Bild: Pressestelle Bistum Passau

Totale Verschwendung – aus Liebe

Maria von Bethanien und ihre Verschwendung aus Liebe zu Jesus: Die Predigt von Bischof Stefan Oster zur Missa Chrismatis 2016.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Firmlinge,
Ihr alle wisst: Wenn man eine Sache oder einen Menschen sehr gern hat, dann kann es sein, dass einem nichts zu viel wird. Ich weiß, wie ich als Kind Tiere, vor allem Reptilien und Amphibien, sehr geliebt habe. Ich hatte solche Terrarien zuhause. Und mein sehnlichster Wunsch war es, einmal einen von den schönen Taggeckos aus Madagaskar zu haben.

Verschwendung für das, was man liebt

Kleine Wesen, wie Eidechsen, die auch Glasscheiben hochkrabbeln können. Und ich habe irgendwann mein ganzes Erspartes genommen und für damals 100 Mark, glaube ich, so ein kleines Tier beim Zoohändler gekauft. Die gab es natürlich nicht überall. Meine Eltern mussten mich ziemlich weit fahren zu einem Händler, bei dem es so etwas gab. Internet gab es auch noch nicht, daher war das alles sehr, sehr aufwändig.

Ich habe also sehr, sehr viel investiert für das, was ich gern hatte. Ein Außenstehender, der kein Interesse daran hatte, hätte vielleicht gesagt: Was soll denn das? Totale Verschwendung – so viel Geld, so viel Zeit für Ungeziefer ausgeben. Auch meine Eltern taten sich nicht ganz leicht mit meinem Hobby. Aber sie haben mir zuliebe mitgemacht.

Verschwendung: Nicht für sich selbst

Oder ich denke an einen Freund in der Studienzeit, der schwer in ein Mädchen verliebt war, und er wusste, dass sie für ein bestimmtes Kleid schwärmte, ziemlich teuer und er war ein ziemlich armer Student. Aber er hat einfach alles zusammen gekratzt und hat ihr das Kleid gekauft.

Andere haben gesagt: Spinnst Du! Soviel Geld für Klamotten und dann noch nicht mal für Dich selbst! Aber er hatte wirklich riesige Freude, weil die junge Frau auch Freude hatte. Meine Lieben: Für das, was man gerne hat, ist man auch gerne verschwenderisch – in einem guten Sinn. Man investiert einfach viel, viel Zeit, viel Mühe, manchmal auch Geld. Und es kommt einem gar nicht so vor, dass man es tut.

Warum so viel investieren?

Dagegen umgekehrt: Wenn man mal Zeit oder Geld in etwas investieren müsste, was man gar nicht mag, wird es ganz schnell viel zu viel. Ganz schnell sagt man: Ich hab doch nichts davon, warum also soviel investieren?

Meine Lieben, im Evangelium haben wir eben gehört, wie Jesus zu Besuch ist bei seinen Freunden, bei Maria, Martha und Lazarus, den hatte er zuvor sogar vom Tod auferweckt. Es ist wie eine Art Abschiedsbesuch. Und wir wissen, dass eine von den drei Geschwistern die Maria war, sie hatte Jesus besonders gern und sie hat ihn offenbar auch ganz gut verstanden.

Maria von Bethanien

Sie hatte eine tiefe innere Nähe zu Jesus gespürt. Und jetzt tut sie sehr spontan etwas, was im Grunde wie völlige Verschwendung aussieht. Sie hat ein sehr kostbares Öl oder Parfüm, das Nardenöl, wie es im Text heißt. Sie hat die Flasche aufgebrochen und angefangen, seine Füße damit zu salben und mit ihrem Haar abzutrocknen. Wenn wir uns die Szene richtig bildlich vorstellen, dann versteht man, wie gerne sie ihn gehabt hat, aber auch wie tief sie verstanden hat, wer da vor ihr sitzt.

Jemandem die Füße waschen war nämlich ein Sklavendienst, ein Dienst, der eigentlich erniedrigt. Aber Maria hat ihn voller Hingabe und Liebe getan. So, dass die anderen wahrscheinlich richtig dumm geschaut haben, was da gerade passiert. Und vielleicht waren Marta und Maria oder andere Anwesende sogar entsetzt.

Verschwndung von Nardenöl

Vermutlich war dieses Nardenöl eine Art Reichtum der Familie, etwas wie kostbares Erspartes für schwierige Zeiten vielleicht, so wie manche Leute Goldmünzen oder ein kleines Grundstück besitzen für Zeiten, wenn es mal schwer wird.

