Bild: R. Eckelt/PNP

Wirksam im Leben: Der Heilige Geist

Wirksam im Leben: Wie Gott durch den Heiligen Geist in unser Leben hinein wirkt. Die Predigt von Bischof Stefan Oster anlässlich der Erwachsenenfirmung in Spectrum Kirche 2015.

Liebe Firmlinge, liebe Schwestern und Brüder im Glauben,
wir wirkt Gott in unser Leben? Ist das möglich, dass er das tut? Kann man Gott erfahren, kann man ihn erleben? Wenn ja, wie? Die Kirche hat immer gesagt, dass Christus uns seinen Geist geschenkt hat, den Heiligen Geist. Er ist ein Geist, der uns in der Taufe zugesagt wird und in der Firmung noch einmal bekräftigt wird.

Gott ist wirksam durch den Heiligen Geist

Aber nun ist das so leicht gesagt, und ehrlich gesagt, die Handlung, die ich an Ihnen nachher vollziehen darf, ist auch äußerlich leicht vollzogen. Aber dem äußeren Vollzug soll ja eine innere Wirklichkeit entsprechen. Das heißt, wir glauben fest, dass sie ihm entspricht. Wir glauben fest, dass der Heilige Geist in Ihnen wirksam wird. Wie kann man sich das vorstellen?

Was ist das Herz?

In der Lesung aus dem Buch Jesaia hat der Prophet gesagt, Gott würde uns innerlich reinigen – und er würde uns ein Herz aus Fleisch schenken, ein gewandeltes Herz, nicht mehr ein Herz aus Stein. Was ist das Herz, meine Lieben? Irgendwie scheint das jeder zu wissen, aber je genauer man fragt, desto weniger weiß man es. In unserer Überlieferung ist das Herz der innere Ort, in dem am tiefsten deutlich wird, wer eine Person ist.

Es ist nicht einfach unser Gefühlsleben. Oder es ist auch nicht einfach unser Denken, unser Verstehen. Es ist vielmehr der innere Ort, wo Denken, Fühlen, Verstehen, Wollen zusammenlaufen. Wo sie geeint sind oder besser wo sie auch geeint werden wollen. Denn manchmal ist unser Denken losgelöst von unserem Fühlen und Wollen. Oder unser Wollen ist manchmal unvernünftig und gedankenlos. Das Herz ist die Personmitte, das innere Zentrum auch, wo unser Gewissen sitzt, der innere Ort, wo die wichtigsten Entscheidungen fallen, der Ort, wo unsere Überzeugungen sitzen.

Ein Innenraum mit vielen Stockwerken

Aber unser Herz kann man sich auch als Haus vorstellen, als Innenraum mit vielen Stockwerken und Zimmern. In unserem Herzen gibt es viel Platz. Und die Frage ist, ist es ein kalter Ort, ein Ort, der nur von Ich-Interessen bestimmt ist, ein Ort, wo wir vor allem uns um uns selbst drehen und erstmal unseren eigenen Bedürfnissen ganz viel Platz einräumen?

Oder ist es ein Ort, in dem Gott Platz hat, in dem Jesus Platz hat? Ein Ort, der von seinem Geist durchdrungen wird. Sind die Zimmer unseres Herzenshauses lichtdurchflutet und voll Wärme? Oder sind sie kalt, dunkel. Haben wir – im Bild von Jesaia – ein Herz aus Fleisch oder ein Herz aus Stein?

Darf der Heilige Geist in unser Herz einziehen und wirksam sein?

Nun Taufe und Firmung sagen uns: der Heilige Geist ist eingezogen in unser Herz und wenn wir beim Bild des Hauses bleiben, dann kann man sagen: Er ist eingezogen in das Fundament des Hauses. Das Herzenshaus ist im heiligen Geist gegründet.

Aber nun weiß jeder, dass ich im Keller einen Schatz haben kann, mit dem ich nach und nach das ganze Haus und jedes Zimmer dekorieren kann, oder ich habe so genannte Leichen im Keller und will auf keinen Fall, dass davon irgendwas nach oben dringt und ans Licht kommt. Der Heilige Geist, meine Lieben, der liebt unsere Mitwirkung, der liebt unsere Öffnung, der liebt es, dass er mehr und mehr von uns in jedes Zimmer unseres Herzenshaues eingelassen wird und unser ganzes Leben durchdringen kann.

Wird die Firmung wirksam, verwandelt sie uns

Wir haben aber auch in der Hand, dass wir uns versperren, dass wir die Zimmer geschlossen lassen, dass wir keine Lust haben auf Mitwirkung, dann bleibt unser Haus am Ende letztlich doch nur „aus Stein“, obwohl doch im Fundament der Geist einmal Wohnung genommen hat.

