Foto: Bischof Stefan Oster

Jugendsynode: Die Freiheit, das Herz Don Boscos und das Herz Jesu

Jugendsynode und Freiheit: Das Intervento von Bischof Stefan Oster SDB zum Text des „Instrumentum laboris“ Nr. 120ff. Hier geht es um das Thema Begleitung – und um die Frage, in welcher Haltung geistliche Leiter begleiten.

Jugendsynode und Freiheit

Heiliger Vater, liebe Schwestern und Brüder.

Junge Menschen suchen Freiheit, vor allem die Freiheit von Zwängen und die Freiheit wählen zu können, was ihnen Freude macht. Die Kirche dagegen verbinden viele Jugendliche in unserem Land mit einer Institution, die Freiheit einschränkt und die Verhaltensregeln hat, die beginnen mit „Du musst“, „Du sollst“, „Du darfst nicht“. Trotzdem spüren viele Jugendliche auch, dass eine Freiheit der vielen Möglichkeiten alleine noch nicht zu einem echten und authentischen Leben führt, sondern oft in die Beliebigkeit oder in die Sklaverei der Sucht. Wann aber ist ein Mensch so authentisch, dass man spürt: Diese Person ist wirklich frei – selbst dann, wenn die Lebensbedingungen schwierig sind?

Gott nimmt Freiheit ernst

Die Nummer 121 des Instrumentum sagt uns: „Gott nimmt die Freiheit ernst, die er den Menschen geschenkt hat“. Ich möchte dazu einen relationalen Begriff von Freiheit vorschlagen, der die Jugendlichen in ihrer Sehnsucht nach Freiheit ernst nimmt und sie zugleich tiefer in eine existenzielle Dimension von Freiheit führt. Eine erste Bestimmung lautet: „Freiheit ist: im Herzen eines anderen ich selbst sein dürfen und ich selbst werden dürfen.“

Der biblische Begriff des Herzens bezeichnet die Mitte der Person. Und wir können diese Mitte auch „räumlich“ denken. Wir sagen, wir haben ein weites Herz und ein tiefes Herz. Und je weiter und tiefer ein menschliches Herz ist, desto mehr kann es einem anderen Menschen in sich Raum geben – einen Raum, in dem sich der andere Mensch bejaht und geliebt fühlen und wachsen kann.

Und manche haben ein solches Herz für ganz viele: Die Jugendlichen zum Beispiel, die zu Don Bosco ins Oratorium kamen, die kamen nicht einfach in eine abstrakte Institution mit Regeln, sondern sie kamen an einen Ort, der von der Weite des Herzens Don Boscos erfüllt war. Sie waren bei Don Bosco zuhause und konnten dort sie selbst sein und lernen, mehr sie selbst zu werden. Don Bosco kannte jeden von ihnen – und hatte ihn im Herzen. Bei ihm waren sie frei. Und sie haben dann auch wie von selbst gelernt auch seine Regeln zu respektieren und Gemeinschaft zu leben: „Freiheit ist im Herzen eines anderen ich selbst sein und ich selbst werden dürfen.“

Die Enge des eigenen Herzens

Gleichzeitig wissen wir nun, dass wir Menschen alle in der Kapazität unseres eigenen Herzens Grenzen haben. Wir sind selbst oft gebrochen, verwundet, egoistisch. Unser Herz ist oft eng mit wenig Raum für andere. Oder wir benutzen andere für uns und halten sie fest und lassen sie nicht frei – damit sich unser eigenes Herz nicht so leer anfühlt. Junge Menschen spüren das und wünschen sich auch, wie es Nummer 132 sagt, dass sich die Begleiter ihrer eigenen Fehlbarkeit bewusst sein müssen. Auch unser Herz braucht immer neu Heilung und Befreiung.

Das Herz Jesu: Herz der Welt

Christen dürfen aber aus der Erfahrung leben, dass die eigentliche Tiefe unserer Freiheit das Herz Jesu ist. Seine ausgestreckten Arme am Kreuz und sein für uns durchbohrtes Herz sagen uns: „Hier ist der Ort deiner Freiheit, hier ist unendliche, absichtslose Liebe für Dich, hier ist Vergebung aller Sünden. Hier ist das Herz der Welt, hier bist Du wirklich zuhause.“

Wer im Glauben dorthin findet, der darf von innen her erkennen: Hier kann ich ich selbst sein – und tiefer ich selbst werden. Ohne mich verstellen zu müssen und ohne süchtig zu werden nach oberflächlichem Genuss. Tiefere, existenzielle Freiheit ist also: „Im Herzen Jesu ich selbst sein dürfen und ich selbst werden dürfen“

Begleitung als Frei-gabe

Wir leben deshalb Freiheit mit den Jugendlichen und für sie nur dann authentisch, wenn wir selbst im Herzen Jesu zuhause sind. Und wenn wir selbst unser Herz von seinem Herzen heilen und weiten lassen. Dann können die Jugendlichen durch uns verstehen lernen, wo sie eigentlich zuhause sind.

Und dann können auch wir sie auch frei lassen und frei geben – auf Jesus hin. Und dann müssen wir sie nicht benutzen oder gar missbrauchen für unseren eigenen Ruhm oder unsere eigene Befriedigung. Denn: „Wirkliche Freiheit ist, im Herzen Jesu ich selbst sein und ich selbst werden dürfen“.


Jugendsynode Freiheit Kirche? Weiterführende Texte

Das Instrumentum laboris, zu dem sich Bischof Stefan Oster oben äußerte, können Sie hier nachlesen.

Das nachsynodale Schreiben von Papst Franziskus, das im Anschluss an die Jugendsynode erschien, finden Sie hier in vollem Wortlaut.

Zum Relatio-Text der deutschsprachigen Gruppe gelangen Sie über diesen Link.