt, dass durchschnittlich 2-3 Gruppenvergewaltigungen pro Tag in Deutschland passieren… https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-951476
Was ist mit den Problemen, die mit der Migration aus kulturfremden Kreisen einherkommen? Was ist mit dem Islamismus? Oder mit anderen Ideologien (z.B. LGBT etc.), die den Menschen konkret verwirren und angreifen wollen? Was ist mit den Folgen der Pandemie bzw. den Maßnahmen, die viel Leid verursacht haben?
Diese Ignoranz gegenüber der Realität nehmen viele Bürger immer stärker wahr.
Man hat das Gefühl, dass Fakten und die Wahrheit in Entscheidungsprozessen und Diskussionen keine Rolle mehr spielen – nicht nur in der Politik.
Natürlich darf all das, ob man dem zustimmt oder nicht, den Rechtsextremismus nicht legitmieren. Den gibt es leider… und wahrscheinlich auch bei einigen wenigen Menschen in der AFD. (Doch geichzeitig ist es bekannt, dass sie Nazis in ihren Reihen sofort aus der Partei wirft.) Ich habe sie gewählt und werde es wahrscheinlich bei nächster Gelegenheit wieder tun.
Denn, ich möchte nicht in einem Land leben, in dem es ein Recht auf Abtreibung gibt; in dem Kinder im Kindergarten und Schule sexuell „aufgeklärt“ werden; in dem man sich als Mehrheit wie die Minderheit fühlen muss; im dem man Angst haben muss seine Meinung zu sagen; in dem Pflichten und Rechte für die einen gelten, für die anderen aber nicht; in dem der Rechtsstaat nicht durchgesetzt wird (zumindest dann nicht, wenn er eine bestimmte Gruppe von Menschen treffen würde) etc.
Wenn ich mir die Wahlprogramme der Parteien durchlese, die über die 5%-Hürde kommen, dann kann ich als gläubiger Katholik guten Gewissens die AFD wählen. Mir geht es dabei um konkrete Themen, die mir persönlich sehr wichtig sind: Familie, Abtreibung/Suizid, (Innere) Sicherheit, Zuwanderung, Bildung, Kultur, Demokratie.
Das Wahlprogramm ist für mich entscheidend.
Ich lasse mir meine Meinung nicht von den Öffentlichen Medien vorschreiben, deren mangelnde Objektivität und Neutralität nicht übersehen werden kann.
Auch nicht von einem Verfasungsschutz, der Parteipolitik betreibt.
Mir ist bewusst, dass die AFD in vielen Punkten die „eigenen Bürger bevorzugen“ möchte.
Ist das schlimm? Ist das unchristlich? Irgendwie schon, auf den ersten Blick…
Zumindest als Menschen sollten wir an erste Stelle Gott setzen, dann den Mitmenschen und zum Schluss sich selbst.
Es gilt doch aber auch das Gebot der Liebe? „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Mt 22,39).
Die deutsche Politik – so mein Gefühl – liebt seit Jahren den „Nächsten“/“Fremden“ stärker, als die eigene Bevölkerung.
Doch genau dafür habe ich das Recht und die Pflicht Vertreter zu wählen, die mir gutes wollen. Ist das nicht der Sinn? Ich möchte keine Vertreter wählen, die die „eigenen Leute“ vernachlässigen, dafür aber die ganze Welt retten möchten.
Manchmal ärgert mich das Auftreten mancher Politiker der AFD stark… (Ich bin ja kein Fan oder so, falls es so wirkt 😀 )
Doch dann sehe ich auf der anderen Seite die „perfekten“ Politiker, die immer wissen was sie sagen sollen, um nicht negativ aufzufallen. Die das Eine sagen, hinterher etwas Anderes tun. Die so viel netter und christlicher wirken.. Ist das nicht alles Fake?
Man kann in jeder Partei Extremisten finden. Oder inhaltlich extrem unchristliche Positionen.