Und Judas, der Jesus später verraten hat, versteht sofort die Kostbarkeit dieses Öls. 300 Denare, sagt er, hätte das wohl eingebracht.

„So eine Verschwendung“

Wir haben an anderen Stellen des Evangeliums gelesen, dass ein Denar der Tageslohn eines Arbeiters war. 300 Denare waren also ungefähr das Jahreseinkommen eines Mannes, der zum Beispiel seine Familie ernähren musste. 300 Denare für eine kostbare Flasche von Parfümöl. Und sie kommt daher und verschwendet es für Jesus.

Gießt es ihm über die Füße. Und Jesus sagt in einem anderen Evangelium zur selben Szene nicht einfach: „So eine Verschwendung.“ Er sagt: „Überall auf der ganzen Welt, wo das Evangelium verkündet wird, wird man sich an sie erinnern und an das, was sie getan hat.“

Verschwendung aus Liebe

Maria war einfach verschwenderisch aus Liebe, aus Liebe zu Jesus. Sie hat etwas getan, was man normalerweise nicht macht. Aber wirkliche Liebe ist so. Sie rechnet nicht. Sie tut Dinge, die ein anderer nicht tut.

Liebe Firmlinge, ich will jetzt nicht, dass ihr immer dann, wenn ihr mal verliebt seid, Dinge tut, die Ihr später bereut. Ich will auch nicht, dass Ihr sagt, der Bischof habe gesagt, ich darf all mein Geld verschwenden, weil mir das Mädchen zwei Reihen vor mir so gefällt. Wenn Ihr es tut, dann verantwortet es bitte selbst.

Unsere Freundschaft mit Jesus

Ich will aber, dass Ihr versteht, dass wir uns diese Geschichten über Jesus deshalb erzählen, weil er auch heute mit uns in einer Beziehung leben will, in einer Freundschaft. Und schon damals, als sie ihn leibhaftig gesehen haben, haben das nicht alle verstanden, längst nicht alle. Sonst hätten sie ihn ja nicht umgebracht.

Aber Ihr alle werdet demnächst gefirmt, werdet gesalbt in der Kraft des Heiligen Geistes. Und der Geist ist im Grunde der, der uns hilft, in diese Beziehung zu finden. Wenn wir ihn lassen. Der Geist ist es, der uns hilft für Jesus etwas zu tun, was andere nicht verstehen. Weil wir ihn kennen, weil wir ihn im Herzen haben.

Gebet: Verschwendung von Zeit?

Viele Menschen glauben zum Beispiel, Gebet ist reine Zeitverschwendung. Ein Beter spricht in die Luft und sonst passiert nichts. Ich sage Dir: Recht verstanden ist das Gebet Verschwendung der kostbaren Zeit aus Liebe zu Jesus. Einfach weil Du glaubst, dass er da ist und dass du ihn magst. Und so wächst deine Beziehung zu ihm.

Oder denk an einen Menschen in deiner Umgebung, der vielleicht ein Außenseiter ist, oder jemand, der irgendwas hat, was ihn leiden lässt. Du kannst Dich mit ihm abgeben, du kannst ihm Zeit schenken oder was anderes, auch wenn deine Freunde ihn nicht mögen.

Und auch wenn die anderen dann sagen: Sei nicht so blöd, das bringt doch nichts. Ist doch verschwendete Zeit. Dann kannst du sagen: Ich will aber, dass ihn auch jemand gern hat. Jesus hat ihn auch gern, ich will Zeit und Mühe für ihn verschwenden.

Gesalbt mit dem Geist Jesu

Wenn Du so etwas lernst, beim Beten oder bei der Sorge um andere Menschen, dann wird man immer mehr spüren, dass Du auch gesalbt bist. Gesalbt mit dem Geist Jesu, dem heiligen Geist. Das wünsche ich Dir, dass Du darin wächst, dass ihr miteinander darin wachst – und dass es andere immer mehr spüren – zu wem ihr gehört und wen ihr im Herzen habt, von wem ihr gesalbt seid.

Und dasselbe wünsche ich, besonders am heutigen Tag, da wir die heiligen Öle weihen, auch meinen Mitbrüdern im priesterlichen und diakonalen Dienst. Auch sie sind ja gesalbt, um das Evangelium zu verkünden. Gott segne Euch alle. Amen.