Wie geht es nun, dass sich diese Wirkung der Firmung in uns fortsetzt, dass sie uns verwandelt? Nun wir glauben, dass sich der Geist uns bewegt, uns nach zwei Richtungen auszustrecken. Einmal nach oben, zu Jesus hin und zum Vater – und einmal zu den Menschen hin, mit denen wir leben.

Jesus ist der Sieger über den Tod

Zu Jesus deshalb, weil die Erfahrung aller Christen ist: Wenn sie Jesus begegnen, wenn sie wirklich anfangen zu vertrauen, dass er da ist, dass er lebt, dann ereignet sich Wandlung im Herzen, dann werden unser Geist und sein Geist vereint. Dann fängt eine Freude in uns an, ein Vertrauen, dann wird uns Angst genommen. Warum?

Weil wir glauben, dass wir mit Jesus verbunden leben und dass er die Wahrheit ist, die Liebe und der Sieger über den Tod. Dann denken wir nicht mehr nur im Kopf über Jesus nach, sondern dann verstehen wir im Herzen neu, was es bedeutet, durch ihn erlöst zu sein. Und dieses, dass wir ein echtes persönliches Verhältnis zu Jesus gewinnen und dass es wächst, das wirkt in unser der Heilige Geist.

Sich öffnen, mitmachen, mit wirksam sein

Das kann man nicht einfach machen, aber wir können uns öffnen und mitmachen, mitwirken – oder uns verweigern. Sie wissen, Schwestern und Brüder, dass es im Prozess des Sich-verliebens, einen Punkt gibt, an dem Sie sich dem anderen öffnen können, an dem Sie den anderen wirklich in Ihr eigenes Leben hineinlassen und damit der Beziehung auch Verbindlichkeit geben.

Oder Sie können an dem Punkt auch draußen bleiben, Sie können zwar Ihre Gefühle anschauen, aber Sie geben Ihnen keine Bedeutung mehr, Sie öffnen sich nicht, dann wird das bloße Gefühl auch irgendwann verschwinden.

Will ich nicht, brauch ich nicht

Ein wenig ähnlich ist es mit Jesus: Sie können sich öffnen, Sie können sich wirklich interessieren, Sie können entdecken, wie unfassbar groß, schön, tief, wahrhaftig er ist. Oder Sie können sagen: Glaub ich nicht, will ich nicht, brauch ich nicht. Dann bleibt die Wandlung aus, dann verspielen Sie die Chance und die Gabe, die Ihnen mit der Firmung geschenkt wird.

Die andere Richtung der Bewegung ist die hin zu den anderen Menschen. Wenn der Geist Jesu nach und nach unser Herz bewegt, dann beginnen wir nach und nach auch, die Menschen im Licht Jesu zu sehen, ihnen neu und anders zu begegnen. Wir wollen sie dann nicht mehr nur für uns und unsere eigene Sicherheit. Wir wollen dann einfach dienen, wir wollen ihnen Gott, weil sie auch Geschöpfe Jesu sind. Und wir lernen richtig zu lieben und nicht nur ichhaft. Dies bewirkt der Geist Gottes in Ihnen, wenn Sie mitwirken wollen.

Von innen her wirksam: Die Salbung mit dem Geist

Dann wächst in Ihnen auch etwas von der Salbung, von der Jesus im Evangelium spricht. „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt“. Die Salbung mit dem Geist. Wir ahnen vielleicht, dass es Menschen gibt, die so sehr mit dem Herrn verbunden leben, dass man spürt, es geht von denen eine Faszination aus und eine geistliche Kraft, die mich anzieht, die mich dazu bringt, Jesus näher kennen lernen zu wollen.

Die Salbung ist also von innen her kommende Wirkung und Kraft, die von denen ausgeht, die mit Jesus leben, bei denen er ihr inneres Haus, ihr Herz bewohnen und verwandeln darf. Die Salbung hat heilsame und befreiende Wirkung. Sie bewegt die Menschen zu Gott hin und damit natürlich auch zu sich selbst.

Ein Mensch mit neuem Herzen

Liebe Firmlinge, wenn Sie nun gesalbt werden mit dem Heiligen Chrisam, dann beten und bitten wir den Herrn, dass er in Ihnen allen Einzug halten darf, in ihrem Herzen. Dass Sie ihm den Platz geben, der ihm gebührt, dass er in Ihnen jeden Götzen vertreibt, dass er Ihr Herz reinigt und erneuert und wandelt. Und wir beten vor allem auch darum, dass Sie bei diesem Weg mitgehen und mitwirken können.

Dass Sie sich nicht verschließen, sondern in der Kraft der Salbung, die Ihnen heute geschenkt wird, immer mehr eine Zeugin, ein Zeuge dafür werden, dass Sie ein Mensch sind mit einem neuen Herzen, ein Mensch, der Jesus kennt und von Ihm bewohnt wird – und der deshalb im tiefsten Sinn des Wortes ein Herz hat für Gott und die Menschen, besonders für diejenigen, die in Not sind. Gott segne Sie. Amen.