Wieso gibt es keine Stellungnahme zu den Parteien die Abtreibung befürworten (also fast allen)?
Ist nicht Abtreibung Mord? Demnach schwere Sünde? Und weiter: Ist nicht jemand, der das unterstützt ebenso von der schweren Sünde betroffen?
Darf man als Katholik eine Partei wählen, die das Töten von Ungeborenen und Alten (übrigens ganz nationalsozialistische Ideen) propagiert und erlauben möchte?
Das Schreiben der DBK zeigt meiner Meinung nach erneut, dass viele dt. Hirten der Kirche zwar weiterhin in der Gesellschaft relevant sein möchten, sich aber nur dann äußern, wenn das Gesagte dem Zeitgeist der Welt entspricht.
Es ist so schade…
Vielen Dank für diese
sehr ausgewogene,einfühlsame und nachdenkliche Stellungnahme.
Ich bin sehr beeindruckt.
Herzliche Grüße aus dem Rheinland
Lieber Herr Bischof,
ich kann Ihre Argumentation zum „Marsch für das Leben“ nachvollziehen, wenn Sie schreiben „Ich bin inzwischen aber nicht mehr sicher, ob es tatsächlich genau diese Form der Präsenz ist, die den Anliegen in unserem deutschen Kontext am besten dient.“
Ich denke jedoch, dass es einfach keine wirksame (!) Form der Präsenz gibt, die nicht „inhaltlich gekapert“ werden könnte. Somit bliebe konsequenterweise nur der Rückzug.
Angesichts der aktuellen Entwicklungen – ich denke an die französische Verfassung – ist dies jedoch schlicht keine Alternative.
Sehr geehrter Herr Bischof,
ich habe im vergangenen Jahr zum ersten Mal den „Marsch für das Leben“ besucht. Nach meiner Kenntnis ist dies die einzige Veranstaltung, die einigermaßen öffentlichkeitswirksam für den Lebensschutz eintritt. Ob der Titel „Marsch“ gelungen ist, mag bezweifelt werden. Da ich in Köln war, konnte von einem „Marsch“ ohnehin keine Rede sein. Die Oberbürgermeisterin hatte zur Gegendemonstration ermutigt – durchaus erfolgreich. In der von den Gegendemonstranten und der Polizei herbeigeführten Einkesselung habe ich dennoch eine Feier für das Leben erlebt. Das Motto war ein klares „Ja zum Leben“. Gegenstand des Rahmenprogramms war die Enzyklika „Evangelium vitae“, die dadurch sicher nicht nur mir wieder ins Bewusstsein gerufen wurde. Ich denke, dass dadurch eine klare Abgrenzung zu rechtsextremen Positionen erfolgt ist. Sie beschreibt die „Kultur des Todes“ und die „Verschwörung gegen das Leben“ (u.a.) so: „Wer durch seine Krankheit, durch seine Behinderung oder, noch viel einfacher, durch sein bloßes Dasein den Wohlstand oder die Lebensgewohnheiten derer in Frage stellt, die günstiger dastehen, wird zunehmend als Feind angesehen“. Wer denkt heute dabei nicht an die Menschen, die als Flüchtlinge in unser Land kommen, und an jene, die auf dem Weg nach Europa ihr Leben verlieren? Ich habe den Marsch als glaubwürdiges Zeugnis für ein unbedingtes „Ja zum Leben“ erlebt, das jede Relativierung der Menschenwürde verbietet und daher auch die gerade genannten und und überhaupt jeden Menschen einschließt. Deutlicher kann man sich kaum von rechtsextremen Positionen abgrenzen.
Noch ein Wort zu „links“ und „rechts“: Die Gegendemonstranten erschienen mir als Büttel einer durch und durch materialistischen und kapitalistischen Abtreibungsindustrie. Ich weiß daher nicht, wer bei dieser Demonstration wirklich „links“ und wer „rechts“ war. Darauf kommt es auch nicht an. Jedenfalls hatte ich selten mehr das Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen.
