Das einzige, was Jesus bei sich trägt, sind seine Kleider am Leib. Dessen wird er beraubt. Sie werden ihm vom Leib gerissen. Dabei werden ihm vermutlich getrocknete Wunden wieder aufgerissen – und er steht entblößt vor den Menschen.
Das letzte, was er hatte, wird ihm genommen. Jeder Mensch sehnt sich danach, dass die Grundbedürfnisse nach Essen und Trinken, Kleidung und gut versorgt zu sein, Anerkennung, Macht, Reichtum und Sicherheiten erfüllt sind. Betrachtet man aus dieser Perspektive die Situation Jesu, hat er alles verloren. Er steht ohne Kleider vor den Menschen und hat keine Möglichkeit, sich zu bedecken. Er wird auf diese Art tief gedemütigt und bloßgestellt. Nackt steht er da und jede Sicherheit ist verloren.
Es wirkt, als könne sich die Welt mit all ihrer Bosheit und allem Übel der Welt am Herrn „austoben“. Er, der der Schöpfer und Heilbringer von allem ist, wird von allem beraubt, was je in irgendeiner Form lebenswert macht! In dieser Welt gibt es viele Menschen, die die gewissermaßen beraubt, nackt gemacht, gefoltert, gequält oder getötet werden. Und wir fragen uns: ‚Wo ist Gott?‘.
Er ist der, der allem beraubt wird, was er hat, und für die Menschen in Freiheit ans Kreuz gegangen ist. Es gibt seit dem Tod Jesu kein Leiden in dieser Welt mehr, mit dem er nicht mitleiden und es mittragen würde.
Beten und betrachten Sie gemeinsam mit Bischof Stefan Oster die zehnte Station des Kreuzweges.
Hier geht es zum Video:
Wie bete ich den Kreuzweg?
Der Kreuzweg betrachtet meist in vierzehn Stationen den Leidensweg Jesu Christi: von seiner Verurteilung zum Tod bis zur Kreuzigung und Grablege. Die Station sind meist ähnlich aufgebaut. Zu Beginn nennt der Vorbeter/die Vorbetern die Station und betet: „Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und preisen dich, denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst.“ Es folgt eine Betrachtung der Station, die mehr und mehr in den Leidensweg Jesu einführt. Am Ende beten die Gläubigen: „Gekreuzigter Herr Jesus Christus! Erbarme Dich uns und über die ganze Welt.“ Das Vaterunser, das Ave Maria und das Ehre sei dem Vater bilden den Abschluss.
Die Erklärung zum Kreuzweg kann hier auf dem Blog nachgehört werden. Hier kommen Sie zur ersten, zweiten, dritte, vierte, fünfte, sechste, siebte, achte und neunte Station des Kreuzweges. Darüber hinaus sind auf der Bistumshomepage alle Videos zu finden.
Kommentare
Nackte bekleiden gehört zu den Werken der Barmherzigkeit. Auf der einen Seite: ganz konkret; aber genauso im übertragenen Sinn: jedem mit Achtung und Würde begegnen und damit niemanden bloßstellen. Bei dieser Station des Kreuzweges war es irgendwie genau umgekehrt: Jesus hat am eigenen Leib sehr schmerzlich erfahren, wie unbarmherzig Menschen sein können. Im Johannes-Evangelium gibt es mit dem Verweis, dass sich das Schriftwort erfüllte, einen klaren Bezug auf den Psalm 22. Aber dann fallen mir auch noch andere Bibelstellen ein, bei denen ich nicht weiß, ob da ein Bezug beabsichtigt ist: z.B.: Adam und Eva, die anfangs nackt waren oder das letzte Abendmahl, bei dem Jesus das Gewand ablegte, als er den Jüngern die Füße wusch. Mich faszinieren solche Querverbindungen sehr. Dann bin ich mir aber nicht immer sicher, ob meine Gedanken ihre Berechtigung haben oder ob man zu viel in einen Text hineininterpretiert. Vergelt’s Gott für Ihre ansprechenden Ausführungen zu den Kreuzweg-Stationen! Hoffe, dass es Ihnen besser geht und Sie wieder fit sind. Eine gesegnete Fastenzeit! Liebe Grüße! Annette Ammerl