Wann beginnt eigentlich Weihnachten? Diese Frage mag auf den ersten Blick banal erscheinen, doch die Antwort ist nicht so einfach, wie sie auf dem ersten Blick scheint. Gemeinsam mit vielen Gläuigen hat Bischof Stefan Oster am Mittwoch vor Weihnachten über dieses Thema in einem Vortrag im Lorettogebetskreis nachgedacht. Ausgehend von der Verkündigung des Engels an Maria, wie sie im Lukasevangelium (1, 26-38) beschrieben wird, hat er die Stelle genauer betrachtet.
Der Evangelist beschreibt, wie ein Engel Maria verkündet, dass sie durch das Wirken des Heiligen Geistes einen Sohn empfangen wird – Jesus, den Sohn Gottes. Mit Marias Zustimmung, ihrem „Ja“, nimmt die Geschichte der Menschwerdung Gottes ihren Anfang. Es wird in aller Freiheit gesprochen. Und doch, was sagt es darüber aus, wann Weihnachten beginnt?
Wann beginnt Weihnachten? Das erfahren Sie in diesem Video:
Der Vortrag auch als Audio:
Bereits im vergangenen Jahr sprach Bischof Stefan Oster im Lorettogebetskreis kurz vor Weihnachten. Hier können Sie den Vortrag aus dem Jahr 2023 nachhören: Die Menschwerdung Gottes
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Sehr geehrter Herr Bischof, schönen Dank für den Vortrag und für die Zeit, die Sie für den Abend und für die Teilnehmenden investiert haben. Sie haben die beiden Bibelstellen von den Verheißungen an Zacharias und an Maria erläutert, die einige Parallelen aufweisen. Zacharias bekommt vom Engel die Zusage, dass er noch einen Sohn bekommen wird. Seine Nachfrage darauf wird nicht nur in Ihrem Vortrag, sondern auch in der Literatur immer negativ bewertet. Er hätte zu wenig geglaubt und es folgt ja auch in der Bibelstelle sofort die Strafe. Dabei ist doch seine Reaktion (für mich) aus seiner ganz konkreten Lebenssituation heraus menschlich absolut verständlich. „Wie soll das geschehen? Wir sind doch zu alt!“ Maria reagiert beim Besuch des Engels eigentlich ganz genauso. Sie fragt ebenfalls nach: „Wie soll das geschehen. Ich habe doch keinen Mann?“ Bei Maria dagegen wird praktisch die gleiche Antwort total positiv ausgelegt. Sie ist in den Dialog miteingetreten. Sie hat ihr Ja in aller Freiheit gesprochen. Bei Maria gibt es keine Strafe, sondern eher ein geduldiges Erklären.
Ich habe mich schon öfter gefragt: Warum legt man die Reaktionen von Zacharias und Maria so komplett unterschiedlich aus?
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes, friedvolles und frohes Weihnachtsfest! A.A.
Liebe Frau Ammerl, danke für die Frage. Die ist mir auch schon mal gekommen, da die Reaktion des Zacharias ja aufs erste gar nicht so ungläubig wirkt. Sie fragen allerdings, warum „man“ hier so unterschiedlich auslegt. Darauf gibt die Schrift selbst die Antwort: Nicht ich oder andere Exegeten (bzw. „man“) legen es negativ aus, sondern im Text ist es der erscheinende Engel selbst. Er nimmt nach dieser Schilderung offenbar wahr, dass Zacharias ihm als Boten Gottes nicht geglaubt hat (vgl. Lk 1, 20). Und Lukas stellt dann beide Szenen einander gegenüber: den letzten Propheten des Alten Bundes und den verheißenen Messias mit Maria als Anfang des Neuen Bundes und der Neuen Schöpfung. Hier weniger Glauben, dort die Mutter des Glaubens an Jesus, die sich dann aber mit ihrem Magnificat wieder ganz in die ganze Tradition der Geschichte Israels hineinstellt: Kontinuität und Erneuerung in einem.
Dankeschön!