Ich danke Ihnen herzlich, dass Sie die frohe Botschaft des Lebens verkünden.
Lieber Bischof Dr. Stefan Oster,
Sie sagen: „Es ist ein Prozess, bei dem ich nicht entschieden bin.“ Ja, in Prozessen trifft man Entscheidungen. Es kommt hier aber nicht primär auf die Entscheidung der Führungskraft in einem Prozess an, sondern es kommt auf Ihre Berufung an: Ihre Entscheidung als Nachfolger Jesu Christi haben Sie bereits getroffen. Und das will genau das heißen, was Sie selbst schreiben: „Mein Ordensvater, der Hl. Don Bosco, hat einmal gesagt – befragt nach seiner politischen Einstellung in den unruhigen Zeiten des 19. Jahrhunderts in Italien: Unsere Politik richtet sich nach dem „Vater Unser“.
Woher kommt dann Ihre Unentschiedenheit? Evtl. durch die Stelle, an der es im „Vater Unser“ heißt: „und erlöse uns von dem Bösen“? Eine neue Frage nach dem Bösen unserer Zeit an dieser Stelle, kann ich verstehen. Nur das Böse im „Vater Unser“ ist, meiner Meinung nach, keine Variable und muss nicht neu definiert, bestenfalls nur mittels Zeichen der Zeit interpretiert und in den Kontext gesetzt werden. Das Böse im „Vater Unser“ ist eine Konstante und meint auf unsere Zeit übersetzt, z. B. philosophisch mit Emmanuel Levinas „Sorge um den Anderen“, unverändert: „Töte nicht!“
Sie sagen, Sie sind für Gegenargumente offen. Ich darf an dieser Stelle meine These für den Frieden aus 2022 „Ausgrenzung ist nicht christlich und nicht solidarisch“ wie folgt erweitern:
Ausgrenzung ist nicht christlich und nicht solidarisch, weil sie dem Dialog und damit auch der Wirkung des Wortes Gottes keine Chance gibt. Das christliche und humanistische Menschenbild entfaltet seine Wirkung im Dialog mit allen. Nur so kann man retten und nicht richten.
Herzlich, Miranda Fruth
Caritaswissenschaft und werteorientiertes Management
Sehr geehrter Herr Bischof,
ich unterstütze voll den Kommentar von Herrn Jarosch. Für mich als Katholikin bleibt aus so gut wie allen ethischen Erwägungen weiterhin die AFD die einzige wählbare Partei. Dabei geht es um das christliche Menschenbild, die Haltung zu Krieg und Frieden, die Haltung zum Leben von der Geburt bis zum Tod, die Stellung der Familie von Mann und Frau, den Umgang mit Andersdenkenden, sprich, die Meinungsfreiheit. Es geht um Wahrheit und Aufrichtigkeit und die Unbeirrbarkeit dieser Partei, mit der sie Lügen, Vertuschungen, Lücken undTabuthemen auf den Tisch bringt und uns mit ihren vielen kleinen Anfragen im Bundestag hilft, das Handeln der Regierung zu verstehen,. bzw. zu durchschauen. Alles auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Die sogenannten „Enthüllungen“ der Rechercheplattform Correctiv, die, wie sich mittlerweile herausstellt, und auch von Correctiv selbst zugegeben wurde, sämtlicher Grundlagen entbehren, aber weiterhin als Tatsache von den Leitmedien und dem ÖR weitergetragen werden, und zwar beinahe täglich, haben die Partei in eine schwierige Lage gebracht. Ich habe auch mit meinen Kindern eine Diskussion, die einen unüberbrückbaren Graben zeigt, der sehr schmerzlich ist und auf eine links-grüne mentale Sozialisierung hindeutet, die mir Angst macht. Als Anhängerin der AFD gelte ich als Verschwörungstheoretikerin, und noch etwas unfeiner in den Worten unseres Bundespräsidenten, als Ratte, und in den Worten von Frau Strack-Zimmermann als Fliege auf dem Misthaufen. Seit Sigmar Gabriel Pegida Anhänger als Pack bezeichnet hat, befleissigt man sich im Westen der Republik solcher Wortwahlen, um das „Proletariat“ aus dem Osten, wo die AFD die Nase vorn hat, in die Schranken zu weisen. Die AFD kommt aber nirgends vor, nicht in den Talkshows, nicht in Interviews, man redet über sie, aber niemals mit ihr. Es kursieren Aussagen einzelner als Beleg von Rechtsextremismus, es werden Filme gedreht über Aussteiger, man verweist auf eine zunehmende Radikalisierung, ohne diese näher zu benennen. Und man bleibt bei der Erzählung, die AFD wolle Deutsche mit Migrationshintergrund in großem Stil abschieben. Dieses sogenannte Ergebnis ihrer „Enthüllungen“ hat die Rechercheplattform Correctiv zugegebenermaßen selbst konstruiert. Darüber schreibt man aber nicht – ebensowenig wie über die Klarstellung der sogenannten „Hetzjagden“ in Chemnitz, die damals H.G. Maaßen den Kopf gekostet haben. So wird gecancelt, denunziert, bespitzelt und gesellschaftlich geächtet. Daß die Bischöfe nicht nach ihrer eigenen Wahrheit gesucht haben, die überall abrufbar ist, bevor sie mit allen anderen den Stab über der AFD brechen, bleibt ein unbegreiflicher Vorgang. Und daß wohl eine Art „Fraktionszwang“ bestand, also die Bischöfe nicht einzeln nach ihrem Gewissen abstimmen konnten, sondern alle mit hineingezogen wurden, verstehe ich auch nicht. Das tut mir sehr leid, für die Kirche und für uns alle.
Hochwürdigster Herr Bischof,
angesichts des bevorstehenden „Marsch für das Leben“ in München hat sich lt. KNA das KDM (Kompetenzzentrum Demokratie und Menschenwürde) zu Wort gemeldet. Es rät Christeninnen und Christen explizit von einer Teilnahme am Marsch ab und begründet dies mit dem „fehlenden Bemühen, sich von Rechtsextremisten klar zu distanzieren“, zudem suggeriert man eine „Abwertung von queeren Menschen“ und sieht „antisemitische Züge“.
Link: https://www.katholisch.de/artikel/52438-muenchner-marsch-fuer-das-leben-hofft-auf-8000-teilnehmer
Ich halte die genannten Vorwürfe für offensichtlich konstruiert und massiv politisch motiviert. Die Veranstalter sich haben wiederholt klar distanziert und den eigenen Standpunkt dargestellt. Das Ziel besteht offenbar darin, entgegen besseren Wissens den Marsch noch rechtzeitig zu delegitimieren, die Veranstaltung ins Abseits zu stellen. Das ist unverantwortlich.
Schließlich fordert man noch, dass das Engagement „nicht absolut gesetzt“ werden dürfe. Ich halte den Lebenschutz für definitiv „absolut“, als Grundanliegen für nicht diskutierbar.
Darf angesichts solcher Positionen die Freisinger Bischofskonferenz eine Institution wie „KDM“ weiterhin unterstützen?
Ohne Frage kann eine derartige öffentliche Veranstaltung immer durch Dritte vereinnahmt werden. Darf daher das Anliegen nicht mehr auf die Straße getragen werden?
Bräuchte es angesichts der höchst zweifelhaften ZDF-Dokumentation „Das gefährliche Netz der Abtreibungsgegner“ nicht eine deutlichere Positionierung der Kirche?
Aufrichtigen Dank aber an Sie, dass Sie trotz der Widerstände ein ermutigendes Grußwort an die Veranstalter gerichtet haben.